Liquid Alternative ETFs: Hedgefonds-Strategien für Privatanleger

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Wenn das klassische Portfolio wackelt, kommen Hedgefonds-Strategien ins Spiel. Liquid Alternative ETFs machen diese Profi-Taktiken nun für alle zugänglich. Doch sind die Exoten eine sinnvolle Depot-Ergänzung? Wir zeigen, was die Produkte können und für wen sie sich wirklich lohnen.

Liquid Alternative ETFs: Hedgefonds-Strategien für Privatanleger

Die Exoten im Depot: Hedgefonds-Strategien für alle?

Ein klassisches 60/40-Portfolio aus Aktien und Anleihen fühlt sich in letzter Zeit manchmal an wie ein alter Diesel in einer Umweltzone: Es ruckelt, es qualmt und man ist sich nicht mehr sicher, ob es einen wirklich ans Ziel bringt. Die Märkte sind nervös, die Zinsen tanzen und die altbewährten Korrelationen scheinen sich in Luft aufzulösen. In solchen Phasen schielt man neidisch auf die Profis, die mit komplizierten Hedgefonds-Strategien scheinbar unbeeindruckt durch jede Krise navigieren.

Das Problem? Traditionelle Hedgefonds sind ein exklusiver Club. Die Eintrittskarte kostet oft eine sechs- oder siebenstellige Summe, die Türen öffnen sich nur wenige Male im Jahr und was hinter den Kulissen genau passiert, bleibt meist im Verborgenen. Doch es gibt einen Weg, einige dieser Strategien ins eigene Depot zu holen – und zwar im bekannten, transparenten und täglich handelbaren ETF-Mantel. Die Rede ist von Liquid Alternative ETFs, oft auch „Liquid Alts“ genannt.

Diese Produkte versprechen, eine Brücke zwischen der Welt der Privatanleger und der der institutionellen Profis zu schlagen. Sie wollen die Diversifikationsvorteile alternativer Strategien demokratisieren. Aber halten sie dieses Versprechen? Und was genau steckt hinter den komplexen Namen? Wir nehmen die Sache heute, am 23.06.2025, genau unter die Lupe.

Was sind Liquid Alternative ETFs eigentlich?

Stell dir vor, du nimmst die Grundidee einer Hedgefonds-Strategie, verpackst sie aber nach den strengen Regeln eines europäischen UCITS-Fonds und machst das Ganze an der Börse so einfach handelbar wie eine Siemens-Aktie. Das ist im Kern ein Liquid Alternative ETF. Der Name verrät bereits die drei entscheidenden Merkmale:

  1. Liquid: Du kannst Anteile börsentäglich kaufen und verkaufen. Keine Sperrfristen, keine monatelangen Kündigungsphasen. Das ist der größte Unterschied zu klassischen Hedgefonds, bei denen dein Geld oft für Jahre gebunden ist.
  2. Alternative: Die Strategie weicht bewusst von traditionellen Ansätzen wie dem reinen Kauf von Aktien (Long-Only) oder Anleihen ab. Das Ziel ist es, Renditen zu erzielen, die möglichst wenig mit den allgemeinen Marktbewegungen von Aktien und Anleihen zu tun haben (geringe Korrelation).
  3. ETF: Die Hülle ist ein Exchange Traded Fund. Das bedeutet für dich als Anleger: hohe Transparenz, strenge Regulierung und im Vergleich zu echten Hedgefonds deutlich geringere Kosten.

Im Grunde sind Liquid Alts also der Versuch, die Vorteile von Hedgefonds (Diversifikation, potenziell marktneutrale Renditen) mit den Vorteilen von ETFs (Liquidität, Transparenz, Zugänglichkeit) zu kombinieren. Ein Kompromiss, der auf dem Papier ziemlich clever klingt.

