Koalitionsvertrag: Änderungen für Privatanleger bei Steuer & Altersvorsorge
Der Koalitionsvertrag 2025 ist da! Was ändert sich für dich als Privatanleger? Wir checken Abgeltungssteuer, Soli, Dividendenbesteuerung, Riester-Reform, Rürup und neue Förderinstrumente wie das Altersvorsorgedepot. Dein Update für Depot & Vorsorge.

Der neue Koalitionsvertrag 2025: Was sich für dich als Privatanleger ändert
Politik und Portemonnaie – eine Beziehung, die selten langweilig wird. Gerade ist mit dem neuen Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode ab 2025 wieder frischer Wind aufgekommen. Für dich als Privatanleger stellt sich natürlich die Frage: Was bedeutet das konkret für mein Depot, meine Altersvorsorge und meine Steuerlast? Die Ampel-Regierung hatte bereits einige Weichen gestellt, nun justiert die neue Koalition aus CDU/CSU und SPD nach. Wir schauen uns die wichtigsten Punkte an: von der (fast unveränderten) Abgeltungssteuer über Reformen bei Riester und Rürup bis hin zum Dauerbrenner Solidaritätszuschlag. Schnall dich an, es gibt einiges zu besprechen.
Abgeltungssteuer und Soli: Stabilität mit einem kleinen Haken
Fangen wir mit einer guten Nachricht an: Die große Revolution bei der Besteuerung von Kapitalerträgen bleibt vorerst aus. Die Abgeltungssteuer verharrt bei den bekannten 25 Prozent. Puh, erstmal durchatmen. Die SPD hatte zwar im Wahlkampf und auch in den Verhandlungen laut über eine Anhebung auf 30 Prozent nachgedacht, konnte sich damit aber offensichtlich nicht gegen den Widerstand des Koalitionspartners durchsetzen. Für dich bedeutet das: Gewinne aus Aktienverkäufen, Zinsen und die meisten Dividenden werden weiterhin pauschal mit einem Viertel besteuert – plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer.
Und da sind wir schon beim ersten Wermutstropfen: Der Solidaritätszuschlag bleibt für Kapitalerträge bestehen. Während er für die meisten Einkommenssteuerzahler schon vor einiger Zeit weggefallen ist, werden auf die Abgeltungssteuer weiterhin 5,5 Prozent Soli fällig. Das summiert sich zu einer effektiven Belastung von 26,375 Prozent (25% * 1,055). Das ist zwar nicht neu, aber die Hoffnung auf eine komplette Abschaffung wurde mit dem Koalitionsvertrag erstmal beerdigt. Das bedeutet konkret: Von 1.000 Euro Kapitalertrag landen nach Steuern nur 736,25 Euro bei dir.
Eine potenziell weitreichende Änderung bahnt sich allerdings bei Dividenden an. Ab 2026 soll das sogenannte Halbeinkünfteverfahren für Dividenden aus Streubesitz (also wenn du weniger als 10% an einem Unternehmen hältst) abgeschafft werden. Statt der pauschalen Abgeltungssteuer sollen Dividenden dann mit deinem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert werden. Das klingt erstmal fair, hat aber unterschiedliche Auswirkungen: Liegt dein persönlicher Steuersatz unter 25 Prozent, könntest du profitieren. Für die meisten Anleger, insbesondere Gutverdiener mit einem höheren Grenzsteuersatz, würde das aber eine spürbare Mehrbelastung bedeuten. Hier bleibt abzuwarten, wie die genaue Ausgestaltung aussieht und ob es eventuell Freibeträge oder Abmilderungen geben wird.
Der Sparer-Pauschbetrag, also dein Freibetrag für Kapitalerträge, liegt aktuell bei 1.000 Euro für Singles und 2.000 Euro für gemeinsam Veranlagte und bleibt nach derzeitigem Stand unangetastet. Diesen solltest du natürlich weiterhin voll ausschöpfen, zum Beispiel durch einen Freistellungsauftrag bei deiner Bank oder deinem Broker.
Riester-Rente: Generalüberholung für mehr Rendite?
