Die Welt in der Gaskrise: Diese ETFs und Aktien profitieren
Ob man nun Rohstoff- und Gas-Titel im Depot hat oder nicht: Der Gasmangel und die daher enorm gestiegenen Preise machen sich bei jedem bemerkbar, der mit Gas heizt oder Warmwasser erwärmt. Was für viele Deutsche ein Leid ist, sorgt bei vielen Aktien und ETFs für Jubelsprünge - aber bei welchen?
Warum steigen die Gaspreise enorm an?
Diesem Punkt möchten wir uns nur kurz als Einleitung widmen, denn mittlerweile dürfte den meisten Menschen klar sein, dass der Ukraine-Krieg sowie die daraus resultierenden eingestellten russischen Gaslieferungen verantwortlich für die Lage am Energiemarkt sind. Europa und speziell Deutschland hat nach 16 Jahren Bundeskanzlerin Merkel vollends verschlafen, sich von einem autokratischen Staat, in dessen Natur liegt, nicht sonderlich verlässlich zu sein, unabhängig zu machen.
Das Ergebnis dieser fehlgeleiteten Energiepolitik Europas, das sowieso schon rohstoffarm ist, lässt sich unschwer erkennen. Nordstream 2 wird höchstwahrscheinlich nie in Betrieb gehen, das darin investierte Geld ist verloren. Durch Nordstream 1 kommt aktuell gar kein Gas mehr nach Deutschland, vorher nur wenig. Die Folge: Die Bundesrepublik musste massiv frei verfügbares Gas am öffentlichen Markt kaufen, um überhaupt eine fortwährende Energieversorgung sicherzustellen. Dieser massive Nachfrageschub bei zugleich enorm verknapptem Angebot, durch die ausgebliebenen russischen Lieferungen, führte in der Spitze zu massiven Preissteigerungen.
Weil auch andere Rohstoffe knapp sind, wie beispielsweise Öl, entstanden am Energiemarkt massive Verteuerungen. Was viele kleine und mittelständische Firmen bereits an die Grenze des Ruins und teilweise zu Produktionsstopps zwang, war das Glück anderer Unternehmen - insbesondere den großen Ölkonzernen, Gaslieferanten, Anbietern solcher Infrastruktur und LNG-Lieferanten. Dieser Artikel soll daher beleuchten, wie Anleger von der Gaskrise profitieren. Ein Hinweis zum Abschluss: Die Gaskrise hat bereits voll Fahrt aufgenommen, die größten wahrscheinlichen Verteuerungen sind schon geschehen. Wer erst jetzt investieren möchte, sollte sich vor Augen halten, dass die großen Kursgewinner der Energiekrise durchaus auch wieder deutlich abgeben könnten, sofern sich die Energiekrise nicht weiter verschärft oder sogar an Brisanz verliert.
Breitgestreut in den Energiemarkt investieren - mit passenden ETFs
Im Energiesektor agieren Unternehmen mehr oder weniger als effektiver Hebel auf die Energiepreise, wie es auch bei beispielsweise Goldminern der Fall ist. Schon verhältnismäßig kleine Bewegungen, insbesondere bei Öl, können also zu größeren Kursausschlägen führen. Die Schwergewichte der Branche gelten trotzdem als ausgesprochen profitable und robuste Unternehmen, mit geringerer Marktkapitalisierung steigert sich die Volatilität aber deutlich.
Indem du statt in einzelne Unternehmen lieber in breitgestreute ETFs investiert, kannst du dir diese Vorteile zu Nutze machen:
- du erhältst einen großen Korb aus Unternehmen und gehst damit dem Einzelrisiko aus dem Weg, wobei sich die Diversifikation innerhalb einer Branche natürlich in Grenzen hält
- Energieunternehmen sind meist großzügige Dividendenausschütter, mit einem ETF erhältst du eine 30 % Freistellung auf die Dividendenerträge des ETFs, was sich lohnt, wenn du mit anderen Ausschüttungen schon die 801-Euro-Freigrenze knackst
- du musst dir keine Sorgen um Rebalancing machen, falls ein Wert besonders gut und ein anderer gerade eher schlecht läuft
- je nach Kostenstruktur deines Depots, sparst du dir mit einem ETF mitunter Transaktionskosten gegenüber mehreren Einzelaktienkäufen
SPDR S&P U.S. Energy Select Sector UCITS ETF (ISIN: IE00BWBXM492)
Wie der Name des ETF schon darstellt, sind hier ausschließlich US-Werte enthalten. Das sind keinesfalls nur reine Gasanbieter, was am Markt aber auch seltener der Fall ist. "Big Oil" profitiert, da sie meist ebenfalls im Gasgewerbe tätig sind, nicht weniger von der Gaskrise, zumal diese automatisch direkte Auswirkungen auf den Ölpreis hat.
