SPACs: Börsengang durch die Hintertür?
Interessierst Du Dich für IPO und hast Du schon Aktien gezeichnet, wenn ein Unternehmen einen Börsengang plant, wirst Du sicher noch nicht über ein SPAC gestolpert sein. In Deutschland gibt es diese Form des Börsengangs kaum, während sie in den USA boomt und 2021 schon einige SPACs aufgelegt wurden.
Was ist ein SPAC?
Um zu erläutern, was ein SPAC ist, solltest Du zuerst wissen, wie ein Börsengang abläuft. Will ein Unternehmen an die Börse gehen, erfolgt zunächst ein IPO (Initial Public Offering). Dieser Vorgang wird auch als Neuemission von Aktien bezeichnet und ist mit der Börsenzulassung sowie der Aufnahme zum Börsenhandel verbunden. Durch die Ausgabe von Aktien sammelt das Unternehmen frisches Kapital ein. Dieses Kapital kann für verschiedene Zwecke verwendet werden. Mit dem Börsengang kann ein Unternehmen seine Attraktivität und seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Konkurrenz steigern.
Der Börsengang wird zumeist durch ein Konsortium von Banken durchgeführt, das vom Unternehmen, das an die Börse gehen will, beauftragt wurde. Das Unternehmen kann seine Aktien zu einem festen Preis ausgeben, doch kann es auch die Aktien in einem Auktionsverfahren anbieten. Investoren müssen Gebote abgeben, was sie für eine Aktie zahlen würden.
Möchtest Du Aktien von einem IPO kaufen, musst Du sie zeichnen. Sind weniger Aktien vorhanden, als gezeichnet wurden, gilt eine Aktie als überzeichnet. Die vorhandenen Aktien werden an die Zeichner zugeteilt.
SPAC ist die Abkürzung für Special Purpose Acquisition Company. Das SPAC ist eine Mantelfirma, die an die Börse geht. Über den Börsengang sammelt das SPAC Kapital ein, um es in andere Unternehmen zu investieren. Diese Form von IPO ist in Deutschland außerordentlich selten. In den USA hat es hingegen allein im Januar 2021 bereits 70 SPACs gegeben.
Wie funktioniert der Börsengang mit einem SPAC?
Ein IPO über ein SPAC ist ein Börsengang durch eine Hintertür. Das SPAC ist eine Mantelgesellschaft, die Kapital für eines oder mehrere andere Unternehmen einsammelt. Wer die Aktien des SPACs kauft, weiß in der Regel nicht, in welches Unternehmen er tatsächlich investiert. Der erste Schritt ist der Börsengang durch IPO. Im zweiten Schritt übernimmt die Mantelgesellschaft ein oder mehrere Unternehmen, in die sie das gesammelte Kapital investiert.
Die unternehmerische Führung der Mantelgesellschaft übernimmt ein Sponsor. Oft stammen diese Sponsoren aus dem Private Equity Sektor. Sie verfügen über privates Beteiligungskapital oder außerbörsliches Eigenkapital.
Dieses Private Equity Kapital ist nicht an Börsen handelbar. Das über IPO gesammelte Geld wird zu einem risikolosen Marktzins auf einem Treuhandkonto hinterlegt. Die Mantelgesellschaft versucht, innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens, ein oder mehrere Unternehmen zu kaufen. Zumeist verfügt das SPAC über eine Gesellschaftssatzung, die den Akquisitionsrahmen vorgibt. Solche Vorgaben können beispielsweise bezüglich der Branche oder der Unternehmensgröße vorliegen. Unternehmen, die noch nicht an einer Börse gelistet sind, sollen durch die Akquisition handelbar gemacht werden.
Wie sinnvoll ist die Investition in ein SPAC?
Dass die Investition in SPACs attraktiv sein kann, beweist die Tatsache, dass es in den USA schon Anfang 2021 zahlreiche solcher Börsengänge gegeben hat. In Deutschland wird es diese Form von IPO wahrscheinlich auch 2021 nicht oder nur in geringer Zahl geben.
In den USA wird das Geld, das von der Mantelgesellschaft beim Börsengang gesammelt wurde, häufig in kurz laufende US-amerikanische Staatsanleihen investiert. Für solche Anleihen sind die Zinsen nur gering. Meistens sind sie nicht höher als 0,5 Prozent. Über zusätzliche Optionen können Investoren weitere Wertpapiere zu einem bestimmten Betrag kaufen. Zumeist vertrauen Anleger, die in SPACs investieren, einem Dealmaker.
Mit dem Zinsertrag bewegt sich der Wert des SPACs nach oben. Ein Kursgewinn kann dann erzielt werden, wenn ein Unternehmen zum Kauf gefunden wurde.
