Jenseits Standard-Weltportfolio: Globale ETF-Strategien für Rendite & Risiko

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Ein Welt-ETF ist eine solide Grundlage, doch sein hohes US-Gewicht ist ein Risiko. Erfahren Sie, wie Sie Ihr Portfolio mit Faktor-ETFs wie Value, Small Caps oder Dividenden gezielt verfeinern und auf Ihre persönlichen Ziele anpassen, um die Marktrendite potenziell zu übertreffen.

Jenseits Standard-Weltportfolio: Globale ETF-Strategien für Rendite & Risiko

Das Weltportfolio: Solide Basis, aber nicht der Weisheit letzter Schluss

Versteh mich nicht falsch: Ein ETF auf den MSCI World oder den FTSE All-World ist eine der besten Finanzinnovationen für Privatanleger. Mit einem einzigen Wertpapier investierst du in tausende Unternehmen weltweit. Das ist maximale Diversifikation bei minimalem Aufwand. Wer einfach nur am globalen Wirtschaftswachstum teilhaben will, macht damit absolut nichts verkehrt.

Doch diese Einfachheit hat ihren Preis. Die Gewichtung nach Marktkapitalisierung bedeutet, dass du vor allem in die größten und teuersten Unternehmen investierst. Das Ergebnis ist ein massives Klumpenrisiko. Stand heute, Mitte 2025, macht allein der US-Markt rund 70 % des MSCI World aus. Die Top 10 Positionen, meist Tech-Giganten aus den USA, haben einen Anteil von über 20 %. Du kaufst also nicht wirklich "die Welt", sondern vor allem eine große Wette auf die amerikanische Technologiebranche. Das kann lange gut gehen, muss es aber nicht.

Stell es dir wie eine Playlist vor, die nur aus den aktuellen Top-10-Charts besteht. Du bekommst die bekannten Hits, aber die aufstrebenden Künstler, die zeitlosen Klassiker oder die Geheimtipps aus anderen Genres fehlen komplett. Ein Standard-Weltportfolio ist effizient, aber es lässt potenziell attraktive Marktsegmente untergewichtet liegen.

Warum überhaupt vom Pfad abweichen? Deine Ziele, deine Strategie

Wenn die Standardlösung so gut funktioniert, warum sollte man sich die Mühe machen, davon abzuweichen? Die Antwort liegt in deinen persönlichen Zielen. Ein 30-jähriger Anleger mit hohem Risikohunger, der auf maximales Kapitalwachstum aus ist, hat andere Bedürfnisse als eine 55-jährige Investorin, die im Alter von einem stabilen passiven Einkommen leben möchte.

Die Anpassung deines Portfolios kann aus mehreren Gründen sinnvoll sein:

  1. Potenziell höhere Renditen: Die Finanzwissenschaft hat gezeigt, dass bestimmte Merkmale von Aktien, sogenannte "Faktoren", langfristig eine Überrendite gegenüber dem breiten Markt erzielen können. Indem du diese Faktoren gezielt übergewichtest, kannst du die erwartete Rendite deines Portfolios steigern.
  2. Stabilerer Cashflow: Wenn du nicht erst in 30 Jahren von deinem Kapital leben willst, sondern schon heute einen regelmäßigen Geldfluss anstrebst, ist eine reine Wachstumsorientierung nicht ideal. Eine Strategie mit Fokus auf Dividenden kann hier die bessere Wahl sein.
  3. Bessere Diversifikation: Durch die Beimischung von Aktiensegmenten, die im Standardindex unterrepräsentiert sind (wie zum Beispiel kleinere Unternehmen), kannst du die Abhängigkeit von den großen Blue Chips reduzieren und dein Portfolio auf ein breiteres Fundament stellen.
  4. Persönliche Überzeugung: Vielleicht bist du einfach davon überzeugt, dass unterbewertete Unternehmen langfristig besser laufen als überhypte Wachstumswerte. Warum solltest du dann nicht entsprechend investieren?

