ETF auf Kredit kaufen: Ja oder nein?
ETFs werden seit einigen Jahren immer dann von Finanzexperten als Anlageinstrument ins Feld geführt, wenn es um langfristigen Vermögensaufbau geht.

Abbildung 1: Auch wenn sich viele Indizes dauerhaft positiv entwickeln, ist dies über den Zeithorizont einer Kreditaufnahme hinweg nicht garantiert. Bildquelle: @ Chris Liverani / Unsplash.com
Indexfonds gelten als Asset, welches sich an Anleger richtet, die sich nicht jeden Tag um ihr Portfolio kümmern wollen. Gehen die Kurse nach oben, juckt es einigen Tradern in den Fingern.
Warum die Fonds nicht einfach auf Kredit kaufen? Schließlich schlägt der Wertzuwachs die Zinskosten auf lange Sicht doch um Längen. Eine vorschnelle Entscheidung – komplett ohne Anbieter Vergleich und eine Renditerechnung – wird allerdings schnell zum Bumerang. Gerade an den Börsen kann die Weisheit von gestern der Verlust von morgen sein. Wir zeigen dir, was du beachten musst und warum der kreditgestützte Kauf meistens nicht zu empfehlen ist.
ETF trägt nicht zur Abzahlung bei
In der Abwägung für den Kauf von Wertanlagen auf „Pump“ spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Grundsätzlich zu berücksichtigen ist die Tatsache, dass der ETF Kapital bindet – ohne zur Tilgungsleistung beizutragen. Was bedeutet diese Erkenntnis genau? ETF werden von den meisten Anlegern als eine eher langfristig ausgelegte Kapitalanlage betrachtet.
Im Gegensatz zu beispielsweise Differenzkontrakten – kurz CFDs – die hochgradig spekulativ sind, eigenen sich Indexfonds für einen Vermögensaufbau mit Ausrichtung auf die Zukunft. Viele Anleger tendieren an dieser Stelle im Normalfall dazu, Dividenden nicht ausschütten zu lassen. Stattdessen werden diese reinvestiert. Damit erreichen thesaurierende Fonds einen schnelleren Vermögensaufbau.
Insofern entsteht beim Kauf der Fondsanteile über einen Kredit ein Problem: Deine Raten werden nicht aus dem aufgebauten Kapital des ETFs gespeist – sprich der Fonds refinanziert sich nicht selbst. Die Raten für die Tilgung musst Du als Anleger zusätzlich zum in den Indexfonds investierten Kapital aufbringen. Worin liegt hier das Problem? Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck eines Nullsummenspiels.
Hintergrund: Zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme erhöht sich das Kapital des Anlegers um die Kreditsumme, mit welcher die Anteile des ETFs erworben werden. Die Tilgung gleicht „das Konto“ am Ende wieder aus. Aber: Bei dieser Betrachtung werden zwei wichtige Punkte nicht berücksichtigt:
- Zinskostenfaktor
- Wertentwicklung des Fonds.
Die Zinskosten erhöhen die Kosten für den Erwerb der Wertpapiere. Im Hinblick auf die Wertentwicklung des ETFs muss Dir klar sein, dass sich Aktienkurse nicht nur in eine Richtung bewegen. Durch Indexfonds werden einzelne Underperformer zwar ausgeglichen. Konjunktureinbrüche gehen allerdings auch an Indexfonds nicht spurlos vorbei. Hieraus kann sich ein erhebliches Risiko für den Kauf von ETFs über Kredite ergeben.
Wertentwicklung vs. Zinsen: ein Vergleich
Der Zinskostenfaktor ist einer der wesentlichen Gründe, warum sich Anleger den Kauf von Wertpapieren allgemein – und auch der ETFs im Speziellen – über Kredite sehr genau überlegen müssen. Laut Bundesbank liegen die Zinssätze für Kredite mit einer Zinsbindung zwischen 1 Jahr bis 5 Jahren aktuell zwischen 4,5 Prozent p. a. bis circa 4 Prozent p. a.
