ETF auf Kredit kaufen: Ja oder nein?
ETFs werden seit einigen Jahren immer dann von Finanzexperten als Anlageinstrument ins Feld geführt, wenn es um langfristigen Vermögensaufbau geht.
ETFs werden seit einigen Jahren immer dann von Finanzexperten als Anlage ins Feld geführt, wenn es um langfristigen Vermögensaufbau geht.
Indexfonds, meist synonym mit ETFs verwendet, richteten sich ursprünglich als Vermögenswerte an Anleger, die sich nicht jeden Tag um ihr Portfolio kümmern wollten. Gehen die Kurse nach oben, juckt es einigen Tradern in den Fingern. Genau diesem Aktionismus sollte das Konzept entgegenwirken.
Große Indizes wie zum Beispiel der MSCI World hatten einen durchschnittlichen Wertzuwachs von etwa 10% p. a. über die letzten 10 Jahre. Warum die Fonds nicht einfach auf Kredit kaufen? Schließlich schlägt der Wertzuwachs die Zinskosten auf lange Sicht doch um Längen. Eine vorschnelle Entscheidung wird allerdings schnell zum Bumerang. Gerade an den Börsen kann die Weisheit von gestern der Verlust von morgen sein. Wir zeigen dir, was du beachten musst und warum der kreditgestützte Kauf nicht zu empfehlen ist.
Wertentwicklung vs. Zinsen: ein Vergleich
Die Kreditzinsen sind einer der wesentlichen Gründe, warum sich Anleger den Kauf von Wertpapieren allgemein und auch der ETFs im Speziellen über Darlehen sehr genau überlegen müssen. Bei den gängigen Anbietern liegen die Zinssätze für Wertpapierkredite aktuell zwischen 4,5 Prozent p. a. bis circa 9,7 Prozent p. a. Damit sich der Handel mit den Indexfonds rechnet, müssen aber nicht nur die Zinskosten am Ende ausgeglichen werden. Dir sollte klar sein, dass auf der Kostenseite folgende Punkte stehen:
- Kreditzins
- Abgeltungssteuer
- Transaktionskosten
Insbesondere durch die Abgeltungssteuer sinkt die effektive Performance der Kapitalanlage deutlich. Positiv kann sich der Sparer-Pauschbetrag auswirken, das hängt jedoch davon ab, in welchem Umfang dieser bereits durch andere Investments ausgeschöpft wird. Wesentlich planbarer sind an dieser Stelle die Transaktionskosten, welche in der Regel bei der Anlage des Sparplans und auch bei jeder manuellen Order angegeben werden.
Werden die ETF-Anteile kreditfinanziert, kann eine negative Performance sehr schmerzhaft sein. Um das Gleichgewicht zugunsten der Rendite zu verschieben, muss der Fond also sehr gut performen und eine sehr hohe Rendite erzielen. Im Prinzip musst du dir sicher sein, dass die Fonds nicht beträchtlich ins Minus rutschen. Du findest durch einen Kreditvergleich generell so manches attraktive Darlehen. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass unbesicherte Konsumentenkredite – die einzigen Konsumentenkredite, die für den Kauf von Wertpapieren infrage kommen – in der Regel hohe Zinsen mit sich bringen. Bei Nennung des Verwendungszwecks kann man aber davon ausgehen, dass die Bank direkt ablehnt.
Der ETF trägt nicht zur Abzahlung bei
In der Abwägung für den Kauf von Wertanlagen „auf Pump“ spielen mehrere Faktoren eine Rolle. ETFs werden von den meisten Anlegern als ein eher langfristiges Investment betrachtet. Grundsätzlich zu berücksichtigen ist, dass der ETF Kapital bindet ohne zur Tilgungsleistung beizutragen – zumindest solange keine Ausschüttungen stattfinden. Was bedeutet diese Erkenntnis genau? Falls man unerwartete Ausgaben hat, wird es möglicherweise schwer, einen weiteren Kredit zu bekommen.
Im Gegensatz zu beispielsweise Differenzkontrakten – kurz CFDs – die hochgradig spekulativ sind, eigenen sich Indexfonds für einen Vermögensaufbau mit Ausrichtung auf die Zukunft. Viele Anleger tendieren an dieser Stelle im Normalfall dazu, Dividenden nicht ausschütten zu lassen. Stattdessen werden diese reinvestiert. Damit erreichen thesaurierende Fonds einen schnelleren Vermögensaufbau.
