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Equal Weight ETFs oder solche mit normaler Gewichtung?

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Diese Frage dürften sich mindestens etwas erfahrenere Anleger irgendwann einmal in ihrer Anlegerzeit stellen. Gleichgewichtete ETFs sind zwar eine Rarität, kommen als Depot-Beimischung aber durchaus in Frage - insbesondere um ungewollte Klumpenrisiken im Portfolio zu minimieren.

Equal Weight ETFs oder solche mit normaler Gewichtung?

Zunächst vorweg: Was sind "normale" ETFs?

Ob man sie nun "normal" oder "klassisch", "traditionell" oder korrekterweise "marktgewichtet" nennt: Gemeint sind ETFs, deren Allokation sich anhand der Marktkapitalisierung der jeweiligen Unternehmen zusammensetzt. Klassische Schwergewichte, ob Apple, Amazon, Google oder Microsoft, nehmen da also die Spitzenpositionen ein. Das führt zu einem weiteren Umstand: Da die wertvollsten Unternehmen der Welt typischerweise den USA entstammen, erhält diese in nach Marktkapitalisierung gewichteten ETFs immer ein enormes Übergewicht.

Das lässt sich ganz gut am iShares Core MSCI World UCITS ETF (ISIN: IE00B4L5Y983) verdeutlichen, der ohne Schwellenländer auskommt. Die USA kommt hier auf einen enorm hohen Anteil von mehr als 66 %. Damit hängen Fluch und Segen aus Anlegersicht also zwangsläufig am Erfolg oder Misserfolg der USA. Selbst beim einem All-World-ETF, wie beispielsweise dem Vanguard FTSE All-World UCITS ETF (Dist) (ISIN: IE00B3RBWM25), der dann auch Schwellenländer beinhaltet, kommen die USA noch auf mehr als 59 %. Zum Vergleich: Deutschlands Werte nehmen da aktuell nicht einmal 2 % ein.

Diese Form des unfreiwilligen Klumpenrisikos möchten Anleger normalerweise umgehen, wenn sie sich für einen Equal Weight ETF entscheiden. Dabei ist zunächst in aller Deutlichkeit zu erwähnen, dass das Klumpenrisiko in den All- und World-ETFs natürlich nicht grundlos existiert: Sondern als direkte Folge der Wichtigkeit des größten Kapitalmarkts der Welt, der sich nun einmal in den USA befindet, die zugleich auch die weltweit größte Wirtschaftsmacht sind.

Was spricht gegen nach Marktkapitalisierung gewichtete ETFs?

Prinzipiell nichts. Die Erfahrungen am Kapitalmarkt zeigen, dass Anleger mit breitgestreuten, marktgewichteten ETFs eine mittlere historische Rendite von rund 8 % p.a. erhalten, während sie zugleich, durch die Diversifikation, von der in diesem Kontext möglichen größten Sicherheit profitieren.

Trotzdem charakterisieren diese auch inhärente Nachteile, die aus dieser Übergewichtung resultieren:

  • der Erfolg des ETF hängt kurz- und mittelfristig vor allem an den Schwergewichten mit hoher Gewichtung
  • einzelne Sektoren sind ebenfalls renditeentscheidend
  • das Klumpenrisiko der USA könnte, falls die USA einmal ihre Stellung als größte Wirtschaftsmacht verlieren, für Jahre und Jahrzehnte Underperformance sorgen

Der letzte Punkt scheint für viele Anleger, nicht ganz unbegründet, quasi ausgeschlossen. Dabei ist das Risiko solch einer Zeitenwende manchmal größer, als man es anfänglich vermuten würde. Es ist mehr als 30 Jahre her, als der japanische Nikkei seinen Sturzflug begann, von dem er sich bis heute nicht komplett erholen konnte.

Vor mehr als drei Jahrzehnten war es aber eben dieser Nikkei, der aufgrund der erfolgreichen japanischen Großkonzerne fast ebenbürtig zu den USA in einem All-World-Index vertreten war, auch wenn damals noch die passenden ETFs für eine Direktinvestition in den Index fehlten. Hätten sie damals schon existiert, hätten Anleger aus nächster Nähe erfahren wie es ist, wenn ein "Klumpen" im Index einen unaufhaltsamen Sturzflug beginnt und dieser, aufgrund der Gewichtung nach Marktkapitalisierung, voll mitgemacht wird.


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Was macht ein Equal Weight ETF anders?

