Wealth Management: Sind Vermögensverwaltungen nur für Reiche?
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Sind Vermögensverwaltungen nur den oberen 1 % vorbehalten? Könnte man diese sogar mit überschaubarem Vermögen nutzen und falls ja, lohnt sich das dann überhaupt? Diese und weitere Fragen rund um Vermögensverwalter möchten wir dir in diesem Artikel beantworten!
Zur Situation der Vermögensverwaltung in Deutschland
Zunächst einmal ist der Begriff "Vermögensverwaltung" in der Bundesrepublik nicht rechtlich geschützt. Vermögen kann also erst einmal jeder verwalten und steuern, sofern er jemanden findet, der ihm eben ein Vermögen anvertraut. Trotzdem kann so ein Vermögensverwalter natürlich nicht völlig beliebig schalten und walten, seine Lizenzierung muss er als seriöser Vertreter im Wealth Management schon bei der deutschen Finanzaufsichtsbehörde (BaFin) einholen.
Die Aufgabe des Vermögensverwalters bleibt über die Ländergrenzen hinweg gleich: Er soll im Auftrag des Vermögensinhabers dessen Kapital verwalten und idealerweise vermehren - in Verbindung mit einer zuvor abgesprochenen Strategie und einem individuellen Risikoprofil. Wie und wo genau das Kapital angelegt wird, unterscheidet sich natürlich je nach Vermögensverwalter. Ein Vorteil ist, dass dieser typischerweise auf alle möglichen Anlageinstrumente Zugriff hat und sich natürlich mit diesen auskennt. So kann er Kapital beispielsweise auch in Private Equity Märkte bringen, die für Privatanleger notorisch schwer greifbar sind.
In Deutschland wird die eigene Hausbank, wo der nennenswerte Teil des Vermögens lagert, normalerweise bei etwa 250.000 bis 500.000 Euro anklopfen und Möglichkeiten zur professionellen Vermögensverwaltung vorschlagen. Diese Angebote kannst, musst du aber nicht nutzen. Es steht dir natürlich ebenso frei sie einfach auszuschlagen, zumal die klassischen deutschen Groß- und Hausbanken nicht unbedingt für ihre prominente Stellung im Wealth Management bekannt sind.
Abgrenzung zum Anlageberater
Manchmal werden die Begriffe Vermögensverwalter und Anlageberater synonym zueinander genutzt, was aber bei genauerer Betrachtung nicht korrekt ist. Das fängt schon damit an, dass du einen Anlageberater auch mit einer kleinen Kapitalsumme beauftragen kannst. Das wird dann zwar nicht lohnenswert sein, da er teurer ist als die überschaubare Rendite, die ein kleines Kapital erwirtschaftet, möglich ist es aber dennoch. Vermögensverwaltungen hingegen haben bestimmte Eintrittsgrenzen.
Außerdem agieren sie mit einer limitierten Vollmacht. Während der Anlageberater jede Entscheidung mit dir bespricht und erst nach Zustimmung die notwendigen Schritte einleitet, agiert ein Vermögensverwalter völlig frei. Du wirst also nicht erst vorher gefragt, ob dir das jeweilige Rebalancing oder eine neue Position zusagen. Stimmen diese mit deinem Risikoprofil überein, kann der Vermögensverwalter frei darüber entscheiden.
Abgrenzung gegenüber zum Robo Adviser
Die Digitalisierung hat längst Einzug in die Kapitalmärkte gehalten - tatsächlich werden in der Regel da, wo viel Geld zu holen ist, die größten Innovationen geboren. Folglich ist es wenig überraschend, dass zahlreiche Fin-Techs und Robo Adviser den Begriff "Wealth Management" zuletzt etwas verwässerten. Bei Anbietern wie growney, Whitebox, Ginmon oder Quirion ist es Kleinanlegern anstandslos möglich selbst sehr überschaubare Summen anzulegen, wobei diese Dienstleister natürlich kein eigenes Management-Team haben, das sich um das Portfolio von jedem Kunden kümmert.
Die Aufgabe übernimmt stattdessen ein Algorithmus, der erfahrungsgemäß, wie unter anderem der Corona-Einbruch am Markt zeigte, oftmals eher schlecht als recht funktioniert.
Da sich dieser Artikel auf traditionelle Vermögensverwaltungen mit eigenem Team fokussieren soll, werden Richtwerte sowie Vor- und Nachteile von Robo-Advisern und vergleichbaren Produkten nachfolgend nicht weiter beleuchtet.