Heißt: Die Darlehen für den Kauf der ETF-Anteile sind nicht kostenlos. Damit sich der Handel mit den Indexfonds rechnet, müssen nicht nur die Zinskosten am Ende herausspringen. Dir sollte klar sein, dass auf der Kostenseite:
- Kreditzins
- Inflation
- Abgeltungssteuer
- Fondskosten
stehen. Speziell die Inflation und die Abgeltungssteuer lassen sich nur schwer schätzen. Hinsichtlich der Preissteigerungsrate sind externe Faktoren – wie die konjunkturelle Entwicklung – mit entscheidend.
Bei der Abgeltungssteuer gibt die Performance der Kapitalanlage letztlich den Ausschlag und in welchem Umfang der Sparer-Pauschbetrag bereits durch andere Investments abgeschöpft wird. Wesentlich planbarer sind an dieser Stelle die Fondskosten, welche sich den Anlagen zum gehandelten ETF entnehmen lassen.
Werden die ETF-Anteile kreditfinanziert, kann gerade in den Anfangsjahren das Konstrukt eher zu einer schwarzen Null – möglicherweise aber auch zu roten Zahlen – führen. Um das Gleichgewicht zugunsten der Rendite zu verschieben, muss der Fonds entweder sehr gut performen und eine sehr hohe Rendite erzielen. Oder mithilfe eines Anbietervergleichs findest Du einen zinsgünstigen Kredit. Dort lässt sich der Markt sondieren, so dass Du einen guten Überblick gewinnst und auf günstige Angebote setzen kannst.
Tipp: Um im Zuge der Rückzahlung flexibel zu bleiben, ist hier nach Konditionen wie Sondertilgungen Ausschau zu halten. Auf diese Weise lassen sich zusätzliche Einnahmen – falls Dividenden doch ausgezahlt werden – in die Tilgung investieren.
Nur in Ausnahmesituationen zu empfehlen
Wertpapiere auf Pump finanzieren ist immer ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite bietet sich hierdurch Potenzial, von positiven Kurstrends zu profitieren. Andererseits führen die Zinskosten dazu, dass Du als Anleger unter Druck gerätst. Sobald der Ertrag des ETFs eine gewisse Schwelle unterschreitet, wird das Ganze zu einem Minusgeschäft.
Aus diesem Grund sind Kreditfinanzierungen an den Börsen eher mit Vorsicht zu genießen. Kein Börsenexperte kann etwa Krisen und Konjunkturdellen ausschließen. Bestes Beispiel: 2015 koppelte die Schweizer Notenbank den Franken überraschend vom Euro ab. Der anschließende Kurssprung erwischte viele Anleger kalt, die teils massive Verluste hinnehmen mussten. Gerade bei Hebelprodukten haben sich Trader verhoben – was als einer der Gründe gilt, warum Aufsichtsbehörden im Retail-Segment für CFDs eingegriffen haben.
Eine Kreditfinanzierung von Aktienkäufen rechnet sich für den einfachen Anleger meist nur in wenigen Situationen – etwa, wenn die Kurse in den Keller abgerutscht sind und mit einer sehr starken Kurskorrektur zu rechnen ist. In dieser Situation kann auch ein ETF durchaus die nötige Rendite erzielen, um den Zinskostenfaktor ausreichend stark zu glätten – und trotzdem noch einen positiven Ertrag einzuspielen. Grundvoraussetzung für die Entscheidung muss allerdings sein, dass du dich als mit allen Aspekten auseinandersetzt.

Abbildung 2: Nur bei großen positiven Kurskorrekturen kann es sinnvoll sein, ETFs auf Kredit zu kaufen. Bildquelle: @ Robert Anasch / Unsplash.com
Fazit: Kreditaufnahme für ETFs kann sinnvoll sein
Gerade nach einer tiefen Krise kommt es an den Börsen oft zu einer erheblichen positiven Korrektur. Für Anleger haben solche Momente das Potenzial, hohe Erträge einfahren zu können. Damit verbunden ist die Verlockung, zusätzliche Renditen zu erzielen – indem Käufe etwa von ETFs über Kredite finanziert werden. Ein naheliegender Entschluss, der sich in der Praxis nur in bestimmten Momenten rechnet. Gerade, wenn starke positive Kurskorrekturen anstehen, macht sich dieser Schritt bezahlt. Bei leichten Kursdifferenzen oder wenn sich Wertpapiere – sprich an dieser Stelle Indizes – seitwärts bewegen, ist ein kreditfinanzierter ETF-Kauf oft nicht sinnvoll.
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