💡
Wie die Bezeichnung "Equal Weight" schon korrekt impliziert, sind da alle Werte gleichgewichtet enthalten. Das Fondsvolumen wird also durch die Anzahl der Werte geteilt, wodurch dann jeder Wert ebenbürtig vertreten ist. Ausgenommen sind kurzfristige Schwankungen bis zum nächsten Rebalancing, wo Kursgewinner und -verlierer dann wieder "in Einklang" gebracht werden.

Das führt dann zu auf den ersten Blick etwas kuriosen, zumindest im Verhältnis, Verteilungen. Ein Konzern wie Apple ist folgerichtig mit identisch vielen Anteilen (gemessen am investierten Kapital) enthalten wie ein kleines Unternehmen mit vielleicht 20 Mitarbeitern und 25 Millionen Marktkapitalisierung.

Weitere Einschränkungen sind zu berücksichtigen, denn natürlich investiert auch der Equal Weight ETF nicht in jedes beliebige Unternehmen. Tatsächlich sind in der Summe normalerweise weniger Titel als in einem World- oder All-World-ETF enthalten. Ziel des ETF-Emittenten ist es eine repräsentative Vorabauswahl zu treffen, die den als Vorbild genommenen Index entsprechend reproduziert und zugleich weiterhin auf die Gleichgewichtung der Titel setzt.

Das führt zu einigen Eigenheiten, die einen Equal Weight ETF von marktgewichteten Fonds abhebt:

  • sowohl die geografische als auch die Branchenverteilung ist normalerweise gleichmäßiger, die Struktur der Allokation also flacher
  • die Renditeentwicklung solcher ETFs ist weniger von der Top-10 abhängig, da eben alles gleichgewichtet wird
  • meist haben Equal Weight ETFs eine etwas höhere TER, da häufigeres Rebalancing notwendig ist, um das Gleichgewicht möglichst kontinuierlich zu halten

Ein weiterer interessanter Umstand, der dem offiziellen "S&P Dow Jones Indices fact sheet" entnommen werden kann: Equal Weight ETFs, zumindest solche auf den S&P 500, haben meist eine etwas höhere Volatilität. Wie die Verantwortlichen für den Dow anhand der Entwicklung in den vergangenen fünf Jahren ermittelten, betrug die gemessene unterjährige Volatilität beim klassischen S&P 500 Index 15,39 %, während sie sich beim Equal Weight S&P 500 auf 17,61 % bezifferte.

Trotzdem bieten solche Equal Weight ETFs zusätzliche Sicherheit, da das Anlegerschicksal eben gleichmäßiger über Branchen und weniger an einigen wenigen Schwergewichten hängt. Das kann sich, je nach Marktlage, zu einem Pro- oder Contra-Argument hinsichtlich der Rendite entwickeln. Im Jahr 2020, als die Kurse von Tech-Werten quasi explodierten, erzielten ETFs eine höhere Rendite, die die Tech-Konzerne aufgrund ihrer Marktkapitalisierung sowieso schon hochgewichteten. Da kann ein Equal Weight ETF schlicht nicht mithalten. Dafür haben diese Fonds in 2022 auch weniger verloren, da vor allem die erheblichen Korrekturen im Tech-Sektor weniger stark mitgetragen wurden, als bei marktgewichteten ETFs.

Vergleich: Equal Weight vs. normalen S&P 500

Sehr gut lassen sich die Unterschiede am größten Index der größten Börsen- und Wirtschaftsnation verdeutlichen. Ein passender ETF, um den S&P 500 mit einer Gleichgewichtung abzubilden, ist beispielsweise der Xtrackers S&P 500 Equal Weight UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00BLNMYC90).

Im direkten Vergleich zeigen sich diese Ergebnisse. Die erste Zahl entspricht dem Anteil im klassischen S&P 500, die zweite Zahl dem Anteil im Equal Weight S&P 500:

  • Technologie: 22,55 % - 14,13 %
  • Gesundheitswesen: 15,67 % - 12,80 %
  • Finanzsektor: 14,16 % - 14,16 %
  • zyklische Konsumgüter: 9,60 % - 11,65 %
  • Industrie: 9,08 % - 14,32 %
  • Basiskonsumgüter: 7,63 % - 7,14 %
  • Kommunikation: 7,41 % - 4,50 %
  • Energie: 5,14 % - 4,87 %

Am auffälligsten ist natürlich, dass in einem Equal Weight ETF der Tech-Anteil viel geringer ist. Das ist natürlich nicht überraschend und resultiert eben aus der in dem Beitrag angesprochenen Gleichgewichtung, wo Apple, Microsoft, Amazon und Co. plötzlich zu einem unauffälligen Teil in der Masse, statt zu hochgewichteten Schwergewichten werden.

