Gleichgewichtspreis: Wie wird er berechnet?
Der Preis von Aktien oder ETFs wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Sind Angebot und Nachfrage gleich, liegt ein Gleichgewichtspreis vor. Die Börse ist nur ein Beispiel dafür. Nicht immer liegt ein Gleichgewicht vor. Was hat es mit diesem Gleichgewicht auf sich und wie erfolgt die Berechnung?
Was ist der Gleichgewichtspreis?
Als Gleichgewichtspreis wird der Preis in einem vollkommenen Markt bezeichnet, wenn Angebot und Nachfrage identisch sind. Dieser Preis wird auch als Marktgleichgewichtspreis, optimaler Preis oder englisch Equilibrium Price bezeichnet. Alle Interessenten können das gehandelte Gut kaufen, während alle Anbieter es verkaufen können. Ein Beispiel dafür ist ein ETF auf den DAX, den alle Emittenten absetzen können, da ihn alle interessierten Anleger kaufen. Ein solches Beispiel gibt es nur im Idealfall. Der Markt befindet sich in der Realität nicht im vollkommenen Gleichgewicht.
Der Marktgleichgewichtspreis lässt sich an einer linearen Funktion erklären. Die waagerechte Achse, die Abszisse, stellt die Menge der auf dem Markt angebotenen Waren dar. Auf der senkrechten Achse, der Ordinate, wird der Preis für die Waren dargestellt. Die Angebotsfunktion setzt unten auf der Preisachse an und verläuft diagonal nach oben. Die Nachfragefunktion setzt oben auf der Preisachse an und verläuft diagonal nach unten. Der Gleichgewichtspreis bildet den Schnittpunkt von Angebots- und Nachfragefunktion. Der Anbieter wird alle seine Waren los, während alle Nachfrager befriedigt werden. Alle Nachfrager bekommen das, was sie wollen, zu einem angemessenen Preis. Der Anbieter bekommt einen Preis, von dem er gut leben kann.
In der Praxis entsteht der Gleichgewichtspreis häufig durch Einpendeln. Einige Anbieter verlangen für ihre Ware einen höheren Preis, während andere einen niedrigeren Preis verlangen. Die Nachfragenden kaufen dort, wo der Preis am niedrigsten ist. Derjenige, der die Waren zum niedrigsten Preis verkauft, kann nicht alle Nachfragenden befriedigen. Damit der Anbieter, der zu einem hohen Preis verkauft, seine Waren los wird, muss er den Preis anpassen. Er muss ihn niedriger ansetzen.
Beispiel für den Gleichgewichtspreis
Ein Beispiel für den Gleichgewichtspreis sind Bäcker in einer Stadt, die ihre Brote zum Preis von 3,00 Euro verkaufen. Alle Kunden, die bereit sind, diesen Preis zu zahlen, können Brot für 3,00 Euro kaufen. Die Bäcker sind bereit, ihre Brote zu diesem Preis anzubieten, damit sie ihre Kosten decken und gleichzeitig noch einen Gewinn erzielen können. Verlangen die Bäcker einen höheren Preis für ihre Brote, sind nicht alle Kunden bereit, diesen höheren Preis zu zahlen. Die Bäcker können nicht ihre gesamten Brote verkaufen. Das Angebot übersteigt die Nachfrage. Bei einem niedrigeren Preis werden nicht alle Kunden bedient. Die Nachfrage ist größer als das Angebot.
Das Beispiel mit den Bäckern funktioniert auch für das Einpendeln des Preises. Auf einem Wochenmarkt gibt es drei Bäcker, die Brote verkaufen. Bäcker A verlangt für ein Brot 2,00 Euro, Bäcker B 3,00 Euro und Bäcker C 4,00 Euro. Die Brote, die von den drei Bäckern angeboten werden, haben ungefähr die gleiche Qualität. Die Marktbesucher gehen verstärkt zu Bäcker A und vielleicht auch noch zu Bäcker B, während Bäcker C das Nachsehen hat, da er zu teuer ist. Bei Bäcker C tritt ein Angebotsüberhang ein, da sein Angebot deutlich größer als die Nachfrage ist. Bäcker A kann nicht alle Kunden befriedigen, da die Nachfrage viel größer als das Angebot ist. Damit Bäcker C seine Brote verkaufen kann, muss er den Preis auf 3,00 Euro senken. Er wird seine Brote los und macht auch keinen Verlust. Bäcker A läuft die Gefahr, einen Verlust zu machen, da sein Preis von 2,00 Euro schon an Dumping grenzt. Also passt auch er seinen Preis auf 3,00 Euro an. Der Gleichgewichtspreis im Beispiel der Bäcker liegt bei 3,00 Euro. Er hat sich eingependelt.