Die Spielwiese der Profis: Ein Blick auf die Strategien

Der Begriff „alternativ“ ist ein weites Feld. Unter dem Dach der Liquid Alts tummeln sich diverse Strategien, die sich in ihrer Funktionsweise und ihrem Risikoprofil stark unterscheiden. Wer hier investiert, sollte wissen, was der Fondsmanager da eigentlich tut. Hier sind die gängigsten Ansätze, einfach erklärt:

  • Long/Short Equity: Das ist der Klassiker. Der Fonds kauft Aktien von Unternehmen, von denen er eine positive Entwicklung erwartet (Long-Position). Gleichzeitig verkauft er Aktien von Unternehmen, die er für überbewertet hält oder bei denen er fallende Kurse erwartet (Short-Position). Das Ziel ist, nicht nur vom Gesamtmarkt zu profitieren, sondern von der relativen Stärke der „guten“ gegenüber den „schlechten“ Aktien. In einem fallenden Markt können die Gewinne aus den Short-Positionen die Verluste der Long-Positionen abfedern.
  • Market Neutral: Diese Strategie ist die radikalere Form von Long/Short. Hier wird versucht, das allgemeine Marktrisiko (das Beta) komplett zu eliminieren. Der Wert der Long-Positionen entspricht dabei exakt dem Wert der Short-Positionen. Die Rendite hängt ausschließlich davon ab, ob die ausgewählten Long-Titel besser performen als die Short-Titel. Theoretisch ist es dieser Strategie egal, ob der DAX um +20 % steigt oder um -20 % fällt.
  • Managed Futures (CTA): Hier wird es systematisch und oft computergesteuert. Diese Fonds, auch Commodity Trading Advisors (CTAs) genannt, handeln mit Terminkontrakten (Futures) auf eine breite Palette von Anlageklassen: Rohstoffe, Währungen, Anleihen und Aktienindizes. Sie folgen dabei in der Regel Trends. Steigt der Ölpreis seit Wochen, geht der Algorithmus long. Fällt der Euro, geht er short. Das Ganze ist eine emotionslose, regelbasierte Wette auf die Fortsetzung von Markttrends.
  • Event-Driven: Wie der Name schon sagt, spekulieren diese Fonds auf besondere Unternehmensereignisse. Ein typisches Beispiel ist die Fusions-Arbitrage (Merger Arbitrage). Wird eine Übernahme angekündigt, kauft der Fonds die Aktien des Zielunternehmens und wettet darauf, dass der Deal wie angekündigt über die Bühne geht und der Aktienkurs auf den vereinbarten Übernahmepreis steigt. Das Risiko: Platzt der Deal, fällt die Aktie oft wie ein Stein.
  • Multi-Strategie: Der Allrounder unter den Liquid Alts. Ein solcher ETF kombiniert mehrere der oben genannten Strategien in einem einzigen Produkt. Das sorgt für eine weitere Diversifikationsebene – quasi eine Diversifikation innerhalb des Diversifikations-Instruments.

Die Vorzüge: Warum du Liquid Alts auf dem Schirm haben solltest

Warum sollte man sich diesen komplexen Kram überhaupt antun, wenn ein simpler MSCI World ETF doch so einfach ist? Die Antwort liegt in der Portfolio-Konstruktion. Liquid Alts sind keine Basisinvestition, sondern eine mögliche strategische Ergänzung. Ihre Stärken spielen sie vor allem dann aus, wenn es an den traditionellen Märkten ungemütlich wird.

Der Hauptvorteil ist die Diversifikation. Idealerweise liefern diese ETFs eine positive Rendite, die kaum davon abhängt, ob die globalen Aktienmärkte gerade steigen oder fallen. In einer Krise, in der sowohl Aktien als auch Anleihen nachgeben, könnte ein solcher ETF dein Portfolio stabilisieren. Er ist quasi der Stoßdämpfer für unebenes Gelände.

Ein weiterer Pluspunkt ist die Zugänglichkeit. Du brauchst keine Million auf dem Konto. Du kaufst einfach einen ETF-Anteil über deinen Broker, oft schon für unter 100 Euro. Die elitäre Welt der Hedgefonds-Strategien wird plötzlich für jeden erreichbar.

Auch die Kostenstruktur ist ein Argument. Während klassische Hedgefonds oft eine „2 und 20“-Gebühr verlangen (2 % Verwaltungsgebühr plus 20 % Erfolgsbeteiligung), kommen Liquid Alternative ETFs mit einer deutlich schlankeren Gesamtkostenquote (TER) aus. Diese liegt meist zwischen 0,5 % und 1,5 %. Das ist zwar teurer als ein Standard-Index-ETF mit 0,2 %, aber Welten entfernt von den Gebühren der exklusiven Vorbilder.

