Finanztransaktionssteuer 2022: Kommt sie?

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Die Finanztransaktionssteuer wird auch Börsensteuer genannt. Noch gibt es sie in Deutschland und der gesamten EU nicht. Schon lange wurde jedoch die Einführung dieser Steuer von verschiedenen Kreisen der Politik diskutiert. Eigentlich soll sie 2022 kommen. Für wen ist sie relevant?

Finanztransaktionssteuer 2022: Kommt sie?

Was ist die Finanztransaktionssteuer?

Die Idee der Finanztransaktionssteuer ist nicht neu. Sie reicht bis ins Jahr 1694 zurück, als an der Londoner Börse eine Stempelabgabe eingeführt wurde. Der Anteilskäufer erwarb mit der Stempelabgabe den Stempel, der wichtig für die Bestätigung einer Transaktion war. Im Deutschen Reich gab es 1881 eine Stempelsteuer für Urkunden. Sie wurde durch das Kapitalverkehrssteuergesetz vom 8. April 1922 reformiert. Erst am 1. Januar 1992 wurde sie durch das Finanzmarktförderungsgesetz abgeschafft. Überlegungen zur eigentlichen Finanztransaktionssteuer gab es 1936, nach der Great Depression, der Großen Depression, einer schweren Wirtschaftskrise in den USA.

Der US-amerikanische Ökonom John Maynard Keynes wollten mit der Steuer kurzfristige Spekulationen vermeiden. Unternehmen sollten sich verstärkt auf die langfristige und nachhaltige Gewinnmaximierung fokussieren. Es blieb jedoch über lange Zeit nur bei der Idee für die Steuer. Gegner befürchteten, dass die Steuer zu einem geringeren Handelsvolumen und einer geringeren Liquidität führen könnte.

James Tobin, ein US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, schlug 1972 eine solche Steuer auf Devisengeschäfte vor. Er wollte die Auswirkungen des Finanzkapitals auf die realen wirtschaftlichen Kosten von Ländern oder Volkswirtschaften eindämmen. Allerdings blieb es nur bei diesem Vorschlag. Diese Steuer wird jedoch mitunter auch als Tobin-Steuer bezeichnet.

Finanztransaktionssteuer bis heute

Vermutlich kommt die Finanztransaktionssteuer 2022, denn nun ist die neue Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen an der Regierung. In der EU ist die Einführung der Steuer bis 2022 geplant, doch könnte das Vorhaben an Österreich scheitern. In Deutschland wird die Steuer seit 2000 von der Nichtregierungsorganisation Attac Deutschland gefordert. Die Diskussion über die Steuer geriet jedoch Anfang der 2000er Jahre mit der Einführung des Euros in den Hintergrund, da Währungsspekulationen durch die einheitliche Währung unmöglich sind. Die Russlandkrisen und die Asienkrise in den 1990er Jahren sowie der Beginn der globalen Finanzkrise 2007 heizten die Diskussionen über die Finanztransaktionssteuer wieder an. Die EU-Kommissionen verhandelten darüber. Es kam aber nicht zur Einführung der Steuer. Als Grund dafür wird von Beobachtern die Lobbyarbeit der Finanzindustrie angenommen.

Die EU-Kommission legte im September 2011 einen Gesetzentwurf zur Einführung der Finanztransaktionssteuer in der EU vor. Der gering besteuerte Finanzsektor sollte einen fairen Beitrag leisten. Im Zuge der Finanzkrise wurde er mit 4.600 Milliarden Euro unterstützt. Geplant war ein Steuersatz von 0,1 Prozent auf den Handel mit Aktien und Anleihen. Auf den Handel mit Derivaten sollte der Steuersatz 0,01 Prozent betragen. Die EU-Kommission hat die durch die Finanztransaktionssteuer möglichen Einnahmen mit 50 Milliarden Euro angegeben, die größtenteils an die Mitgliedsländer ausgezahlt werden sollten. Allerdings konnte keine Einigung erzielt werden, weshalb die Steuer noch nicht eingeführt wurde.

Wie sieht es mit der Finanztransaktionssteuer in Deutschland aus?

