Aktive ETFs: Attraktive Symbiose oder Mogelpackung?

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Jeder ETF bildet bekanntlich einen Index ab - wird aber, wie aktive ETFs zeigen, nicht zwangsläufig passiv verwaltet. Für Anleger sollen aktive ETFs die bekannten Vorteile mit der Chance auf eine Überrendite gegenüber reinen Indexprodukten kombinieren - aber funktioniert das?

Aktive ETFs: Attraktive Symbiose oder Mogelpackung?

Was unterscheidet aktive von klassischen ETFs?

Die noch relativ neuartigen Produkte sollen eine Symbiose, gewissermaßen einen Zwitter zwischen den zwei längst bekannten Produktformen, dem passiven ETF und einem aktiv verwalteten Fonds, darstellen. Charakteristisch für die klassische Variante der ETFs ist bekanntlich, dass diese einen Index abbilden, zum Beispiel den MSCI World, den S&P 500 oder den deutschen DAX. Diesen stellen sie unverändert dar, bar die meist überschaubaren Veränderungen, die zwischen den jeweiligen Rebalancings entstehen. Aktiv verwaltete Fonds sind das Gegenstück dazu: Sie verlassen sich nicht stur auf den Index, dafür aber stur auf die Einschätzungen des Fondsmanagers und seinem Team. Deren Ziel ist den Vergleichsindex durch ihre eigenen Strategien und Entscheidungen zu schlagen.

Kurzum: Während ein ETF immer die Marktrendite, also das Beta generiert, aber keine Chancen auf Under- oder Überperformance hat, möchte ein aktiv verwalteter ETF ein Alpha generieren - also die Tür für eine Überrendite offenhalten.

Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt beispielsweise der Fidelity US Quality Income ETF (ISIN: IE00BYXVGX24), auf den wir später noch einmal im Detail eingehen. Hierbei handelt es sich zwar um einen ETF, an diesem arbeiten aber zusätzlich noch Portfoliomanager. Dafür haben sie einen neuen Index geschaffen, der dann Fidelity US Quality Income Index heißt.

Die Portfoliomanager orientieren sich ebenso wie der Index an aussichtsreichen Dividendenwerten, nutzen dahingehend aber, anders als es ein klassischer ETF tun würde, keine starre Formel für. Sie können also beispielsweise einen Wert aus dem ETF werfen, der zwar eine hohe Dividende und gute Dividendenrendite hat, diese aber der Einschätzung der Portfoliomanager nach künftig nicht halten kann.

Weitere Beispiele für die Verwaltung in einem aktiven ETF

Zwei weitere Beispiele helfen dir ebenfalls bei einer Abgrenzung gegenüber klassischen Indexprodukten. Nehmen wir als Beispiel das Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltig aufgestellte Fonds schließen pauschal Werte aus Industrien aus, denen man keine Nachhaltigkeit unterstellen wöllte - beispielsweise der Waffenindustrie oder den Ölkonzernen. Aktive Indexprodukte hingegen müssen diese Regel nicht so kompromisslos verfolgen. Die Portfoliomanager könnten beispielsweise feststellen, dass Shell zwar ein Ölkonzern ist, aber hohe Investitionen in eine nachhaltige Transformation steckt - und den Wert dann doch mit aufnehmen.

Ebenso könnten in ETFs, in denen sich Anleihen befinden, weitere Filterkriterien angesetzt werden. So beispielsweise, indem die Portfoliomanager stärker das Emittentenrisiko berücksichtigen, als das bei einem passiven ETF möglich wäre. Derartige Beispiele lassen sich für jeden Sektor und jede Strategie vorbringen. Folglich sind solche Produkte vor allem für Anleger interessant, die zwar immer noch breitgestreut investieren, aber ihre Anlage nicht komplett der automatisierten Indexbildung überlassen möchten.


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Vorteile von aktiven ETFs

  • sie haben, anders als passive Produkte, zumindest die Chance auf eine Überrendite
  • sie können Schwachstellen, die durch die automatisierte Indexzusammensetzung entstehen, durch aktives Handeln ausmerzen
  • sie sind nicht an strikte Vorgaben, beispielsweise hinsichtlich der Marktkapitalisierung, gebunden
  • sie sind (fast) so transparent wie passive Fonds
  • sie könnten die effektive Diversifikation in einem Portfolio steigern, das mehrheitlich bisher aus passiven ETFs besteht
  • die Produkte sind im Regelfall sehr liquide und können frei an der Börse gehandelt werden

