Ausschüttend oder thesaurierend: Welcher ETF passt zu mir?
Manche ETFs schütten Dividenden aus, andere nicht. Wenn du deine Steuerlast optimieren möchtest, solltest du das in Deutschland unbedingt berücksichtigen - hier erfährst du wie!
Zwar nicht alle, aber viele Aktien schütten fortlaufend Dividenden an ihre Anleger aus. Je nachdem, ob der ETF als Thesaurierer oder Ausschütter aufgestellt ist, unterscheidet sich deren Handhabung. Ausschüttende ETFs überweisen die erzielten Dividenden und Erträge direkt an die Anleger, während thesaurierende ETFs diese Erträge innerhalb des Fonds reinvestieren.
Einleitung: Was passiert bei ausschüttenden und bei thesaurierenden ETFs?
Zwar halten Anleger, wenn sie einen ETF kaufen, eben nur diesen Fonds, dieser wiederum aber die jeweiligen enthaltenen Aktien abbildet. Die Anleger des ETFs haben automatisch also einen Anspruch auf generierte Dividenden. Bei einem ausschüttenden Fonds werden diese gebündelt ausgeschüttet, normalerweise einmal im Jahr oder alle sechs beziehungsweise drei Monate. Die Summe der bis dahin generierten Dividenden bekommst du direkt auf dein Giro beziehungsweise Verrechnungskonto überwiesen, welches an das Depot des Brokers angeschlossen ist. Der ETF notiert an den jeweiligen Zeitpunkten dann "Ex-Dividende", die ausgeschütteten Beträge werden also vom Kurs abgezogen.
Unterschiede zwischen ausschüttenden und thesaurierenden ETFs
Ertragsverwendung
- Ausschüttende ETFs: Die Dividenden und anderen Erträge werden an die Anleger ausgeschüttet, meist einmal jährlich, aber auch monatlich oder quartalsweise möglich. Der Anleger erhält diese Erträge direkt auf sein Konto und kann frei über sie verfügen.
- Thesaurierende ETFs: Die Dividenden und anderen Erträge werden innerhalb des Fonds reinvestiert, was den Wert des Fonds erhöht und einen Zinseszinseffekt erzeugt. Dies ist besonders vorteilhaft für langfristige Anlagestrategien.
Bei einem thesaurierenden ETF bekommst du die Dividenden ebenfalls, aber nicht ausgezahlt. Stattdessen werden sie innerhalb des Fonds verarbeitet und fließen damit zu 100 % in den Kursverlauf ein. Folglich notiert so ein thesaurierender ETF auch nie ex-Dividende, verloren sind die Erträge aber nicht - ganz im Gegenteil sogar. Bleiben sie im Fonds, hat das für dich als Anleger verschiedene Vorteile, auf die wir im weiteren Verlauf dieses Artikels noch näher eingehen.
Ob ein ETF ausschüttet oder thesauriert, erfährst du immer in den jeweiligen Dokumenten des Emittenten oder direkt auf der Übersichtsseite. Normalerweise bekommst du da auch die aktuellen sowie historischen Ausschüttungen angezeigt. Das ist die Dividendenrendite. Bei einem marktbreiten ETF wie dem Vanguard FTSE All-World UCITS ETF (Dist) (ISIN: IE00B3RBWM25) betrug die Ausschüttungsrendite zuletzt rund 1,50 %. Damit war sie in 2020 und 2021 niedriger als in den Vorjahren (rund 2 bis 2,4 %). Das lag daran, dass viele Unternehmen im Zuge der Belastungen aus der Coronapandemie ihre Dividenden kürzten oder vorläufig aussetzten.
Die Vorteile beider Varianten
Vorweg noch einmal zur Erinnerung: Bei beiden Varianten erhältst du in jedem Fall die Dividenden der enthaltenen Aktien. Sie gehen dir also nie verloren, entsprechend sind die Unterschiede insgesamt marginal - aber trotzdem vorhanden.
Vorteile von ausschüttenden ETFs
- Generierst du über die Ausschüttungen fortlaufend Erträge, gewissermaßen also ein passives Einkommen, über das du dann frei verfügen kannst.
Vorteile von thesaurierenden ETFs
- Du profitierst in maximaler Weise vom Zinseszinseffekt, insbesondere bei langer Haltedauer.
- Du reduzierst unter Umständen, je nach Anlegerverhalten, entstandene Gebühren beim Broker (bei Reinvestitionen der Erträge und den Brokergebühren für die Order).
Steuerliche Vorteile und die Freigrenze
Zum Zeitpunkt dieses Artikels gilt in Deutschland eine Freigrenze auf Kapitalerträge in Höhe von rund 1.000 Euro, die von der neuen Regierung angestrebt wird. Innerhalb der Freigrenze musst du keine Steuern auf deine erzielten Kursgewinne (bei Verkäufen) oder generierte Dividenden zahlen. Oberhalb der Freigrenze fallen rund 26 % (Kapitalertragssteuer plus Solidaritätszuschlag) an. Zum aktuellen Zeitpunkt ist nicht sicher, ob und wie lange der Soli-Zuschlag auf Kapitalerträge noch erhalten bleibt. Bist du kirchensteuerpflichtig, kommt die Kirchensteuer ebenfalls noch hinzu. Deren Höhe unterscheidet sich je nach Bundesland. Verheiratete Paare können die doppelte Höhe des Freibetrages nutzen, also dann rund 2.000 Euro.