Die Riester-Rente – eine Form der privaten Rentenversicherung – oft gescholten, manchmal gelobt, aber selten ignoriert. Seit Jahren steht sie wegen hoher Kosten, bürokratischem Aufwand und oft magerer Renditen in der Kritik. Die neue Koalition will hier nun grundlegend aufräumen und das System attraktiver machen. Der Kern der Reform: Die hundertprozentige Beitragsgarantie zum Rentenbeginn fällt weg.
Was heißt das? Bisher mussten Anbieter garantieren, dass zum Rentenstart mindestens die eingezahlten Beiträge und Zulagen zur Verfügung stehen. Das zwang sie zu sehr konservativen Anlagestrategien mit hohem Anleihenanteil, was gerade in Niedrigzinsphasen die Renditechancen stark begrenzte. Künftig soll es flexiblere Garantie-Niveaus geben, vielleicht 80 oder 90 Prozent. Das schafft Spielraum für eine höhere Aktienquote und damit potenziell deutlich bessere Renditen über die lange Laufzeit. Ob das aufgeht, muss die Praxis zeigen, aber der Ansatz ist vielversprechend.
Gleichzeitig sollen die Kosten gedeckelt und die Verwaltung vereinfacht werden. Geplant ist, die unzähligen Riester-Produkte in ein standardisiertes "Altersvorsorgedepot" zu überführen. Dieses soll transparenter sein und auch Anlagen in kostengünstige ETFs oder sogar Einzelaktien ermöglichen. Die staatlichen Zulagen (Grundzulage und Kinderzulagen) bleiben erhalten. Zudem wird der Kreis der Förderberechtigten erweitert: Auch Selbstständige sollen künftig riestern können, vorausgesetzt, sie zahlen freiwillig oder pflichtversichert in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Das könnte die Attraktivität für eine bisher ausgeschlossene Gruppe deutlich erhöhen.

Die Reform soll ab 2026 schrittweise umgesetzt werden. Bestehende Verträge sollen in das neue System überführt werden können, aber auch ein Verbleib im alten System wird wohl möglich sein. Hier lohnt es sich, die Entwicklung genau zu beobachten und zu prüfen, ob ein Wechsel für deinen Vertrag sinnvoll ist.
Rürup-Rente: Stabilität für die Basisvorsorge
Bei der Rürup-Rente (oder Basisrente), die vor allem für Selbstständige und Gutverdiener konzipiert ist, sind die Änderungen im Koalitionsvertrag weniger spektakulär. Das Grundprinzip bleibt unangetastet: Beiträge können in erheblichem Umfang steuerlich abgesetzt werden (im Jahr 2025 bis zu einem Höchstbetrag von 27.565 Euro für Ledige bzw. 55.130 Euro für Verheiratete, wovon 100% als Sonderausgaben abzugsfähig sind). Die Besteuerung erfolgt dafür später, in der Auszahlungsphase im Alter.
Da der persönliche Steuersatz im Rentenalter meist niedriger ist als während des aktiven Berufslebens, ergibt sich hieraus ein signifikanter Steuerspareffekt über die Laufzeit. Die nachgelagerte Besteuerung ist der Kernvorteil der Rürup-Rente. Änderungen an der Struktur oder den Förderbedingungen sind im aktuellen Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. Was sich allerdings planmäßig fortsetzt, ist der Anstieg des Besteuerungsanteils der Rürup-Renten. Wer 2025 in Rente geht, muss 85% seiner Rürup-Rente versteuern. Dieser Anteil steigt jährlich an, bis im Jahr 2040 neu beginnende Renten zu 100% steuerpflichtig sind. Das mindert den Vorteil der nachgelagerten Besteuerung leicht, aber für die meisten bleibt Rürup eine attraktive Säule der Altersvorsorge, gerade wegen der hohen steuerlichen Absetzbarkeit in der Ansparphase.

Neue Förderinstrumente: Altersvorsorgedepot und Frühstart-Rente
Neben der Riester-Reform plant die Koalition die Einführung ganz neuer Instrumente zur Förderung der privaten Altersvorsorge. Besonders spannend klingt das "staatlich geförderte Altersvorsorgedepot", das ab 2026 parallel zur (reformierten) Riester-Rente angeboten werden soll.
