Aktive ETFs in Nischenmärkten: Wann passives Investieren an Grenzen stößt

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Passive ETFs sind König. Doch in Nischen wie Tech oder Frontier Markets zeigen sie Schwächen. Hier schlägt die Stunde der aktiven ETFs, die mit menschlicher Expertise den Markt übertreffen wollen. Wir analysieren, für wen und wann diese Wette aufgehen kann.

Aktive ETFs in Nischenmärkten: Wann passives Investieren an Grenzen stößt

Was sind aktive ETFs eigentlich? Eine kurze Abgrenzung

Bevor wir in die Tiefe gehen, eine schnelle Klärung der Begriffe. Ein passiver ETF ist im Grunde ein sturer Befehlsempfänger. Sein einziges Ziel ist es, einen bestimmten Index, wie den DAX oder den S&P 500, so exakt und kostengünstig wie möglich nachzubilden. Die Aktienauswahl trifft nicht der Fondsmanager, sondern die Regel des Index. Kauft Apple, weil Apple im Index ist. Verkauft Siemens, wenn Siemens aus dem Index fliegt.

Ein aktiver ETF hingegen gibt die Zügel in die Hände eines Fondsmanagement-Teams. Dieses Team ist nicht an einen starren Index gebunden. Es analysiert Unternehmen, bewertet Markttrends und trifft eigenständige Entscheidungen darüber, welche Wertpapiere gekauft oder verkauft werden. Das Ziel ist ambitionierter: nicht nur den Markt abzubilden, sondern ihn zu schlagen. Sie sind quasi die Freigeister in der ansonsten streng regelbasierten ETF-Welt.

Der passive König und seine Achillesferse

Für die großen, liquiden und vielbeachteten Märkte dieser Welt ist der passive Ansatz oft unschlagbar. Im S&P 500 tummeln sich hunderte Analysten, jede Unternehmensmeldung wird in Sekundenbruchteilen seziert und eingepreist. Hier einen Informationsvorsprung zu erzielen, ist extrem schwierig. Ein aktiver Manager muss erst einmal seine höheren Gebühren wieder hereinholen, bevor er überhaupt eine Chance auf eine Outperformance hat. Statistiken zeigen, dass dies den wenigsten auf Dauer gelingt.

Doch die Finanzwelt besteht nicht nur aus den USA, Europa und den großen Schwellenländern. Es gibt unzählige Nischen, die für Anleger hochinteressant sein können:

  • Spezialisierte Technologiebereiche wie Robotik, Cybersicherheit oder Biotechnologie.
  • Bestimmte Frontier Markets, also Länder, die noch unterhalb der Schwelle zum Schwellenland liegen.
  • Illiquide Rohstoffmärkte jenseits von Öl und Gold.
  • Small- und Micro-Caps in weniger entwickelten Regionen.

In diesen Ecken des Marktes sieht die Welt anders aus. Die zugrundeliegenden Indizes sind oft problematisch. Ein „Wasserstoff-Index“ könnte beispielsweise zu 80 % aus zwei oder drei großen Industrieunternehmen bestehen, die nur einen winzigen Teil ihres Umsatzes mit Wasserstoff machen. Ein passiver ETF, der diesen Index abbildet, kauft dir also ein massives Klumpenrisiko und kaum echtes Wasserstoff-Exposure. Ein anderes Problem ist die Liquidität. In weniger gehandelten Märkten kann es für einen passiven ETF schwierig und teuer werden, die Indexzusammensetzung exakt nachzubilden, was zu Abweichungen (Tracking Errors) führt.

Die Bühne für den aktiven Manager: Wo der Mensch (vielleicht) die Maschine schlägt

Genau diese Ineffizienzen und Schwächen der Nischenmärkte sind die große Chance für aktive Manager. Sie können hier ihre Stärken ausspielen und potenziell einen echten Mehrwert schaffen, den ein passiver Ansatz nicht liefern kann.

  1. Ineffizienzen nutzen: In Märkten, die von wenigen Analysten beobachtet werden, gibt es sie noch: die unterbewerteten Perlen. Ein gutes Management-Team mit lokalem Research kann solche Unternehmen identifizieren, lange bevor sie auf dem Radar der breiten Masse auftauchen. Ein Index würde sie vielleicht gar nicht oder erst viel später aufnehmen.
  2. Aktives Risikomanagement: Statt blind einen schlecht konstruierten Index zu kaufen, kann ein aktiver Manager die Risiken bewusst steuern. Er kann Übergewichtungen in einzelnen Aktien vermeiden, die er für zu riskant hält, und das Portfolio breiter aufstellen, als es der zugrundeliegende Index tut. Er kann auch auf negative Nachrichten oder Branchenveränderungen sofort reagieren und nicht erst auf die nächste planmäßige Indexanpassung in sechs Monaten warten.
  3. Flexibilität und Antizipation: Ein aktiver ETF kann schnell auf neue Trends reagieren. Erkennt das Management eine aufkommende Technologie oder eine Veränderung im Konsumverhalten, kann es das Portfolio entsprechend umschichten. Ein passiver ETF wartet, bis ein Indexanbieter einen neuen, passenden Index auflegt – was Jahre dauern kann.