S&P 500 ETFs Vergleich - Equal Weight
2019-2023 - S&P 500 ETFs Vergleich - Equal Weight

Man könnte also behaupten, der Equal Weight ETF ist insgesamt etwas diversifizierter. Gegenüber steht dem das Argument, dass besonders starke und wertvolle Unternehmen auch einen größeren Anteil an der Wirtschaft haben.

Übrigens: Equal Weight ETFs gibt es natürlich nicht nur auf den S&P 500. Zwar ist die Auswahl für deutsche Anleger, im direkten Vergleich zu US-Anlegern, wie immer etwas eingeschränkt, dennoch gibt es ganz unterschiedliche gleichgewichtete Fonds. So zum Beispiel noch den Lyxor Bloomberg Equal-weight Commodity ex-Agriculture UCITS ETF (ISIN: LU0419741177). Da werden 12 Rohstoffe gleichgewichtet erfasst, die notorisch große Agrarindustrie aber ausgeklammert.

Weitere Beispiele für Equal Weight ETF

Wer mehr Tech in seinem Depot möchte, sein Kapital aber gleichgewichtet verteilen will, der könnte einen Blick auf den
Amundi US Tech 100 Equal Weight UCITS ETF (ISIN: IE000Y9MG996) werfen. Der enthält (fast) 100 Tech-Werte, die allesamt im Nasdaq notiert sein müssen. Der ETF ist noch nagelneu, daher lässt sich hinsichtlich der Performance nichts darüber sagen.

Zudem ist der Zusatz "Tech" im Namen des ETF etwas irreführend. Der beinhaltet nämlich nicht explizit Tech-, sondern Nasdaq-Unternehmen. Wohl kaum jemand würde beispielsweise den Ketchup-Hersteller Kraft Heinz als Tech-Unternehmen ansehen, da sie aber im Nasdaq gelistet sind, finden sie sich auch als eine der 100 Positionen hier wieder.

Der iShares Edge MSCI World Size Factor UCITS ETF (ISIN: IE00BP3QZD73) ist eine weitere Option. Hier wird der Ansatz der Gleichgewichtung mit Mid-Size-Unternehmen kombiniert, also solchen mit einer mittleren Marktkapitalisierung. In großen World- und All-World-ETFs erhalten diese nur eine überschaubare Gewichtung, die aufgrund der Anzahl der Titel und eben der Marktgewichtung unvermeidbar ist. Der ETF wäre also eine Option für Anleger, die in Industriestaaten stärker und gleichmäßig verteilt Unternehmen mit mittlerer Marktkapitalisierung erfassen möchten.

Den VanEck Sustainable World ETF (ISIN: NL0010408704) gibt es als langjährigen, ausschüttenden Klassiker ebenfalls noch. Hier bekommst du zusätzlich noch ein ESG-/SRI-Kriterium.


Video: Xtrackers S&P 500 Equal Weight - Der bessere ETF?


Fazit: Equal Weight ETFs sind eine genauere Betrachtung wert!

Ein Equal Weight ETF kann sich lohnen, da er eine andere Diversifikationsstrategie verfolgt als ein traditioneller marktkapitalisierungsgewichteter ETF. Ein Equal Weight ETF teilt das Portfolio in gleiche Anteile auf, anstatt die Gewichtung der Einzelwerte basierend auf ihrer Marktkapitalisierung zu berechnen. Dadurch kann er eine höhere Diversifikation und eine geringere Abhängigkeit von den größten Unternehmen im Index bieten. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dies auch zu höheren Volatilitäten und einer unterdurchschnittlichen Performance führen kann, wenn diese Unternehmen überdurchschnittlich gut abschneiden.

Gleichgewichtung bedeutet nicht zwangsläufig mehr Rendite, sondern vor allem mehr Diversifizierung. Als alleinige Vertreter im Depot werden solche ETF wohl kaum die marktgewichteten World- und All-World-Optionen ersetzen. Sie könnten diese aber sinnvoll ergänzen, um stärker in Sektoren und Unternehmen investiert zu sein, die bei nach Marktkapitalisierung gewichteten ETFs so gut wie keine Beachtung finden.

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