Ein SPAC lohnt sich nur dann, wenn tatsächlich ein oder mehrere Objekte zum Kauf gefunden wurden. Du solltest das Risiko nicht vergessen, da diese Vorgehensweise auch scheitern kann. Das ist dann der Fall, wenn keine Kaufobjekte gefunden wurden.
Wie Oliver Leipholz, Vorstand der Deutsche Oppenheim Family Office, erklärt, wird die geleistete Einzahlung inklusive Zinsen zurückgezahlt, wenn das SPAC zerschlagen und kein Kaufobjekt gefunden wird. (Quelle: "Der unheimliche Boom des Börsengangs durch die Hintertür")
Nichts zu verlieren bei der Investition in ein SPAC?
Scheitert ein SPAC, bekommen die Investoren ihre Einzahlungen einschließlich Zinsen zurück. Das mag attraktiv erscheinen, denn es scheint so, als hätte der Investor nichts zu verlieren. In den USA boomt diese Form von IPO. Das hat mehrere Gründe:
- aktuell hohe Volatilität an den Aktienbörsen
- größeres Zeitfenster, beispielsweise 24 Monate, in denen die Mantelgesellschaft in Unternehmen investieren kann
- geringere Emissionskosten für die Aktien
- kein hoher Preisabschlag beim Börsengang
Schon 2020 wurden in den USA 250 SPACs aufgelegt. Diese Zahl wird wahrscheinlich 2021 noch deutlich geknackt. Ein SPAC ist eine hochspekulative Anlageform, auch wenn Objekte für die Übernahme gefunden werden. Darin liegt das eigentliche Risiko für die Investoren in solche Aktien.
Häufig wird in Startups investiert. Da diese Unternehmen erst einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichen und einen Kundenstamm aufbauen müssen, ist unsicher, wie sie sich tatsächlich entwickeln. Scheitert ein solches vom SPAC gekauftes Unternehmen, droht für Investoren ein Totalverlust.
Investition ins Ungewisse: In welche Unternehmen wird investiert?
Mit einem SPAC investierst Du in ein Unternehmen, das Du noch gar nicht kennst. Dieser Börsengang wird daher auch als Blanko-IPO bezeichnet. Der Boom dieser Börsengänge in den USA während der Corona-Krise 2020 und schon jetzt, Anfang 2021, zeigt, dass diese Form der Investition für viele Anleger gar nicht so unattraktiv ist. Die Investoren oder Sponsoren, die mit einem IPO das benötigte Kapital einsammeln, haben meistens schon einen Namen im Investment-Bereich.
Die Unternehmen, für die mit einem Börsengang des SPAC Kapital gesammelt wird, sind nach der Übernahme durch die Mantelgesellschaft an der Börse gelistet, ohne selbst ein IPO durchlaufen zu haben. Diese Unternehmen sparen Geld und Aufwand, denn ein IPO ist für ein Unternehmen immer mit Aufwand und Kosten verbunden.
Die Unternehmen, in die US-amerikanische SPACs investieren, befinden sich häufig in den USA. Das ist jedoch kein Muss. Solche Unternehmen können sich auch in Schwellen- oder Entwicklungsländern befinden. Häufig wird in Unternehmen in China oder Indien investiert.
SPACs können in Startups, aber auch in größere, schon etablierte Unternehmen investieren, die noch nicht an der Börse gelistet sind. Es kann sich auch um finanziell angeschlagene Unternehmen handeln, die durch einen Börsengang wieder mit frischem Kapital versorgt werden sollen. Letztendlich weiß der Investor, der in ein SPAC investiert, nicht, wohin sein Geld geht und wie das Unternehmen, in das investiert wird, finanziell aufgestellt ist.
Zumeist wird bevorzugt in bestimmte Branchen investiert, die als zukunftsträchtig gelten. Solche Branchen können das Gesundheitswesen, der Finanzsektor, die Telekommunikation, der Transport oder die Konsumgüterbranche sein.
Welche SPACs gab es schon in Deutschland?
Bislang hat es in Deutschland nur drei SPACs gegeben:
- Germany 1 im Juli 2008, mit dem bei einem Börsengang 250 Millionen Euro gesammelt wurden. Germany 1 übernahm im September 2009 die Mehrheit an AEG Power Solutions, einem Hersteller von Stromversorgungsgeräten.
- Helikos im Januar 2010, das mit dem IPO 200 Millionen Euro für die Investition in deutsche Mittelstandsunternehmen einsammelte. Seit der Übernahme der Schweizer Unternehmensgruppe Exceet im Sommer 2011 nennt sich Helikos Exceet Group.
- Europe Cleantech 1 im Oktober 2010, das beim Börsengang 115 Millionen Euro sammelte. Das gesammelte Kapital soll in Unternehmen für Umwelttechnik investiert werden.