Die steuerliche Behandlung führt dazu, dass speziell bei kleineren Anlagevermögen ein ausschüttender ETF steuerlich etwas besser gestellt ist. Zur Verdeutlichung dieses Steuereffektes möchten wir dir ein fiktives Beispiel aufzeigen.
Steuerliche Gleichbehandlung
Wenn du beispielsweise für insgesamt 20.000 Euro einen ETF hast, der eine Ausschüttungsrendite von aktuell ca. 2 % hat, generierst du im Jahr damit 400 Euro Erträge (Dividenden). Sofern du dich für einen ETF entscheidest, der diese Rendite ausschüttet, bekommst du in dem jeweiligen Jahr also 400 Euro ohne jegliche Abzüge überwiesen – vorausgesetzt, der Betrag bleibt unterhalb deines steuerlichen Sparer-Pauschbetrags (1.000 Euro für Einzelpersonen oder 2.000 Euro für Ehepaare). Vorausgesetzt natürlich, du erzielst nicht an anderer Stelle noch Kapitalerträge.
Wenn du stattdessen einen thesaurierenden ETF gewählt hast, werden die Erträge direkt reinvestiert, sodass der Kurswert des ETFs steigt. Allerdings sind auch diese Erträge nicht komplett steuerfrei. Bei thesaurierenden ETFs wird eine sogenannte Vorabpauschale erhoben, die jährlich versteuert werden muss. Diese Pauschale ist eine Art Mindestbesteuerung auf den Wertzuwachs des ETFs, unabhängig davon, ob du ihn verkaufst oder nicht. Die Höhe der Vorabpauschale hängt von der Wertentwicklung deines ETFs und dem Basiszins ab, ist jedoch in der Regel niedriger als die tatsächlichen Ausschüttungen eines ausschüttenden ETFs.
Der Vorteil eines thesaurierenden ETFs liegt also in der langfristigen Wirkung des Zinseszinses, da die Erträge direkt im Fonds verbleiben und nicht ausgezahlt werden. Allerdings solltest du beachten, dass auch thesaurierende ETFs jährlich zu versteuern sind, wenn auch in geringerem Umfang.
Übrigens: Den Sparer-Pauschbetrag kannst du bei deinem Broker einstellen. Daran solltest du unbedingt denken, andernfalls musst du dir zu viel gezahlte Kapitalertragssteuern umständlich über die Steuererklärung zurückholen. Wenn du nur ein Depot hast und keine anderen Kapitalerträge erzielst, solltest du da also rund 1.000 Euro (den vollen Betrag) einstellen.
Praxishandhabung von thesaurierenden und ausschüttenden ETFs
In der Praxis betreibst du Steueroptimierung, wenn dein Depot so aufgestellt ist, dass es kurz unterhalb der Freigrenze bleibt und alle weiteren Erträge thesauriert werden.
Wenn du zum Beispiel nur marktbreit investieren möchtest, könntest du das mit 3 ETFs und maximaler Steueroptimierung machen:
- Vanguard FTSE All-World UCITS ETF (Dist) (ISIN: IE00B3RBWM25)
- iShares Core MSCI World UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00B4L5Y983)
- iShares Core MSCI EM IMI UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00BKM4GZ66)
Der Vanguard deckt alle Industrie- und Schwellenländer ab, bei den iShares ETFs sind diese jeweils geteilt. "World" (ohne den "All"-Zusatz) sind die Industrieländer, "EM" sind "Emerging Markets", also Schwellenländer. Beide iShares-ETFs thesaurieren Erträge, der Vanguard schüttet sie aus.
Beachte, dass ETFs eine steuerlich günstigere Behandlung genießen - die Teilfreistellung nämlich. Von einer aktuellen Ausschüttungsrendite von ca. 1,5 % ausgehend, müsstest du also insgesamt rund 80.000 Euro in den Vanguard FTSE All-World UCITS ETF (Dist) investieren. Mit der ETF-Teilfreistellung schon gegengerechnet und von der aktuellen Ausschüttungsquote ausgehend, schöpfst du damit einigermaßen präzise den Steuerfreibetrag aus. Währenddessen lässt du jedes Jahr "etwas Luft" ab, bei einem späteren Verkauf von ETF-Anteilen ist also die Steuerlast dann nicht mehr so hoch, da das Kursniveau nicht thesaurierte.
In der Praxis ist das natürlich komplizierter. Der theoretische Steuerspareffekt, der sich durch diese Handhabung ergibt, beziffert sich auf rund 200 Euro jährlich. Wenn du aufgrund höherer Ausschüttungen oder Kurszugewinnen aber nun über die Freigrenze ausschütten lässt, musst du das auch versteuern - dann minderst du deutlich den Zinseszinseffekt. Außerdem verschiebt sich natürlich die komplette Rechnung, wenn du häufiger einmal Aktien mit Gewinn verkaufst, da diese ebenfalls den Freibetrag nutzen. Selbiges gilt für Einzelaktien im Depot, die eine Dividende zahlen. Ebenfalls verzieht sich die Rechnung, sofern Anpassungen am Freibetrag erfolgen.
Für Interessierte, die noch tiefer in die Materie einsteigen möchten, lohnt sich auch ein Blick auf Themen wie den Einfluss von Makroökonomie auf ETF-Entscheidungen. Des Weiteren könnten Swap-basierte ETFs eine interessante Alternative darstellen, die zusätzlich steuerliche Vorteile bieten können. Zudem sind Strategien wie der Einsatz von Covered Bonds als Absicherung gegen Kursverluste immer wieder Themen für ETF-Investoren, die Wert auf Sicherheit legen und sich breit aufstellen möchten.
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