Welche Bedeutung hat der Gleichgewichtspreis?
Der Gleichgewichtspreis liegt im Idealfall vor, doch ist er für Unternehmen von Bedeutung, wenn der Preis für ihre Waren im Zuge der Preispolitik bestimmt werden soll. Ein anderes Beispiel ist die Börse. Der Preis einer Aktie oder eines ETFs wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Ist die Nachfrage hoch, steigt der Kurs. Bei einer geringen Nachfrage fällt der Kurs. Der Gleichgewichtspreis dient lediglich als Richtwert, an dem sich die Verantwortlichen orientieren. Bei diesem Preis gibt es keinen Überschuss an Angebot oder Nachfrage. Angebot und Nachfrage stimmen beim Gleichgewichtspreis überein.
Weicht der Preis, den ein Unternehmen für eine Ware festlegt, vom Gleichgewichtspreis ab, besteht ein Überschuss. Das kann ein Angebotsüberschuss sein, wenn der Preis über dem Gleichgewichtspreis liegt, oder ein Nachfrageüberschuss, wenn der Preis unter dem Gleichgewichtspreis liegt.
Bedeutung von Angebots- und Nachfragefunktion bei der Bildung des Gleichgewichtspreises
Um den Gleichgewichtspreis zu ermitteln, sind Angebotsfunktion und Nachfragefunktion gleichermaßen von Bedeutung. Die Nachfrage steigt, je niedriger die Preise werden, und sinkt, je höher die Preise steigen. Im Koordinatensystem verläuft daher die Nachfragefunktion oben auf der Preisachse beginnend diagonal nach unten. Sie endet bei einer großen Menge zu einem geringen Preis. Sie drückt das Verhältnis zwischen Preis und Menge der Nachfrage aus. Im Beispiel des Koordinatensystems ist das Angebot gering, wenn der Preis niedrig ist. Das Angebot steigt, je höher die Preise werden. Im Koordinatensystem verläuft die Angebotsfunktion daher von unten auf der Preisachse beginnend schräg nach oben. Sie drückt das Verhältnis von Preis und Menge der angebotenen Waren aus. Die Unternehmen sind bei einem höheren Preis bereit, mehr Waren anzubieten, da sie sich bessere Umsätze erhoffen.
Damit ein Gleichgewichtspreis entstehen kann, muss Transparenz von Nachfrage und Angebot bestehen. Ein Beispiel dafür ist die Börse, bei der eine Transparenz von Angebot und Nachfrage vorhanden ist. Die Marktteilnehmer, die verkaufen wollen, erteilen eine Verkaufsorder. Diejenigen, die nachfragen, erteilen eine Kauforder. Der Gleichgewichtspreis entsteht, wenn Nachfrage und Angebot übereinstimmen. Bei Unternehmen, die gleiche Waren anbieten, ist keine Transparenz von Angebot und Nachfrage gewährleistet. Die Unternehmen als Anbieter sowie die Nachfragenden kennen den Gleichgewichtspreis nicht. Das Einpendeln hat bei der Bildung des Marktgleichgewichtspreises eine wichtige Bedeutung. Unternehmen müssen ihre Preise sukzessive anpassen, um sich an den Gleichgewichtspreis anzunähern.
Lässt sich der Gleichgewichtspreis berechnen?
Da keine Transparenz von Angebot und Nachfrage gegeben ist, könnten Unternehmen ihre Preise sukzessive anpassen, um auszuprobieren, wann der Marktgleichgewichtspreis erreicht ist. In der Praxis ist es daher kaum möglich, den optimalen Preis zu erreichen. Eine Berechnung erweist sich als schwierig, denn Nachfrage und Angebot müssen bekannt sein. Daher werden in einem Koordinatensystem die Menge der Waren auf der waagerechten Achse, der Abszisse, und der Preis auf der senkrechten Achse, der Ordinate, dargestellt. Die Angebotsfunktion muss der Nachfragefunktion gegenübergestellt werden. Dort, wo sich die beiden Funktionen schneiden, ist der Gleichgewichtspreis erreicht.