Nicht nur in Deutschland, sondern allgemein in Europa ist ein SPAC eine außerordentlich seltene Form von IPO. Es ist 2021kaum zu erwarten, dass in Deutschland oder einem anderen europäischen Land ein SPAC aufgelegt wird.
SPACs in den USA auf Rekordkurs
In den USA sind SPACs schon lange an der Tagesordnung. Die ersten SPACs wurden bereits in den 1990er Jahren aufgelegt, nachdem die Titel durch die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC reguliert wurden. Für Investoren gewann diese Form von Börsengängen an Attraktivität. Bei einigen Gesellschaften wie Spartan Energy oder Galactic Holdings kam es zu Kursexplosionen. Zahlreiche wenig bekannte Unternehmen traten auf den Plan.
Das Emissionsvolumen der SPACs belief sich schon im Juli 2020 auf 20 Milliarden US-Dollar. Im gesamten Jahr 2020 wurden 250 SPACs aufgelegt. Zahlreiche wenig bekannte Unternehmen erhoffen sich einen höheren Bekanntheitsgrad und mehr Umsatz durch einen erweiterten Kundenkreis. Daher ist auch 2021 mit zahlreichen SPACs in den USA zu rechnen. Die Unternehmen, die auf diese Weise zu Kapital kommen, sparen sich das aufwendige IPO. Trotz der Corona-Krise konnten viele Unternehmen durch ein SPAC an die Börse gehen. Die Sponsoren der SPACs haben im vergangenen Jahr satte Kapitalbeträge ansammeln können.
Banker in den USA schätzen, dass SPACs aktuell einen Anteil von 20 bis 30 Prozent am gesamten Markt für Börsengänge haben.
Vorteile für Investmentbanken und Sponsoren
Nicht nur für die Unternehmen, die durch ein SPAC an die Börse gelangen und Kapital bekommen, ist ein solches IPO interessant. Vorteilhaft ist der Börsengang mit einem SPAC auch für die beteiligten Investmentbanken und für die Initiatoren selbst.
Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, verdienten die drei großen Investmentbanken Goldman Sachs, Citigroup und Credit Suisse allein in der ersten Hälfte 2020 Gebühren von mindestens 400 US-Dollar durch Börsengänge von SPACs. Noch deutlich höher werden die Einnahmen vermutlich 2021 sein, wenn sich dieses Geschäft so weiterentwickelt.
SPAC - kein Erfolgsgarant
Nicht immer ist ein SPAC ein Erfolgsgarant für ein wenig bekanntes Unternehmen, das den Börsengang umgehen will. Für SPACs gelten Regeln, die in der Allgemeinen Gesellschaftssatzung festgeschrieben sind. Die Investoren, die Aktien von einem SPAC kaufen, sind Aktionäre, genau wie bei regulären Börsengängen von Unternehmen. Der Sponsor eines SPACs kann daher nicht allein entscheiden, in welche Unternehmen er investieren möchte. Die endgültige Entscheidung über eine Übernahme wird auf der Hauptversammlung getroffen. Der Kauf kommt nur dann zustande, wenn die Mehrheit der Aktionäre zustimmt. Ist die Mehrheit der Aktionäre gegen eine Übernahme, wird das SPAC aufgelöst.
Nicht alle Sponsoren, die ein SPAC auflegen und einen Börsengang durchführen, finden tatsächlich Unternehmen, in die sie investieren können.
Der Zeitraum für eine angestrebte Übernahme wird in den meisten Fällen auf 24 Monate festgelegt. Bereits nach spätestens 18 Monaten sollte eine Absichtserklärung vom Management des SPACs vorliegen. Anderenfalls droht die Liquidation. Mitunter kann eine Verlängerung auf 36 Monate erfolgen.
Auch wenn das investierte Kapital bei einem Scheitern an die Anleger zurückgezahlt wird, ist die Investition in ein SPAC eine unsichere und hochspekulative Sache. Es ist für Unternehmen zwar einfach, über ein SPAC mit Umwegen, aber ohne Aufwand an die Börse zu gelangen, doch letztendlich entscheidet die Hauptversammlung.
Fazit: SPAC als Börsengang über Umwege
Ein SPAC ist eine Mantelgesellschaft, die über ein IPO an die Börse geht. Mit dem Börsengang sammelt die Gesellschaft Kapital, das sie für die Übernahme eines oder mehrerer Unternehmen nutzt. Die Investoren, die Aktien eines SPACs kaufen, wissen nicht, in welche Unternehmen sie eigentlich investieren. Nicht immer werden Unternehmen gefunden, die vom SPACübernommen werden. Die Hauptversammlung entscheidet, ob eine Übernahme stattfindet. Unternehmen, die von einem SPAC übernommen werden, gelangen über einen Umweg an die Börse und sparen den Aufwand für ein IPO. In den USA hat es Anfang 2021 schon zahlreiche SPACs gegeben, während das in Deutschland die Ausnahme ist.
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