Es geht nicht darum, das Rad neu zu erfinden oder den bewährten Kern deines Portfolios über Bord zu werfen. Vielmehr geht es um ein intelligentes "Tuning" – eine gezielte Beimischung, die deine Basisstrategie ergänzt und auf deine Bedürfnisse zuschneidet.

Der Werkzeugkasten für Fortgeschrittene: Faktor-ETFs und Tilts

Um dein Portfolio zu verfeinern, brauchst du die richtigen Werkzeuge. Im ETF-Universum sind das vor allem Faktor-ETFs. Sie filtern den Markt nicht nach Größe, sondern nach bestimmten, wissenschaftlich fundierten Merkmalen. Die drei bekanntesten Ansätze sind Value, Small Caps und Dividenden.

Value-Tilt: Die Jagd nach unterbewerteten Perlen

Die Value-Strategie ist der Klassiker unter den Faktor-Ansätzen und untrennbar mit Investorenlegenden wie Benjamin Graham und Warren Buffett verbunden. Die Idee ist simpel: Du investierst in Unternehmen, die im Verhältnis zu ihren fundamentalen Kennzahlen (wie Gewinn, Buchwert oder Cashflow) günstig bewertet sind. Du kaufst sozusagen Aktien, die gerade im "Sale" sind.

Die akademische Grundlage liefert die Forschung von Eugene Fama und Kenneth French, die zeigten, dass Value-Aktien historisch eine höhere Rendite als Wachstumsaktien (Growth) erzielt haben. Ein Value-ETF bündelt genau solche Unternehmen.
Vorteil: Du hast das Potenzial, den Markt zu schlagen, indem du auf Substanz statt auf Hype setzt.
Nachteil: Geduld ist eine Tugend. Value-Strategien können den breiten Markt über Jahre hinweg underperformen, wie die letzte Dekade eindrucksvoll gezeigt hat, in der Technologiewerte dominierten.

Small-Cap-Tilt: Auf die Kleinen setzen

Ein weiterer von Fama und French identifizierter Faktor ist der "Size"-Faktor. Die Beobachtung: Aktien von Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung (Small Caps) haben langfristig tendenziell eine höhere Rendite als Aktien von großen Konzernen (Large Caps). Die Begründung liegt im höheren Wachstumspotenzial und der höheren Risikoprämie, die Investoren für Anlagen in kleinere, oft weniger etablierte Firmen verlangen.

Ein Standard-MSCI-World besteht zu fast 90 % aus Large- und Mid-Caps. Kleinere Unternehmen sind massiv untergewichtet. Mit einem globalen Small-Cap-ETF kannst du dieses Ungleichgewicht gezielt korrigieren und dein Portfolio um eine wachstumsstarke Komponente erweitern.
Vorteil: Zugang zu hohem Wachstumspotenzial und eine bessere Diversifikation abseits der Giganten.
Nachteil: Small Caps sind deutlich volatiler als Large Caps. In wirtschaftlichen Abschwüngen werden sie oft stärker in Mitleidenschaft gezogen.

Dividendenfokus: Der Cashflow-Generator

Für viele Anleger zählt nicht nur die Endsumme im Depot, sondern auch der regelmäßige Geldzufluss. Hier kommen Dividendenstrategien ins Spiel. Statt den gesamten Markt abzubilden, konzentrieren sich Dividenden-ETFs auf Unternehmen, die für ihre verlässlichen und oft überdurchschnittlich hohen Gewinnausschüttungen bekannt sind. Beliebte Varianten sind hier ETFs auf Indizes wie die "Dividend Aristocrats", die nur Firmen enthalten, die ihre Dividende über viele Jahre hinweg kontinuierlich gesteigert haben.

Eine solche Strategie kann dir ein passives Einkommen generieren, das du entweder reinvestieren oder für deinen Lebensunterhalt nutzen kannst.
Vorteil: Stabiler und planbarer Cashflow, oft geringere Schwankungen als der Gesamtmarkt.
Nachteil: In starken Bullenmärkten hinken Dividendenstrategien oft hinterher, da wachstumsstarke Unternehmen ihre Gewinne lieber reinvestieren als ausschütten. Zudem besteht das Risiko von Dividendenkürzungen in Krisenzeiten.