Insofern entsteht beim Kauf der Fondsanteile über einen Kredit ein Problem: Deine Raten werden nicht aus den Erträgen des ETFs bezahlt – sprich der Fond finanziert sich nicht selbst. Die Raten für die Tilgung musst Du als Anleger zusätzlich zum in den Indexfonds investierten Kapital aufbringen.
Im Hinblick auf die Wertentwicklung des ETFs muss Dir klar sein, dass sich Aktienkurse nicht nur in eine Richtung bewegen. Durch Indexfonds werden einzelne Underperformer zwar ausgeglichen, Konjunktureinbrüche gehen allerdings auch an Indexfonds nicht spurlos vorbei. Hieraus kann sich ein erhebliches Risiko für den Kauf von ETFs über Kredite ergeben.
Wertpapierkredit anstatt Konsumentenkredit
Der Wertpapierkredit (oder auch Lombardkredit) ist nicht nur die korrekte Variante in Bezug auf den Erwerb von ETFs, er bietet auch deutliche Vorteile gegenüber einem Konsumentenkredit. Er ist beispielsweise durch die Wertpapiere selbst besichert, wodurch die Kreditzinsen spürbar niedriger ausfallen. Die Höhe des Darlehens ist dabei vom Wert des Depots abhängig, jedoch nur bis zur vom Kreditinstitut festgelegten Beleihungsgrenze. Der Beleihungswert liegt für Fonds meist bei 50 % bis maximal 80 % des Kurswertes, was dem Wertverlust durch Kursschwankungen vorbeugen soll.
Flexibilität im Sinne von Sondertilgungen und Zahlungspausen ist bei dieser Darlehensart automatisch vorhanden, da es keinen festen Zahlungsplan gibt. Der Kredit kann, bis auf die regelmäßigen verpflichtenden Zinsraten, jederzeit beliebig getilgt werden.
Auch eine Zinsbindung entfällt bei Lombardkrediten. Das kann je nach Standpunkt sowohl als Vor- wie auch als Nachteil ausgelegt werden, da man sowohl von Zinssenkungen profitieren, als auch von Zinserhöhungen betroffen sein kann.
Fazit: Kreditaufnahme für ETFs kann in Ausnahmefällen sinnvoll sein
Wertpapiere auf Kredit finanzieren ist immer ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite bietet sich dadurch das Potenzial, durch höhere Investmentsummen stärker von positiven Kurstrends zu profitieren. Andererseits führt ein abzuzahlender Kredit dazu, dass Du als Anleger unter Druck gerätst, falls es doch nicht so läuft, wie erhofft. Sobald der Ertrag des ETFs eine gewisse Schwelle unterschreitet, wird das Ganze zu einem Minusgeschäft.
Aus diesem Grund sind Kreditfinanzierungen an den Börsen eher mit Vorsicht zu genießen. Kein Börsenexperte kann etwa Krisen und Konjunkturdellen vorhersehen. Bestes Beispiel ist hier der plötzliche Börsencrash verursacht durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Der Kursverfall erwischte viele Anleger kalt, die teils massive Verluste hinnehmen mussten.
Gerade nach einer tiefen Krise kommt es an den Börsen oft zu einer erheblichen positiven Korrektur. Für Anleger haben solche Momente das Potenzial, hohe Erträge einzufahren. Damit verbunden ist die Verlockung, kurzfristig Kapital zu beschaffen und zusätzliche Renditen zu erzielen indem etwa ETF-Käufe über Kredite finanziert werden – ein naheliegender Entschluss, der sich in der Praxis aber nur in bestimmten Momenten rechnet. Bei leichten Kursdifferenzen oder wenn sich Wertpapiere beziehungsweise Indizes seitwärts bewegen, ist eine kreditfinanzierte Investition nicht sinnvoll.
Grundvoraussetzung für die Entscheidung muss in allen Fällen sein, dass du dich im Voraus mit allen Aspekten auseinandergesetzt hast und dir die Risiken bewusst sind.
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