Um die Preise für ihre Erzeugnisse zu bilden, ziehen Unternehmen häufig Erfahrungswerte für ähnliche Erzeugnisse heran. Im Beispiel der Bäcker wird ein Bäcker, der eine neue Art von Brot, beispielsweise Dinkel-Kartoffel-Brot, auf den Markt bringt, seine bisherigen Erfahrungen beim Verkauf von Mischbrot heranziehen. Da das Dinkel-Kartoffel-Brot eine Neuheit ist, wird er es zu einem höheren Preis als das Mischbrot anbieten. Auch die Zutaten sind beim Dinkel-Kartoffel-Brot teurer als beim Mischbrot. Da es sich um eine Neuheit handelt und die Kunden dieses Brot probieren möchten, sind sie bereit, es zu einem höheren Preis zu kaufen.
Der Bäcker im Beispiel kann sich zwar bei seinem Dinkel-Kartoffel-Brot auf Erfahrungswerte bei seinen bisher angebotenen Broten verlassen und den Preis festlegen, doch handelt es sich noch nicht um den Gleichgewichtspreis. Er kann auch das Koordinatensystem nutzen und Funktionen für Angebot und Nachfrage einzeichnen, um den Gleichgewichtspreis zeichnerisch zu ermitteln. Rechnerisch kann er den Gleichgewichtspreis ermitteln, indem er jeweils eine Gleichung für die Angebotsfunktion und eine Gleichung für die Nachfragefunktion ansetzt.
Formeln für die Errechnung des Gleichgewichtspreises
Um den Gleichgewichtspreis im Beispiel für das Dinkel-Kartoffel-Brot zu ermitteln, wird zunächst eine Formel für die Nachfragefunktion und dann eine Formel für die Angebotsfunktion erstellt.
Die Formel für die Nachfragefunktion lautet m = -a1*p + b1
Für die Angebotsfunktion lautet die Formel m = a2*p + b2
Bei der Ermittlung des Gleichgewichtspreises wird davon ausgegangen, dass umso mehr gekauft wird, je billiger ein Produkt ist. Auch wenn das Brot im Beispiel 0,00 Euro kosten würde, wäre nur eine bestimmte Zahl an möglichen Käufern da. Diese maximale Zahl an Käufern wird als Sättigungspunkt bezeichnet und in der Formel mit b dargestellt. In der Formel stellt a das vorhandene Angebot dar. Die Menge wird mit m, der Preis mit p bezeichnet.
Der Gleichgewichtspreis wird ermittelt, indem die Formel für die Nachfragefunktion mit der Formel für die Angebotsfunktion gleichgesetzt wird. Daraus ergibt sich folgender Ansatz:
-a1*p + b1 = a2*p + b2
Um die Ermittlung des Gleichgewichtspreises zu verdeutlichen, kommt wieder das Beispiel des Bäckers mit dem neuen Dinkel-Kartoffel-Brot zum Tragen. Die Formel wird mit Werten gefüllt:
a1 = -10
a2 = 90
b1 = 200
b2 = 400
Nun sieht die Formel folgendermaßen aus:
-10*p + 200 = 90*p + 400
Um den Gleichgewichtspreis zu ermitteln, werden auf jeder Seite 10 addiert. Daraus ergibt sich
200 = 100*p + 400
Damit der Gleichgewichtspreis ermittelt werden kann, müssen auf jeder Seite 400 subtrahiert werden:
-200 = 100*p
Jede Seite wird nun durch 100 dividiert. Daraus ergibt sich ein Gleichgewichtspreis von 2,00 Euro.
Es handelt sich nur um ein Beispiel für die bessere Veranschaulichung. In der Praxis würde der Bäcker andere Werte ansetzen, denn 2,00 Euro für das Dinkel-Kartoffel-Brot wären viel zu wenig. Außerdem wäre ein vollkommener Markt gegeben, wenn Angebot und Nachfrage gleich sind. In der Praxis wird es keinen vollkommenen Markt geben.