Kein Freifahrtschein: Die Kehrseite der Medaille

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Liquid Alts sind kein Wundermittel und kommen mit eigenen Herausforderungen und Risiken. Wer das ignoriert, erlebt schnell eine Enttäuschung.

Das größte Problem ist die Komplexität. Du investierst nicht einfach in 1.600 Unternehmen weltweit, sondern in eine Strategie. Wenn du nicht zumindest im Ansatz verstehst, wie eine Long/Short- oder Managed-Futures-Strategie funktioniert, investierst du blind. Das ist selten eine gute Idee.

Hinzu kommt das Performance-Dilemma. Liquid Alts sind ein Kompromiss. In starken Bullenmärkten, wenn der S&P 500 mit +25 % nach oben schießt, wird ein marktneutraler ETF mit seiner Rendite von vielleicht +4 % ziemlich alt aussehen. Diese Fonds sind darauf ausgelegt, Risiken zu managen, nicht Renditen zu maximieren. Wer hier die Performance eines reinen Aktien-ETFs erwartet, wird unweigerlich frustriert sein.

Außerdem können diese ETFs die originalen Hedgefonds-Strategien aufgrund regulatorischer Vorgaben oft nur bedingt nachbilden. Die UCITS-Regeln setzen dem Einsatz von Hebeln (Leverage) und Leerverkäufen enge Grenzen. Ein echter Hedgefonds hat hier viel mehr Freiheiten. Das Ergebnis ist oft eine „Hedgefonds-Light“-Performance – sowohl beim Risiko als auch bei der potenziellen Rendite.

Für wen macht das Ganze Sinn?

Liquid Alternative ETFs sind definitiv nichts für den Börsen-Einsteiger, der gerade sein erstes Depot eröffnet. Sie sind ein Werkzeug für fortgeschrittene Anleger, die bereits ein solides Kernportfolio aus breit gestreuten Aktien- und vielleicht Anleihen-ETFs besitzen.

Sie eignen sich für dich, wenn du:

  • dein Portfolio gezielt diversifizieren und das Gesamtrisiko senken möchtest.
  • bereit bist, dich tiefgehend mit der Funktionsweise der zugrundeliegenden Strategie zu befassen.
  • akzeptierst, dass diese Beimischung in starken Aufwärtsphasen eine "Performance-Bremse" sein kann.
  • einen Baustein suchst, der sich potenziell anders verhält als der Rest deines Depots.

Als alleinige Anlage oder als Ersatz für ein Aktien-Basisinvestment sind sie ungeeignet. Ihr Platz ist in der Regel als kleine, strategische Beimischung im Portfolio, oft im Bereich von 5 % bis 10 % des Gesamtvolumens.

Fazit: Ein nützliches Werkzeug, aber kein heiliger Gral

Liquid Alternative ETFs haben das Potenzial, eine wertvolle Ergänzung für ein gut strukturiertes Portfolio zu sein. Sie demokratisieren den Zugang zu Strategien, die lange Zeit nur institutionellen Investoren vorbehalten waren, und bieten eine echte Chance zur Diversifikation abseits von Aktien und Anleihen. Gerade in unsicheren Marktphasen kann ihre geringe Korrelation zu traditionellen Anlageklassen Gold wert sein.

Doch sie sind kein Allheilmittel. Die Komplexität erfordert eine gründliche Einarbeitung, die Kosten sind höher als bei Standardprodukten und die Performance wird in Bullenmärkten fast immer hinter der von reinen Aktien-ETFs zurückbleiben. Sie sind ein Spezialwerkzeug für einen bestimmten Zweck: das Risikomanagement im Portfolio zu verbessern.

Wenn du bereit bist, die nötige Zeit in die Analyse zu investieren und deine Erwartungen realistisch hältst, können Liquid Alts eine sinnvolle Ergänzung für dein Depot sein. Betrachte sie nicht als Wette auf die nächste Super-Rendite, sondern als Versicherung gegen die Unwägbarkeiten der Finanzmärkte.

Das Thema ist vielschichtig, aber es lohnt sich, am Ball zu bleiben. Für weitere Analysen und tiefe Einblicke in die ETF-Welt, trag dich für unseren Newsletter ein und verpasse keine Ausgabe.

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