Interview: Arne Scheehl über die Zukunft von Lyxor & ComStage
Die Verschmelzung von ComStage und Lyxor
Im Oktober 2019 wurde die ETF-Marke ComStage von Lyxor übernommen und zusammengelegt. Wir haben Arne Scheehl um ein exklusives Interview gebeten, um mehr über den aktuellen Stand der Verschmelzung beider Marken zu erfahren. Herr Scheehl war bereits bei ComStage für die Produktentwicklung zuständig und betreut nun zusätzlich auch die ETFs von Lyxor Deutschland.
etf.capital: Sind die Verschmelzungen der ComStage-ETFs abgeschlossen? Was wird uns noch erwarten?
Arne Scheehl: Ende Mai haben wir 13 Verschmelzungen per 2. Juli 2020 bekanntgegeben. Wichtig hierbei, es handelt sich allesamt für den deutschen Investor um steuerneutrale Verschmelzungen die ausschüttende Ertragsverwendung wird im aufnehmenden Lyxor ETF fortgeführt. Für den Herbst planen wir weitere, ca. 30 Verschmelzungen, die nach dem gleichen Muster ablaufen werden. Hierzu werden wir die Investoren informieren, sobald wir die Genehmigung der Finanzaufsicht haben – dies wird vermutlich Ende Juli bzw. im August der Fall sein. Für das Ende des Jahres planen wir dann sämtliche verbleibenden ComStage ETFs in die Marke Lyxor zu überführen – eine reine Umbenennung der Fonds, keine Verschmelzung.
etf.capital: Gibt es Handlungsbedarf für ETF-Besitzer?
Arne Scheehl: Zu jeder Verschmelzung gibt es die rechtlich vorgeschriebenen Anlegerinformationen. Diese versendet die Depotbank des Investors und ich rate jedem Investor diese zu lesen, auch wenn es sich um einen rechtlichen formulierten Text handelt.
Hier die aus meiner Sicht wichtigsten „Eckdaten“ der geplanten ComStage auf Lyxor Verschmelzungen:
- Es wird die Ertragsverwendung „ausschüttend“ beibehalten
- Für den deutschen Investor handelt es steuerneutrale Verschmelzungen, so dass es weder zu einem steuerlichen Bruch bei Altbeständen noch zu einer Realisation von Gewinnen bzw. Verlusten kommt.
- Die Indizes der verschmelzenden Fonds sind in den allermeisten Fällen identisch, zumindest wirtschaftlich jedoch sehr, sehr ähnlich. Somit kommt es zu keiner grundlegenden Änderung der Anlagestrategie
etf.capital: Welche Vorteile bringt die Übernahme für private Investoren?
Arne Scheehl: Die kombinierten Fonds werden ein höheres Volumen verwalten und die Handelbarkeit wird aufgrund der höheren Investorenzahl noch besser.
etf.capital: Wo unterscheidet sich Lyxor von anderen Anbietern? Was spricht für Lyxor-ETFs?
Arne Scheehl: Lyxor hat eine sehr große und attraktive Produktpalette. Wir bieten nicht nur die Standart-Indizes an, sondern auch Themen und Strategien, wie zum Beispiel ESG, short und gehebelt. Auch bieten wir eine große Auswahl in Bezug auf ausschüttend/thesaurierend an. Und natürlich muss ich auch die Lyxor Core ETF Fonds erwähnen – preislich sehr attraktiv, physisch replizierend sowie keine Wertpapierleihe. Und für ETF-Einsteiger: Die passiven und kostengünstigen ETF-Portfolio Dachfonds „Lyxor Portfolio Strategy“.
etf.capital: Wo können sich Anleger am besten über weitere Veränderung an der Produktpalette informieren?