Der ETF enthält 21 Titel, darunter alle großen Namen der USA, wie Exxon, Chevron, ConocoPhillips, EOG und Occidental. Mit einer TER von 0,15 % sind die Kosten zudem überschaubar.
Wie gut diese Werte laufen, zeigt ein Blick auf den Performance-Chart. Da kommt der ETF im laufenden Jahr bereits auf +87 %, im Jahr 2021 auf +64 %. Ein Teil der Kursgewinne ist auch dem schwachen Euro zu verdanken. Dass es durchaus ganz schnell auch ganz anders laufen kann, zeigen die weiteren Jahre:
- 2020: -39 %
- 2019: +13 %
- 2018: - 14 %
- 2017: -13 %
Die Öl- und Gasgiganten sind also keinesfalls ein Garant für Rendite - und du solltest stets bedenken, wie gut sie die letzten zwei Jahre bereits gelaufen sind.
iShares Oil & Gas Exploration & Production UCITS ETF USD (Acc) (ISIN: IE00B6R51Z18)
Es gibt hier einige Überschneidungen zum ersten ETF, wobei ein großer Unterschied hier ist, dass sich der ETF speziell auf Förderer konzentriert. Die meisten der Big Oil Unternehmen fehlen also, zudem gibt es keine Beschränkung auf die USA. Trotzdem enthält der ETF 70 % US-Werte, danach kommt Kanada auf 17 % und Australien auf 8 %.
Mit einer TER von 0,55 % ist der ETF ein gutes Stück teurer, dafür hat er eine breitere Streuung und enthält 70 Werte. Selbstverständlich sind diese ebenfalls exzellent gelaufen. Selbst wenn man 2020 als Corona-Jahr inkludiert, stehen auf 3-Jahressicht 29,52 % p.a. oder 117 % Rendite insgesamt. Erneut war der schwache Euro hier vorteilhaft.
Förderunternehmen und solche mit eigenen Explorationsvorhaben gelten als risikobehafteter. Die Volatilität ist erfahrungsgemäß also höher als beim ersten ETF, der zu einem guten Teil aus den alteingesessenen und hochprofitablen Big Oil Konzernen besteht.
iShares STOXX Europe 600 Oil & Gas UCITS ETF (DE) (ISIN: DE000A0H08M3)
Möchtest du deine Gaskrise-Investitionen lieber nur auf Europa konzentrieren, kommt dieser ETF als Option in Frage. Er enthält 20 Werte, darunter natürlich die europäischen Big Oil Konzerne, wobei allein Shell rund 30 % vom ETF einnimmt, danach kommt das französische Total mit 16 % und UK-BP mit 15 %. Außerdem sind mit Equinor (Norwegen), Eni (Italien), Neste (Finnland), Vestas (Dänemark) und Repsol (Spanien) noch viele weitere europäische Länder in den Top-10 vertreten. Deutschland nicht, denn wir haben hier keine großen (im internationalen Vergleich) Öl- oder Gasunternehmen.
Obgleich viele dieser Unternehmen gut liefen, stehen hier nur jeweils 21 % im laufenden Jahr sowie im Jahr 2021 als Rendite zu Buche. Die Gründe dafür sind striktere Vorschriften und beispielsweise Übergewinnsteuern in Europa, aber auch der Umstand, dass der ETF in Euro geführt wird und daher keine Währungsgewinne zu verzeichnen hat. Die Dividenden werden ausgeschüttet und beziffern sich aktuell auf 3,60 % Dividendenrendite.
Doch lieber in Einzelaktien investieren?