Die Idee: Du zahlst selbst Geld ein, und der Staat gibt einen Zuschuss von 20 Prozent oben drauf, bis zu einer maximalen Förderung von 600 Euro pro Jahr (was einer Eigenleistung von 3.000 Euro entspricht). Das eingezahlte Geld kann flexibel angelegt werden – in ETFs, Aktien oder auch Immobilienfonds. Der Clou: Anders als bei Riester gibt es hier keine Kapitalgarantie. Das bedeutet höheres Risiko, aber eben auch die Chance auf höhere Renditen. Für junge Leute unter 25 soll es einen einmaligen Startbonus von 200 Euro geben, und für jedes kindergeldberechtigte Kind eine jährliche Zulage von 300 Euro. Klingt nach einer modernen, kapitalmarktorientierten Alternative, die vor allem für Anleger mit längeren Anlagehorizonten und höherer Risikobereitschaft interessant sein könnte.
Zusätzlich ist eine "Frühstart-Rente" geplant. Hier soll der Staat für jedes schulpflichtige Kind (zwischen 6 und 18 Jahren) monatlich 10 Euro in ein spezielles Depot einzahlen. Dieses Kapital soll über die Jahre am Kapitalmarkt arbeiten. Ab dem 18. Geburtstag kann das Kind (oder die Eltern) das Depot dann selbst weiter besparen. Die Erträge sollen bis zur Auszahlung im Rentenalter steuerfrei bleiben. Das Ziel ist klar: Schon früh einen Grundstein für die Altersvorsorge legen und den Zinseszinseffekt maximal nutzen. Ein kleiner Betrag, der über Jahrzehnte aber eine beachtliche Summe ergeben kann.
Und noch eine Neuerung, die zwar nicht direkt die Anlage betrifft, aber die finanzielle Situation im Alter verbessern soll: die "Aktivrente". Rentner, die über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, sollen künftig bis zu 2.000 Euro pro Monat steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Das soll einen Anreiz schaffen, länger aktiv zu bleiben und gleichzeitig die Rente aufzubessern.
Investmentfonds: Abschied vom Fondsprivileg und die Folgen
Ein Thema, das viele Anleger schon seit der Investmentsteuerreform 2018 beschäftigt, ist die Besteuerung von Fonds und ETFs. Der Koalitionsvertrag ändert hier nichts Grundlegendes an der aktuellen Systematik, bestätigt aber den Status quo. Das alte "Fondsprivileg", bei dem Gewinne aus dem Verkauf von Fondsanteilen nach einer Haltefrist steuerfrei waren, ist Geschichte.
Für Anteile, die du vor dem 1. Januar 2009 gekauft hast (sogenannte Alt-Anteile), gab es einen Bestandsschutz, der jedoch zum 31. Dezember 2017 endete. Die bis dahin aufgelaufenen Gewinne blieben steuerfrei. Alle Wertsteigerungen seit dem 1. Januar 2018 sind jedoch bei Verkauf steuerpflichtig. Um eine übermäßige Belastung auf einen Schlag zu vermeiden, gibt es einen persönlichen Freibetrag von 100.000 Euro speziell für die Gewinne aus diesen Alt-Anteilen, der bei Verkauf greift.
Für alle Fondsanteile (alte und neue) gilt seit 2018 die sogenannte Vorabpauschale. Das ist eine Art vorweggenommene Besteuerung von erwarteten zukünftigen Erträgen, die jährlich anfällt, auch wenn du den Fonds gar nicht verkaufst. Sie wird auf Basis eines Basiszinses (abgeleitet von der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen) berechnet und mit der tatsächlichen Wertentwicklung des Fonds im Jahr verrechnet. Die gezahlte Vorabpauschale wird dann beim späteren Verkauf der Fondsanteile auf den steuerpflichtigen Gewinn angerechnet. Dieses System sorgt für eine laufende Besteuerung, auch bei thesaurierenden Fonds, und ist steuerlich komplexer als die alte Regelung. Der Koalitionsvertrag hält an diesem System fest.