Nachteile von aktiven ETFs

  • überall da, wo der Mensch aktiv eingreift, besteht eine Chance für eine Underperformance gegenüber der Marktrendite
  • die laufenden Kosten sind oft minimal höher als bei passiven ETFs, aber immer noch viel geringer als bei rein aktiv verwalteten Fonds
  • selbst wenn eine Überrendite gegenüber dem Markt generiert wird, könnten die etwas höheren Kosten diese soweit reduzieren, dass ein passiver Index-ETF dann doch die bessere Lösung gewesen wäre
  • bei einer weltweit breitgestreuten Strategie nimmt die vermeintliche Expertise eines Fondsmanagers sowieso eine untergeordnete Rolle ein

An dieser Stelle ist zudem zu berücksichtigen, dass Banken und Vermögensverwalter natürlich nicht altruistisch handeln. Die Idee aktive ETFs zu kreieren entspringt überhaupt nur dem Wunsch, die Popularität von kostengünstigen ETFs einzusetzen, um den eigenen Kunden wiederum teurere Eigenprodukte anzubieten. Fonds- und Portfoliomanager möchten mit der Idee hinter dem Konzept also auch ihr eigenes Überleben sichern und weiterhin ihre Daseinsberechtigung gegenüber Anlegern untermauern - unter dem Deckmantel des Begriffs "ETF", der automatisch mit Attributen wie "günstig", "effizient" und "breit diversifiziert" assoziiert wird.

Die IST-Situation am Markt

Eine bekannte Institution auf dem Markt der aktiven ETFs ist die US-Ratingagentur Scope. Die hat in einer im Herbst 2022 publizierten Studie zugleich die IST-Situation am deutschen Markt erfasst. Demnach sind aktive ETFs hierzulande weiterhin eine Randerscheinung. In den USA hingegen befinden sie sich deutlich auf einem Wachstumskurs. Laut Scope setzt sich der deutsche Markt zum aktuellen Zeitpunkt aus rund 32 aktiven Aktien-ETFs und etwa 18 Renten-ETFs zusammen. Diese Zahl variiert natürlich fortwährend, da Fonds eingestellt oder neu aufgelegt werden.

Bekannte Namen, die aktive Produkte anbieten, sind beispielsweise:

  • Pimco
  • J.P. Morgan AM
  • Franklin Templeton
  • VanEck
  • First Trust
  • und Ossiam

In Zahlen ausgedrückt, bemisst sich das Gesamtvolumen der ETF-Branche in Deutschland auf mehr als 1,5 Billionen Euro. Davon wiederum nehmen aktive ETFs aktuell lediglich etwa 18 Milliarden Euro ein. Ebenfalls haben Scope eine Umfrage durchgeführt. Dafür befragten sie Anleger, ob sich diese künftig überhaupt oder ein stärkeres Investment in aktive ETFs vorstellen könnten, was 71 % der Befragten bejahten.

Beispiele für aktive ETFs

Selbstverständlich möchten wir dir an dieser Stelle auch eine Auswahl verschiedener aktiver ETFs vorstellen. Natürlich können wir an dieser Stelle nicht die mehr als 50 Produkte erfassen, zumal diese Zahl signifikant steigt, sobald man auch noch die US-amerikanischen aktiven Fonds einbezieht - beispielsweise die ARK-Produktpalette.

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Da zeigt sich bereits am Beispiel des "Ark Innovation ETF", wie weit die Strategie des Portfoliomanagers die vermeintliche passive Ausrichtung beeinflussen kann. Dieser hat einen "Active Share" von 97 %, was bedeutet er bildet den Index nur zu 3 % ab, der Rest entfällt auf das aktive Management. Als Benchmark beziehungsweise Vergleichsbasis dient laut Fondsmanagern Cathy Wood der S&P 500.

Die ARK-Fonds können deutsche Anleger aber sowieso nur ins Depot überführen, wenn sie einen ausländischen Profi-Broker wie Interactive Brokers nutzen, da aus EU-Sicht notwendige Dokumentationen nicht bereitgestellt werden.

Weitere Beispiele für aktive ETFs sind beispielsweise die nachfolgenden Produkte.

Fidelity US Quality Income ETF (ISIN: IE00BYXVGX24)

Diesen Fonds erwähnten wir bereits kurz eingangs, er existiert in einer thesaurierenden und ausschüttenden Variante. Da es sich um ein Dividenden-Produkt handelt, nehmen wir hier die ausschüttende Variante für einen detaillierten Blick.