Zahlen, Daten, Fakten: Ein Blick auf den deutschen Markt

Die Theorie klingt gut, aber wie sieht die Realität aus? Stand heute, im Juni 2025, ist das Segment der aktiven ETFs in Deutschland noch überschaubar, aber es wächst dynamisch. Wir sprechen hier von rund 62 aktiv gemanagten ETFs, die zum Handel zugelassen sind. Davon entfallen 37 auf Aktienstrategien und 25 auf Anleihen.

Ein entscheidender Punkt sind die Kosten. Die Gesamtkostenquote (TER) für aktive ETFs bewegt sich in Deutschland in einer Spanne von etwa 0,35 % bis hoch zu 0,85 % pro Jahr. Das ist auf den ersten Blick deutlich teurer als ein passiver MSCI World ETF, den du oft für unter 0,2 % bekommst. Andererseits ist es eine Kampfansage an klassische, aktiv gemanagte Fonds, die nicht selten Gebühren von 1,5 % bis 2,0 % und zusätzlich noch Ausgabeaufschläge verlangen. Der aktive ETF positioniert sich also kostentechnisch genau in der Mitte.

Eine Herausforderung für Anleger ist die oft noch junge Historie vieler Produkte. Von den 62 in Deutschland verfügbaren aktiven ETFs sind 26 weniger als drei Jahre alt. Das macht eine fundierte Bewertung der langfristigen Performance schwierig. Man kauft hier also nicht nur eine Strategie, sondern auch ein Stück weit die Hoffnung auf die zukünftige Kompetenz des Managers.

Nicht alles, was glänzt, ist Gold: Die Kehrseite der Medaille

Bevor du jetzt dein Portfolio umschichtest, müssen wir auch über die Risiken sprechen. Denn wo Chancen sind, lauern auch Gefahren. Der größte Risikofaktor ist gleichzeitig der größte Vorteil: der Mensch. Die gesamte Performance deines Investments hängt von den Entscheidungen eines kleinen Teams oder sogar einer einzelnen Person ab.

  • Das Manager-Risiko: Was, wenn der Fondsmanager einfach danebenliegt? Oder eine längere Pechsträhne hat? Dann zahlst du höhere Gebühren für eine Performance, die hinter dem Markt zurückbleibt. Es gibt keine Garantie, dass ein aktiver Manager den Markt schlägt – die Vergangenheit ist voll von Beispielen, die das Gegenteil beweisen.
  • Die Kosten-Hürde: Die höhere TER ist eine permanente Hürde. Ein aktiver ETF, der 0,75 % kostet, muss jedes Jahr eine um 0,55 Prozentpunkte bessere Bruttorendite erzielen als ein passiver ETF mit 0,20 % Kosten, nur um am Ende gleichauf zu liegen. Diese Mehrkosten müssen erst einmal verdient werden.
  • Geringere Liquidität: Viele aktive ETFs verwalten noch vergleichsweise wenig Kapital. Ein geringeres Volumen kann zu höheren Spreads (Differenz zwischen Kauf- und Verkaufskurs) an der Börse führen, was deine Rendite bei Ein- und Ausstieg schmälert.

Für wen und wann lohnt sich der Blick?

Aktive ETFs sind kein Allheilmittel und erst recht kein Ersatz für ein breit diversifiziertes, passives Kerninvestment. Sie sind vielmehr ein Spezialwerkzeug für erfahrene Anleger, die gezielt in bestimmte Marktsegmente investieren wollen, in denen ein passiver Ansatz offensichtliche Schwächen hat.

Du solltest über einen aktiven ETF nachdenken, wenn du folgende Fragen für dich positiv beantwortest:

  1. Investierst du in eine echte Nische? Geht es um einen Markt, dessen Indizes bekannt für hohe Konzentration, geringe Liquidität oder fragwürdige Zusammensetzung sind?
  2. Verstehst du die Strategie des Managers? Kannst du nachvollziehen, nach welchen Kriterien das Fondsmanagement seine Entscheidungen trifft? Transparenz ist hier entscheidend. Viele Anbieter legen ihre Portfolios täglich oder wöchentlich offen.
  3. Bist du bereit, für potenzielles Alpha zu zahlen? Akzeptierst du die höheren Kosten im Austausch für die Chance, den Markt zu schlagen, und bist dir des damit verbundenen Risikos bewusst?

Die Entscheidung für oder gegen einen aktiven ETF ist letztlich eine strategische. Es geht nicht darum, ob aktiv oder passiv per se besser ist. Es geht darum, das richtige Instrument für den jeweiligen Zweck auszuwählen. Für dein globales Basisinvestment bleibt ein passiver ETF wahrscheinlich die erste Wahl. Aber wenn du dein Portfolio um eine gezielte Wette auf den Biotech-Sektor in Asien oder auf Small Caps in Afrika ergänzen möchtest, könnte ein aktiver ETF genau das Werkzeug sein, das dir die besten Chancen bei kontrolliertem Risiko bietet.

Die ETF-Welt entwickelt sich ständig weiter. Die wachsende Zahl aktiver Produkte zeigt, dass Anleger nach intelligenteren Lösungen suchen, die über das simple Indexing hinausgehen. Bleib neugierig, analysiere kritisch und triff fundierte Entscheidungen für dein Portfolio. Die Zukunft des Investierens könnte eine smarte Kombination aus beidem sein: einem soliden passiven Fundament und gezielt eingesetzten aktiven Satelliten.

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