Vermögensverwalter Beispiele
- UBS Asset Management
- Flossbach von Storch
- Deutsche Bank
- Schoellerbank
- Raiffeisen Capital
- Walser Privatbank Invest
- Dr. Jens Ehrhardt Kapital
- SwissLife
Ab welcher Kapitalgröße kannst du eine Vermögensverwaltung beauftragen?
Es gibt ebenso wenig eine allgemeingültige feste Grenze wie gesetzliche Vorgaben. Die Vermögensverwaltung bestimmt also selbst, ab welcher Kapitalgrenze sie Kunden aufnimmt - oder ob überhaupt Platz für neue Kunden ist.
Selbstverständlich gibt es im Wealth Management sehr exklusive Adressen, die sich tatsächlich an die 1-Prozenter richten und beispielsweise eine Mindestanlage von 10 Millionen vorsehen. Das ist aber definitiv nicht die Untergrenze.
Entscheidend dafür ist zudem, wie der Vermögensverwalter überhaupt arbeitet. Unterscheiden lässt sich das wie folgt:
Individuelle Vermögensverwaltung
Bei einer individuellen Vermögensverwaltung erhältst du ein individuell auf deine Bedürfnisse maßgeschneidertes Portfolio mitsamt einem persönlichen Ansprechpartner. Fast schon selbsterklärend sind diese Vermögensverwalter in der Regel teurer und haben zudem größere Hürden hinsichtlich der Eintrittskapitalgröße. Typischerweise fangen die Eintrittsgrenzen hier bei etwa 500.000 Euro bis 1 Million Euro an.
Standardisierte Vermögensverwaltung
Bei standardisierten Vermögensverwaltern erhältst du normalerweise keinen persönlichen Ansprechpartner. Stattdessen erstellt das Team des Vermögensverwalters verschiedene Portfolios, die dann unterschiedlichen Kundengruppen und ihren Anlagebedürfnissen zugeteilt werden. Da dein Vermögen dort nicht individuell verwaltet wird, ist auch weitaus weniger Kapital erforderlich. Mindestens solltest du bei diesen Wealth-Management-Adressen 50.000 bis 250.000 Euro mitbringen.
Regelbasiertes Wealth Management
Regelbasiertes Wealth Management ist der standardisierten Vermögensverwaltung unterstellt. Diese Sondervariante charakterisiert sich durch die im Vorfeld klar benannten Regeln für spezifische Kauf- und Verkaufsentscheidungen, die der Vermögensverwalter die gesamte Laufzeit über einhalten muss. Solche Vermögensverwaltungen stützen sich insbesondere auf breitgestreute Index-Fonds. Regelbasiertes Wealth Management ist außerdem typisch für Portfolios, bei denen bestimmte Verhältnisse einzuhalten sind, zum Beispiel 30 % Anleihen und 70 % Aktien. Das Portfolio wird dann regelmäßig entsprechend solcher Vorgaben angepasst.
Kosten einer Vermögensverwaltung
Die Kostenstruktur musst du für jeden Vermögensverwalter individuell kalkulieren, denn feste Gebühren nach einer Verordnung gibt es da nicht. Der Vermögensverwalter kann also so viel erheben, wie er denkt, dass seine eigene Arbeit das wert wäre. Natürlich zeigen viele Beispiele aus der Geschichte, dass sich Vermögensverwalter und auch Hedgefonds gern sehr gut bezahlen lassen, ohne überhaupt einen nennenswerten Mehrwert gegenüber breitgestreuten und kostengünstigen ETFs zu liefern.
Normalerweise setzen sich die Kosten bei Vermögensverwaltungen aus diesen Positionen zusammen:
Fixkosten
Die Fixkosten sind quasi das, was in der ETF-Welt die TER ist. Sie fallen also immer an, sind aber höher als bei ETFs. Normalerweise rangieren sie in einem Spektrum zwischen rund 1,25 und 3 %. Umso exklusiver und individueller, desto höher auch die Kosten. Robo-Adviser sind daher typischerweise die günstigste Lösung, gefolgt von standardisierten Vermögensverwaltungen. Individuelles Wealth Management ist am teuersten.