Die Eckdaten dieses aktiven ETFs auf einen Blick:

  • TER von 0,25 % und TD von -0,12 %
  • aktuell 111 Werte, wobei die Top-10 knapp 22 % ausmacht
  • physische Abbildung und eine Fondsgröße von etwas mehr als 888 Millionen Euro

Wie die meisten der aktiven Fonds, existiert auch dieser noch nicht so viele Jahre. Daher ist nur eine Performance-Erfassung von 5 Jahren möglich, da kommt der ETF auf eine starke Rendite von 13,92 % p.a. inklusive Ausschüttungen. Sogar im laufenden Jahr generierte er in Euro noch eine Rendite von 1,65 %, obgleich die Börsen insgesamt auf Talfahrt sind/waren.

Zum Vergleich: Der rein passive iShares MSCI World Quality Dividend ESG, der den ESG-Zusatz erst seit kurzer Zeit hat, kommt auf eine 5-Jahres-Rendite von lediglich 7,68 % - obwohl er zumindest eine vergleichbare Strategie heranzieht.

Was beim Fidelity-ETF auffällt, ist die hohe Gewichtung von den zwei Schwergewichten Apple und Microsoft, die jeweils 5 % oder mehr vom Fonds einnehmen. Ebenfalls können die Fondsmanager einige Titel hochgewichten, die bei einer reinen Index-Gewichtung nicht an dieser Position wären - als Beispiel dient hier Progressive Corp. Das Unternehmen hat in dem Fidelity-ETF eine Gewichtung von mehr als 1,20 % und platziert sich damit auf dem zehnten Rang.

JPMorgan Global Research Enhanced Index Equity (ESG) UCITS ETF (ISIN: IE000HFXP0D2)

Dieser aktive ETF erhielt von Scope ebenfalls eine ausgezeichnete Bewertung. Der Fonds vergleicht sich mit dem MSCI World Index. Ziel des ETFs ist es, sowohl aus Industrie- als auch Schwellenländern unterbewertete Titel zu identifizieren und diese dann überzugewichten, während andere Titel untergewichtet werden, auch wenn diese rein nach Marktkapitalisierung höher stehen sollten. Außerdem legt sich der Fonds selbst die Regel auf, zu mindestens 51 % in positiven ökologischen Unternehmen investiert zu sein. Konfliktindustrien, wie Waffen, Tabak und Kohle, sind vom Fonds ausgeschlossen.

Da der ETF aber erst seit einem Jahr existiert, lässt sich kein sinnvoller Performancevergleich durchführen. Lediglich lässt sich aufzeigen, dass der Vanguard FTSE All-World UCITS ETF im laufenden Jahr 8,58 % einbüßte, während der aktive ETF von JP lediglich Verluste in Höhe von 7,62 % generierte. Außerdem enthält dieser Fonds weitaus weniger Werte, statt den 3.733 im MSCI World gibt es "nur" 754. Interessanter dürfte für Anleger daher sein, wie sich dieser und andere Fonds in Zukunft schlagen werden, vor allem auch in Bullenmärkten.

Fazit

Aktive börsengehandelte Fonds (ETFs) sind Anlageprodukte, die darauf abzielen, einen bestimmten Marktindex oder eine Benchmark zu übertreffen. Wie andere börsengehandelte Fonds werden sie an einer Börse gehandelt und bieten den Komfort und die Diversifizierung eines Investmentfonds, können aber wie eine Aktie während des gesamten Handelstages gekauft und verkauft werden. Der Hauptunterschied zwischen aktiven und passiven ETFs liegt in der Art und Weise, wie sie verwaltet werden. Passive börsengehandelte Fonds bilden einfach die Wertentwicklung eines bestimmten Index nach, während aktive börsengehandelte Fonds von einem Team von Anlageexperten verwaltet werden, die versuchen, den Markt zu übertreffen, indem sie bestimmte Aktien oder andere Wertpapiere auswählen, die in den Fonds aufgenommen werden.

Die Investition in aktive ETF hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Ein potenzieller Vorteil besteht darin, dass sie das Potenzial für eine überdurchschnittliche Wertentwicklung bieten können, insbesondere wenn der Fondsmanager eine gute Erfolgsbilanz bei der Auswahl erfolgreicher Aktien vorweisen kann. Aktive börsengehandelte Fonds sind jedoch auch mit höheren Gebühren verbunden als passive börsengehandelte Fonds, was die Rendite schmälern kann. Außerdem ist es für aktive börsengehandelte Fonds schwierig, ihre Benchmarks dauerhaft zu übertreffen, und vielen gelingt dies langfristig nicht.

Ob es sich bei aktiven ETFs um eine Mogelpackung handelt, hängt von den individuellen Zielen und der Risikobereitschaft des Anlegers sowie von dem jeweiligen Fonds ab. Es ist wichtig, dass Anleger die Kosten, Risiken und potenziellen Vorteile eines jeden Anlageprodukts sorgfältig recherchieren und abwägen, bevor sie eine Entscheidung treffen.

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