Du kannst dir alternativ einen eigenen Mix zusammenstellen, wenn du dich wegen der Gaskrise zum Beispiel nur auf Unternehmen beschränken willst, die den Großteil ihres Geschäfts mit Gas statt Öl machen. Das haben alle ETFs gemeinsam: Da sie Öl und Gas zusammenwerfen, beanspruchen die Ölkonzerne stets den Löwenanteil des ETF. Mit Einzelaktieninvestitionen hast du mehr Freiheiten, aber auch viel mehr Aufwand und je nachdem wie viele Werte du dir holst, mitunter ein höheres Risiko.
Wir stellen dir nachfolgend einige Aktien vor, die direkt von der Gaskrise profitieren beziehungsweise das schon getan haben. Dabei konzentrieren wir uns bewusst auf solche Titel, die hauptsächlich ihr Geld mit Gas verdienen und ignorieren die Big Oil Konzerne, welche aber ebenfalls Profiteure der Gaskrise sind.
Vermillion Energy Inc
Das Unternehmen, das nur auf eine Marktkapitalisierung von rund 3,5 Milliarden US-Dollar kommt, ist im Gassektor trotzdem ein Schwergewicht - nicht zuletzt aufgrund der geopolitisch exzellenten Förderanlagen vorwiegend in den USA und Kanada. Vermillion musste zudem, anders als viele andere Gasunternehmen, keine hohen Russlandabschreibungen vornehmen. Mit einem KGV von 6 ist das Unternehmen aktuell nicht teuer bewertet, aber es hat auch schon starke positive Kursbewegen mitgemacht. Im laufenden Jahr steht fast eine Kursverdopplung zu Buche, seit dem Tiefpunkt in der Corona-Krise hat sich der Kurs um den Faktor 11 gesteigert.
Wer hier früh genug einstieg, hat also alles richtig gemacht. Wer jetzt noch einsteigt, muss auf weiterhin hohe Gaspreise hoffen, idealerweise für mehrere Jahre. Eben diese sind im Unternehmen nämlich bereits eingepreist. Bei fallenden Gaspreisen würde aus dem KGV von 6 sonst schnell ein KGV von 20 bis 30 werden, was natürlich mit entsprechenden Abwärtsbewegungen im Kurs einhergehen wird.
EOG Ressources
EOG ist so etwas wie ein Dauerbrenner unter Value-Investoren. Das 80 Milliarden US-Dollar schwere Unternehmen aus Houston Texas fördert Öl, vor allem aber Gas in allen möglichen Zuständen. Daher profitiert es auch direkt von der gesteigerten LNG-Nachfrage. Das Unternehmen ist aber ebenso ein enormer Zykliker, wie die Kursbewegungen zeigen: 2014 stand die Aktie bei 116 US-Dollar, 2016 halbierte sie sich, bis 2018 verdoppelte sie sich wieder, während der Corona-Lockdowns ging es runter auf 36 US-Dollar, nun steht EOG wieder bei 135 US-Dollar. Wer hier investiert benötigt also, trotz der stattlichen Größe des Unternehmens, starke Nerven und einen langen Atem. Besser wäre, sie antizyklisch zu kaufen.
Selbiges kann man übrigens über diese Aktien sagen, die ebenfalls als Profiteure der Gaskrise hervorgingen:
- Pioneer Natural Resources Company
- Devon Energy
- Equinor ASA
- Dynagas
- Gaslog
- Cheniere
- Enel
Um eine gründliche Analyse und Due Diligence dieser Werte wirst du nicht herumkommen - besonders bei Dynagas und den in der Liste nachfolgenden Titeln, da diese aufgrund ihres engen Fokus und der geringen Marktkapitalisierung ausgesprochen anfällig für enorme Kursausschläge und oftmals entsprechend hoch verschuldet sind.
Fazit
Mit ETFs (Exchange Traded Funds) kann man von steigenden Gas-Preisen profitieren. ETFs sind börsengehandelte Fonds, die einen Index wie den Gaspreis-Index (GMI) abbilden. ETFs sind eine gute Möglichkeit, an steigenden Gas-Preisen zu partizipieren, da sie ein geringeres Risiko haben als Futures oder Aktien. ETFs sind an der Börse handelbar und können jederzeit gekauft und verkauft werden. Sie bieten Anlegern die Möglichkeit, von steigenden Gaspreisen zu profitieren, ohne das Risiko einer direkten Investition in Gas-Futures oder Gas-Aktien einzugehen. Wer auf fallende Gas Preise setzen will (shorten), kann dies ebenfalls mit ETFs abbilden.
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