Erfolgsgebühren
Erfolgsgebühren fallen, wie der Name schon sagt, nur bei Erfolg an. Wie genau der definiert ist, hängt von der jeweiligen Vermögensverwaltung ab. Beliebt ist das Prinzip nach "High Watermarks". Erreicht das Portfolio einen Höchststand, wird von diesem aus eine Erfolgsgebühr herausgerechnet. Performt das Portfolio danach über mehrere Jahre schlecht und erreicht keine neuen Höchststände, fällt auch bis zum Erreichen neuer "High Watermarks" keine Erfolgsgebühr an. Häufig versuchen aber eben genau das Vermögensverwalter und Hedgefonds zu umgehen, indem sie den Fonds dann einfach schließen und neu auflegen. Wurde diese Karte schon mehrfach gezogen, solltest du also Vorsicht walten lassen!
Interne Verwaltungs- und Transaktionskosten
Die internen Kosten der Vermögensanlagen umfassen alle Kosten, die dem Vermögensverwalter bei der Verwaltung deines Vermögens entstehen - also zum Beispiel Ordergebühren, laufende Kosten für einzelne Produkte und Konto- sowie Depotführungsgebühren. Idealerweise agiert die Vermögensverwaltung wirtschaftlich, denn die Kosten mindern ebenso deine Rendite, da sie in voller Höhe an dich weitergereicht werden.
Vorteile von Vermögensverwaltungen
- dein Geld befindet sich in (hoffentlich) professionellen Händen
- du erzielst idealerweise eine risikoadjustierte Überrendite gegenüber gewöhnlichen ETFs
- du musst dich selbst um nichts mehr kümmern
- du wirst in der Regel einmal im Quartal über die Entwicklungen des Portfolios informiert
Nachteile von Wealth-Management-Dienstleistern
- sie kosten mehr als klassische breitgestreute ETF-Lösungen
- eine Überperformance ist keinesfalls sichergestellt
- es gibt in der Branche durchaus schwarze Schafe
- bei einer individuellen Vermögensverwaltung solltest du im Regelfall mindestens 500.000 Euro mitbringen
- standardisiertes Wealth Management und Robo-Adviser haben keine offensichtlichen Vorteile gegenüber breitgestreuten ETF Depots
Was du unbedingt noch über Vermögensverwaltungen wissen solltest
Selbstverständlich nimmt der Vermögensverwalter dir dein Risiko nicht ab. Wird das von ihm zusammengestellte Portfolio auf dem falschen Fuß erwischt, sind es immer noch deine Verluste - die wird dir der Vermögensverwalter nicht ausgleichen.
Dein Vermögen muss der Vermögensverwalter als Sondervermögen in einem Treuhandverhältnis führen. Geht dieser insolvent, ist dein Vermögen also in einer separaten Kasse und nicht von der Insolvenz betroffen.
Hat der Vermögensverwalter in einer Harakiri-Aktion weite Teile deines Vermögens vernichtet, hast du aufgrund der Verletzung der Sorgfaltspflicht unter Umständen Anspruch auf Schadensersatz. Die Praxis zeigt aber, dass es nur sehr schwer zu beweisen ist, dass er tatsächlich vorsätzlich unüberlegt oder einfach "dumm" handelte. Daher haben solche Klagen meist keinen Erfolg, die Vermögensverwalter berufen sich dann einfach auf Fehleinschätzungen an den Märkten, die selbst Profis jederzeit passieren können.
Speziell bei unabhängigen Vermögensverwaltern solltest du darauf achten, dass diese eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung haben. Sie schützt nicht gegen Fehleinschätzungen am Markt, aber wenn versehentliche Fehler gemacht wurden - zum Beispiel, weil der Vermögensverwalter bei der Orderaufgabe das Komma falsch setzte.
Fazit: Wealth Management ist nicht nur für Reiche - aber irgendwie doch am besten für diese geeignet
Dank digitalen Lösungen wie Robo-Advisern und standardisierten Vermögensverwaltungen ist der Eintritt in das Wealth Management heutzutage nicht mehr mit einem nennenswerten Vermögen verbunden. Wirkliche Vorteile gegenüber breitgestreuten ETF-Portfolios haben die aber nicht. Individuelle Vermögensverwaltungen, also die Quintessenz des Wealth Management, sind weiterhin ein exklusiver Club - da brauchst du schon allerwenigstens 500.000 Euro, um durch die Tür zu kommen. Diese sind es aber oftmals auch erst, die durch ihre individuelle Portfoliostrategie wirkliche Mehrwerte generieren.
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