Gleichgewichtspreis - auf die Börse übertragen
Das Beispiel mit dem Bäcker und seiner Brot-Neuheit macht deutlich, wie Unternehmer den Marktgleichgewichtspreis ermitteln können. Du siehst anhand der Beispiele, dass es ziemlich komplex ist, die Formel mit den entsprechenden Werten zu füllen. Unternehmen müssen auf ihre Erfahrungen zurückgreifen. Auch an der Börse definiert sich der Preis der Wertpapiere aus Angebot und Nachfrage. Es muss also auch für Aktien und ETFs einen Gleichgewichtspreis geben. Auch im Börsengeschehen handelt es sich dabei um den Idealfall. Da die Zahl derjenigen, die beispielsweise einen DAX-ETF verkaufen wollen, niemals mit der Zahl derjenigen, die ihn kaufen möchten, übereinstimmen wird, gibt es immer einen Überhang an Angebot oder Nachfrage. An der Börse werden die Begriffe Kurs und Preis zumeist synonym verwendet. Die Börse stellt einen Markt für Aktien und ETFs dar. An der Börse treffen Angebot und Nachfrage aufeinander. Verfolgst Du für einen ETF Deiner Wahl den Kurs, wirst Du stets Schwankungen feststellen. Im Beispiel soll der Preis für einen ETF auf den DAX gebildet werden. Handelst Du diesen ETF über einen Online-Broker, erfolgt der Handel über die Xetra, das elektronische Börsensystem. Der Handel wird automatisch überwacht. Während der Börsenzeiten wird ständig gehandelt, was dazu führt, dass sich der Preis für den ETF auf den DAX mehrmals innerhalb eines Börsentages ändert.
Ermittlung des ETF-Preises über das Orderbuch
Es wäre viel zu kompliziert, den Preis für den ETF auf den DAX anhand der Formel für den Gleichgewichtspreis zu ermitteln. Für die Ermittlung des Preises ist das vollelektronische Handelssystem Xetra zuständig, sodass keine komplizierten Berechnungen manuell erfolgen müssen. Hilfe bringt ein Orderbuch, in dem für jedes an einer Börse gehandelte Wertpapier die Kauf- und Verkaufsangebote gegenübergestellt werden. Längst liegt dieses Orderbuch in elektronischer Form vor. Für jedes Wertpapier ist ein eigenes Orderbuch vorhanden. Handelst Du einen ETF auf den DAX, werden im Orderbuch dafür die Kauf- und Verkaufsangebote erfasst. Für die Festlegung der Preise von Wertpapieren an der Börse gelten Regeln. Einen Gleichgewichtspreis gibt es in der idealen Form nicht, doch wird ein Preis gebildet, für den die meisten Wertpapiere ihre Besitzer wechseln können. Im Beispiel des ETFs auf den DAX ergibt sich ein Preis, zu dem möglichst viele Anleger verkaufen und möglichst viele Anleger kaufen können. Eine Ausführung der Order erfolgt, wenn Kauf- und Verkaufsangebote zusammenpassen. Ist keine Übereinstimmung möglich, wird die Order nicht ausgeführt.
Fazit: Gleichgewichtspreis stellt den Idealfall dar
Der Gleichgewichtspreis liegt vor, wenn Angebot und Nachfrage exakt gleich sind. Es ist der Preis, zu dem ein Anbieter seine Ware komplett verkauft, während alle Nachfragenden die Ware erhalten. Es wird immer ein Ungleichgewicht geben, sodass entweder das Angebot oder die Nachfrage größer ist. Der Gleichgewichtspreis dient der Orientierung. Ein Beispiel dafür ist die Börse, bei der ein Orderbuch die Grundlage für die Preisbildung darstellt. Nur dann, wenn Angebot und Nachfrage nach einem Wertpapier zueinander passen, wird die Order ausgeführt.
Unser Tipp: Bei Scalable Capital kannst Du rund 2000 ETFs von iShares, Lyxor, Xtrackers, WisdomTree und Amundi von 7:30 bis 23 Uhr für nur 0,99 € handeln und dauerhaft kostenlos besparen. Monatliche Sparraten schon ab 1 €.
Mehr zum Thema:
wissenwirtschaftBörse