Innerhalb der EU gibt es für die Finanztransaktionssteuer noch keine einheitlichen Regelungen. Die Zielsetzung der Einführung einer solchen Steuer in der gesamten Eurozone wurde im Juni 2021 aufgegeben. Laut einem Beschluss des Rates der EU-Finanz- und Wirtschaftsminister vom Januar 2013 dürfen die Staaten Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Estland, Griechenland, Portugal, Österreich, Slowenien, die Slowakei und Spanien diese Steuer einführen, die möglichst alle Finanzinstrumente erfassen soll. Estland stieg aus den Verhandlungen aus. Der neue deutsche Bundeskanzler, Olaf Scholz, war 2019 noch Finanzminister unter der Regierung von Angela Merkel. Gemeinsam mit dem französischen Finanzminister schlug er vor, dass die Finanztransaktionssteuer lediglich auf Käufe und Verkäufe von Aktien eingeführt werden sollte. Sie sollte nicht erst 2022, sondern schon 2021 kommen. Eine Höhe wurde noch nicht festgelegt. Olaf Scholz sprach sich für mindestens 0,2 Prozent pro Transaktion aus. In Frankreich gibt es die Finanztransaktionssteuer seit 2012. In Italien wurde sie 2013 eingeführt. In Deutschland gibt es sie bislang noch nicht, obwohl sie von SPD, Grünen und Linken schon seit vielen Jahren gefordert wird. Auch die CDU/CSU befürwortet sie seit 2011. Die Steuer war auch Gegenstand der Bundestagswahl 2013 in Deutschland. Im Koalitionsvertrag nach der Bundestagswahl 2017 wurde festgelegt, dass die Einführung einer substantiellen Finanztransaktionssteuer zum Abschluss gebracht werden sollte.

Noch keine Finanztransaktionssteuer in Deutschland und EU 2021 geplant

Unter Olaf Scholz sollte die Finanztransaktionssteuer in Deutschland und der EU nicht erst 2022, sondern schon 2021 eingeführt werden. Bis jetzt wurde diese Steuer noch nicht eingeführt. Olaf Scholz wollte die Steuer vor dem Hintergrund der 2021 geplanten Grundrente möglichst europaweit einführen. Die Steuer sollte zur Finanzierung der Grundrente dienen. Kritiker sprechen sich gegen die Einführung aus und sehen vor allem in der Intention und der Ausgestaltung einen Widerspruch. Kritiker gehen davon aus, dass vor allem Kleinsparer von dieser Steuer betroffen wären und hochspekulative Anlageformen nicht berücksichtigt werden. Auch eine Einführung in mehreren Ländern wird kritisiert, da die Voraussetzungen in den verschiedenen Ländern unterschiedlich sind. Hochfrequenzhandel, Intraday-Trading und Derivathandel wären von dieser Steuer nicht betroffen. Professionelle Spekulanten kämen um die Besteuerung herum, während die Kleinsparer und die Realwirtschaft die Leidtragenden wären. So argumentierte Gernot Blümel, noch bis zum 6. Dezember 2021 Finanzminister in Österreich.

Welche Vorteile hätte die Finanztransaktionssteuer 2022?

Wird die Finanztransaktionssteuer 2022 eingeführt, könnte sie eine ausgleichende Wirkung auf die Finanzen in der Wirtschaft haben, vor allem auf die Finanzmärkte. Sie könnte dem hochspekulativen Hochgeschwindigkeitshandel und dem kurzfristigen Spekulationshandel entgegenwirken. Solche Geschäfte basieren meistens auf maximalen Einsätzen und minimalen Gewinnspannen. Eine niedrige Besteuerung führt dazu, dass solche Geschäfte kaum noch Gewinne abwerfen. Bei langfristigen Investitionen macht sich die Besteuerung kaum bemerkbar.

Nicht zu vergessen ist das Gerechtigkeitsargument. Angesichts der Welt-, Wirtschafts- und Eurokrisen und der Bankenrettungspläne würde die Steuer die Finanzmärkte an der Bewältigung der Krise beteiligen. Sie werden oft als Hauptversursacher der Krisen angesehen.