Arne Scheehl: Eine kurze Antwort: Die LyxorETF.de Website. Dort stellen wir alle Informationen inkl. einem ausführlichen Q&A zur Verfügung. Und wenn Sie individuelle Fragen stellen wollen, dann wenden Sie sich gerne per Email oder telefonisch an uns.
etf.capital: Das Anlagevermögen der ETFs ist zu einem starken Entscheidungskriterium geworden. Fonds mit wenig Volumen sollen Anleger meiden, da sie leichter wieder vom Markt verschwinden könnten. Stimmt das?
Arne Scheehl: Das Thema würde ich differenzierter betrachten. Neu aufgelegte Fonds haben am Anfang häufig ein niedrigeres Volumen, aber jede Fondsgesellschaft gibt so einem Fonds Zeit zu wachsen. Auch gibt es ETFs, die im Zusammenhang einer Produktpalette zu betrachten sind. Da wird kein Anbieter einen einzelnen Fonds einstellen, wenn dieser zum Kern einer sinnvoll strukturierten Palette gehört.
etf.capital: Welches Volumen benötigt ein ETF überhaupt, um wirtschaftlich betrieben werden zu können? Muss ich mir als Anleger Sorgen machen, wenn das Fondsvolumen eine Schwelle unterschreitet?
Arne Scheehl: Auch hängt das profitable ETF-Volumen von verschiedenen Kriterien ab: die Verwaltungsgebühr des Fonds, die externen Kosten (zum Beispiel die Indexlizenzgebühren), etc. Als Hausnummer kann man allgemein aber 30 Mio EUR nennen. Das würde ich jedoch noch zeitlich eingrenzen. 3 Jahre nach Fondsauflage, denn der Fonds braucht nach Auflage Zeit Investoren anzuziehen.
etf.capital: Synthetisch replizierende ETFs werden immer noch von vielen Anlegern gemieden. Warum sind synthetische ETFs besser als ihr Ruf?
Arne Scheehl: Klar, der Trend geht weiterhin zu physischer Abbildung. Bei sehr breit diversifizierten Indizes haben synthetische ETFs jedoch Vorteile gegenüber physischen ETFs. Eine sehr große Anzahl an Indexkomponenten, schwer handelbare Währungen aus Schwellenländern sind zum Beispiel solche Gründe. Auch gibt es Indizes, zum Bespiel Rohstoffe oder Zinsstrategien, die anders gar nicht abgebildet werden können. Und zum Thema Risiko: Der Swapwert wird täglich besichert, so dass das Kontrahentenrisiko erheblich reduziert wird.
etf.capital: Haben Sie Lieblings-Indizes?
Arne Scheehl: Ich persönlich bevorzuge Indizes, die gut diversifiziert sind, und somit keine zu große „Kopflastigkeit“, sprich Klumpenrisiken, aufweisen.
Insgesamt mag ich marktkapitalisiert gewichtete Indizes, da diese den aktuellen Markt am besten widerspiegeln und deren Handelbarkeit so sichergestellt wird. Globale Indizes können außerdem ein gutes Basisinvestment sein – wichtig nur, dass man die geographischen Schwerpunkte im Blick behält und die sich darauf ergebenden Währungsrisiken & -chancen abschätzen kann. Aber insgesamt: Jeder nach seinem Gusto.
etf.capital: Welchen Rat würden Sie vor allem jüngeren Sparern geben?
Arne Scheehl: Schaut Euch ein Aktieninvestment an und überlegt Euch, ob Ihr den langen Atem und die Nerven dafür habt. Persönlich bin ich fest überzeugt, dass Aktien bei ausreichend langem Horizont sehr vielversprechend sind.
Und dann ganz wichtig: Lange durchhalten. Geld anlegen ist kein Sprint sondern eine Marathon. Der Anlagehorizont muss lang sein. Und: Nicht zu häufig ins Depot schauen. Das macht entweder nervös oder verleitet dazu, Gewinne zu realisieren. Beides würde ich als Langfristinvestor versuchen zu vermeiden. Auch würde ich nicht jedem Trend hinterherlaufen, sondern eine breit diversifizierte, stabile Anlagestrategie verfolgen.
etf.capital: Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview!
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