Immobilien: Wenig Bewegung bei Steuern
Für Immobilienbesitzer und Vermieter bringt der Koalitionsvertrag wenig direkte Änderungen. Die Grunderwerbsteuer, die beim Kauf einer Immobilie fällig wird und je nach Bundesland zwischen 3,5% und 6,5% liegt, bleibt unangetastet. Forderungen nach einer Senkung, etwa für Erstkäufer von selbstgenutztem Wohneigentum, wurden nicht umgesetzt.
Für Vermieter bleibt die steuerliche Situation ebenfalls weitgehend stabil. Mieteinnahmen müssen weiterhin als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert werden. Kosten für Erhaltungsaufwand oder Modernisierungen können weiterhin steuerlich geltend gemacht werden. Die Möglichkeit, energetische Sanierungsmaßnahmen über mehrere Jahre steuerlich abzusetzen, bleibt ebenfalls bestehen. Große Steuererleichterungen oder -verschärfungen im Immobilienbereich sind dem Koalitionsvertrag also nicht zu entnehmen.

Deine Checkliste: Was solltest du jetzt tun?
Die Änderungen sind vielfältig, aber was heißt das nun konkret für dich? Hier ein paar Punkte, die du auf deine To-Do-Liste setzen könntest:
- Riester-Vertrag prüfen: Wenn du einen Riester-Vertrag hast, behalte die Reform im Auge. Prüfe ab 2026, ob ein Wechsel in das neue System mit flexibleren Garantien und potenziell niedrigeren Kosten für dich Sinn ergibt.
- Sparer-Pauschbetrag optimieren: Stelle sicher, dass du deinen Freibetrag von 1.000 Euro (Single) bzw. 2.000 Euro (Verheiratete) optimal nutzt. Richte Freistellungsaufträge bei deinen Banken/Brokern ein oder hole dir zu viel gezahlte Steuern über die Steuererklärung zurück.
- Neues Altersvorsorgedepot vormerken: Klingt das neue staatlich geförderte Depot interessant für dich? Informiere dich über die Details, sobald sie verfügbar sind (voraussichtlich ab 2026), und überlege, ob es deine bestehende Altersvorsorge sinnvoll ergänzen kann.
- Alt-Fondsanteile im Blick behalten: Hast du noch Fondsanteile von vor 2009 im Depot? Sei dir bewusst, dass Gewinne seit 2018 steuerpflichtig sind (oberhalb des 100.000 Euro Freibetrags bei Verkauf). Berücksichtige das bei deiner langfristigen Finanzplanung.
- Steuerliche Vorteile nutzen: Prüfe, ob Produkte mit nachgelagerter Besteuerung wie die Rürup-Rente oder steueroptimierte Anlageformen (z.B. bestimmte Versicherungsmäntel, auch wenn diese oft hohe Kosten haben) für deine Situation passen, um die Steuerlast in der Ansparphase zu senken.
Fazit: Evolution statt Revolution, aber mit Handlungsbedarf
Der Koalitionsvertrag 2025 bringt für Privatanleger keine radikalen Umbrüche wie eine massive Erhöhung der Abgeltungssteuer, aber doch eine Reihe signifikanter Anpassungen und neuer Instrumente. Die Beibehaltung des Soli auf Kapitalerträge und die geplante Änderung bei der Dividendenbesteuerung können zu Mehrbelastungen führen. Demgegenüber stehen vielversprechende Reformen bei der Riester-Rente und neue, potenziell renditestarke Förderinstrumente wie das Altersvorsorgedepot.
Es zeigt sich einmal mehr: Die politischen Rahmenbedingungen für deine Geldanlage sind im Fluss. Es lohnt sich, informiert zu bleiben und die eigene Strategie regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Die neuen Regelungen bieten sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Nutze die Informationen, um deine Finanzen optimal aufzustellen und das Beste aus den neuen Gegebenheiten zu machen. Bleib am Ball – dein zukünftiges Ich wird es dir danken.
Unser Tipp: Bei Scalable Capital kannst Du rund 2000 ETFs von iShares, Lyxor, Xtrackers, WisdomTree und Amundi von 7:30 bis 23 Uhr für nur 0,99 € handeln und dauerhaft kostenlos besparen. Monatliche Sparraten schon ab 1 €.
Mehr zum Thema:
deutschlandpolitik