Die Umsetzung in der Praxis: Wie du dein Portfolio anpasst

Die Theorie ist das eine, die praktische Umsetzung das andere. Der gängigste und sinnvollste Weg ist der Core-Satellite-Ansatz. Dein breit gestreuter Welt-ETF (z.B. MSCI ACWI oder eine 70/30-Kombination aus MSCI World und Emerging Markets) bildet den stabilen Kern ("Core") deines Portfolios. Dieser macht 70 % bis 80 % deines Gesamtinvestments aus.

Die restlichen 20 % bis 30 % nutzt du für deine "Satelliten" – die gezielten Beimischungen. Du könntest dich zum Beispiel für folgende Aufteilung entscheiden:

  • 80 % Core: iShares MSCI ACWI ETF
  • 10 % Satellite 1: Xtrackers MSCI World Value Factor ETF
  • 10 % Satellite 2: iShares MSCI World Small Cap ETF

Wichtig ist, es nicht zu übertreiben. Ein oder zwei Satelliten sind völlig ausreichend. Ein Portfolio aus zehn verschiedenen Faktor-ETFs wird schnell unübersichtlich, teuer und ist kaum noch zu managen. Bei der Auswahl der konkreten ETFs solltest du auf einige Kennzahlen achten: Die Kosten (TER) sollten möglichst niedrig sein, das Fondsvolumen hoch genug für eine gute Handelbarkeit und die Indexmethodik transparent und nachvollziehbar.

Die Kehrseite der Medaille: Risiken und was du bedenken musst

Bevor du jetzt dein Depot umbaust, ein wichtiger Realitätscheck: Es gibt kein kostenloses Mittagessen an der Börse. Jede Abweichung vom Standard bringt eigene Risiken mit sich.

Tracking Error und lange Durststrecken: Deine Satelliten werden sich anders entwickeln als der Markt. Das ist ja der Sinn der Sache. Das bedeutet aber auch, dass sie den Markt über lange Zeiträume underperformen können. Wenn dein Value-Anteil fünf Jahre in Folge schlechter läuft als der S&P 500, brauchst du Nerven aus Stahl, um an deiner Strategie festzuhalten. Der größte Feind des Faktor-Investors ist die eigene Ungeduld.

Höhere Kosten: Spezialisierte Faktor-ETFs sind in der Regel etwas teurer als ihre einfachen Pendants. Während ein MSCI World ETF für eine TER von 0,12 % zu haben ist, liegen die Kosten für einen Value- oder Small-Cap-ETF oft eher bei 0,25 % bis 0,35 %. Das schmälert die potenzielle Überrendite.

Komplexität: Mehr ETFs bedeuten mehr Aufwand. Du musst deine Zielallokation durch regelmäßiges Rebalancing wiederherstellen. Das kostet Zeit und potenziell Transaktionsgebühren.

Fazit: Dein Portfolio, deine Regeln

Das Standard-Weltportfolio ist und bleibt eine hervorragende Basis für den langfristigen Vermögensaufbau. Doch es ist nicht in Stein gemeißelt. Indem du dein Kerninvestment gezielt um Faktoren wie Value, Small Caps oder Dividenden ergänzt, kannst du dein Portfolio schärfen und es besser an deine persönlichen Rendite- und Risikovorstellungen anpassen.

Dieser Weg erfordert etwas mehr Arbeit und vor allem diszipliniertes Festhalten an der gewählten Strategie, auch wenn es mal nicht so läuft wie erhofft. Doch die Belohnung kann ein Portfolio sein, das nicht nur passiv dem Markt folgt, sondern aktiv für deine Ziele arbeitet. Bevor du also Änderungen vornimmst, analysiere genau, was du erreichen willst. Denn die beste Strategie ist immer die, die zu dir passt – und nicht umgekehrt.

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