So wie jede Steuer würde auch die Finanztransaktionssteuer zu höheren Steuereinnahmen führen. Über die Höhe dieser Mehreinnahmen kann aktuell nur spekuliert werden.

Was spricht gegen die Einführung der Steuer?

Es gibt aber auch Argumente, die gegen die Einführung der Finanztransaktionssteuer sprechen. Kritiker fürchten, dass von der Steuer nicht nur Spekulanten im Hochgeschwindigkeitshandel getroffen werden, da dieser Handel dann nicht mehr interessant ist. Sie befürchten auch eine Verteuerung nichtspekulativer Geschäfte und höhere Kosten an den Finanzmärkten, die dann an die Kunden weitergegeben werden. Sie sehen auch eine Gefahr der Abwanderung von Finanzdienstleistern in Länder, in denen es keine Finanztransaktionssteuer gibt. Das könnte vermieden werden, wenn weltweit eine verbindliche Steuer eingeführt wird. Eine solche Steuer stößt allerdings in vielen Ländern auf Widerstand, beispielsweise in den USA und Großbritannien. Die Steuer könnte die Finanzstandorte und Börsenplätze gefährden.

Höhere Belastung für Anleger durch Finanztransaktionssteuer 2022

Wird die Finanztransaktionssteuer 2022 tatsächlich eingeführt, sind auch private Anleger davon betroffen, da auf sie eine höhere finanzielle Belastung zukommt. Als Anleger könntest Du direkt betroffen sein, wenn Du in Aktien investierst. Auch bei der Anlage in ETFs bist Du direkt von der Steuer betroffen. Das gilt auch für Sparpläne. Da auch in Investmentfonds Aktien und andere Wertpapiere enthalten sind, müssen diejenigen, die darin investieren, mit höheren Kosten durch die Steuer rechnen. Viele Kleinanleger, die ohnehin die Investition in börsengehandelte Anlagemöglichkeiten scheuen, könnten durch die Steuer noch mehr von einer Investition abgeschreckt werden. Sie würden noch stärker zu klassischen Anlagen wie Sparbücher, Festgeld oder Tagesgeld greifen, für die es nur geringe Zinsen gibt. Führt der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Steuer tatsächlich ein, könnte sie bei 0,2 Prozent liegen. Kritiker vermuten, dass nur Aktien, aber keine Derivate von der Steuer betroffen sind.

Wie können Privatanleger die Finanztransaktionssteuer 2022 umgehen?

Investierst Du in Aktien, ETFs oder besparst Du einen ETF-Sparplan, bist Du von der Finanztransaktionssteuer betroffen, wenn sie 2022 eingeführt wird. Du könntest die Steuer umgehen, wenn Du in den kurzfristigen Handel einsteigst, beispielsweise in den Handel mit CFDs oder anderen Derivaten. Allerdings verlangt dieser Handel nach einer umfassenden Vorbereitung und einem umfangreichen Wissen. Er ist hochriskant und spekulativ. Du solltest Dir also gründlich überlegen, ob Du die Steuer tatsächlich auf diese Weise umgehen möchtest. Es kann tatsächlich sinnvoller sein, die Steuer in Kauf zu nehmen, wenn sie 2022 eingeführt wird, und in einen ETF-Sparplan zu investieren.

Fazit: Finanztransaktionssteuer könnte auch Kleinanleger belasten

Noch wurde die Finanztransaktionssteuer in Deutschland nicht eingeführt. Sie könnte allerdings 2022 kommen. In erster Linie wären Aktien und andere börsengehandelte Produkte betroffen. Du müsstest sie zahlen, wenn Du in Aktien oder ETFs investierst. Vermutet wird, dass sie 0,2 Prozent beträgt. Derivate werden vermutlich nicht besteuert. Der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz will die Steuer einführen, um die Grundrente zu finanzieren. Die Finanzmärkte sollen stärker beteiligt werden. Kritiker fürchten, dass viele Finanzdienstleister ins Ausland abwandern, wo diese Steuer nicht gilt.

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