Mit Factor Investing eine höhere Rendite bei ETFs erzielen?
factorfactor investingDr. Gerd Kommersmall capmomentumvalue
Investierst Du in ETFs, geht es darum, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Mit Factor Investing kannst Du auf renditebestimmende Faktoren schauen und einen ETF danach auswählen. Das ermöglicht eine breite Streuung und eine höhere risikobereinigte Rendite für das Portfolio.
Was ist Factor Investing?
Wenn Du ein ETF-Portfolio zusammenstellen möchtest, kann Factor Investing eine Möglichkeit sein, eine höhere risikobereinigte Rendite zu erzielen. Dabei solltest Du die wichtigsten Faktoren oder Faktorprämien kennen, die als statistisch identifizierbare Treiber von Risiko und Rendite in einer Anlageklasse gelten. Factor Investing wird häufig bei der Investition in Aktien genutzt, kann aber auch auf ETFs angewendet werden. Wenn Du noch neu im Thema ETFs bist, könnte unser ETF Ratgeber: Kompaktes Wissen für den schnellen Einstieg hilfreich sein.
Der Finanzexperte Dr. Gerd Kommer, Autor des Buches "Souverän investieren mit Indexfonds & ETFs"*, hat verschiedene Faktoren identifiziert, die ihn historisch überzeugt haben:
- Momentum: Unternehmen, die in der jüngeren Vergangenheit eine relativ hohe Rendite erzielt haben, tendieren dazu, auch in der Zukunft eine höhere Rendite zu erzielen. Dieser Faktor, auch als positive Renditedynamik bezeichnet, hat sich insbesondere in Zeiten hoher Volatilität als effektiv erwiesen. Der Momentum-Faktor bleibt eine der beliebtesten Strategien, da er in den letzten Jahren, insbesondere nach der Corona-Krise, starke Erholungen gezeigt hat.
- Value: Günstig bewertete Unternehmen, sogenannte Substanzwertaktien, haben tendenziell höhere Renditen als hoch bewertete Aktien. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis spielt hier eine wichtige Rolle. Der Value-Faktor hat sich in den letzten Jahren als besonders robust erwiesen, da viele Investoren in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit auf unterbewertete Unternehmen setzen.
- Quality: Unternehmen mit hoher Qualität, gemessen an Kennzahlen wie Eigenkapitalrendite, Gewinnwachstum und Verschuldungsgrad, erzielen tendenziell höhere Renditen. Der Quality-Faktor hat sich in Zeiten hoher Volatilität als stabil erwiesen und bleibt eine bevorzugte Strategie für Investoren, die auf langfristige Stabilität setzen.
- Small Cap oder Small Size: Kleinere Aktiengesellschaften haben tendenziell höhere Renditen als große Unternehmen. Der Anteil der Small Caps an der Marktkapitalisierung des Weltaktienmarktes liegt bei etwa 15 Prozent. In den letzten Jahren haben Small Caps jedoch eine erhöhte Volatilität gezeigt, was sie für risikobewusste Anleger weniger attraktiv macht.
- Political Risk: Aktien, die einem hohen politischen Risiko ausgesetzt sind, wie etwa in Schwellenländern, bieten tendenziell höhere Renditen, gehen jedoch auch mit erhöhter Volatilität einher. Dieser Faktor hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, da geopolitische Spannungen und Handelskonflikte zugenommen haben.
Smart-Beta-ETFs, die auf diesen Faktoren basieren, werden häufig empfohlen. Diese ETFs bilden alternative, speziell gewichtete Indizes nach und können dividendenstarke, unterbewertete oder schwankungsarme Aktien enthalten. Sie eignen sich besonders für die kurz- oder mittelfristige Erweiterung eines ETF-Portfolios. Wenn Du auf der Suche nach einem passenden Broker bist, könnte unser Online Broker Vergleich 2025 eine gute Anlaufstelle sein.
Factor Investing als passives Investieren
Dr. Gerd Kommer bezeichnet die Faktoren beim Factor Investing auch als Faktorprämien. Der Begriff "Prämie" rührt daher, dass Du als Anleger mit dem richtigen ETF eine Zusatzrendite erzielen kannst. Durch das mechanische, disziplinierte Übergewichten dieser Faktoren kannst Du gegenüber dem Gesamtmarkt eine Zusatzrendite nach Kosten und Steuern erzielen.
Factor Investing ist eine Form des passiven Investierens. Du wählst nicht gezielt einzelne Aktien aus, sondern investierst in einen ETF, der einen Index abbildet. Der Unterschied zum traditionellen passiven Investieren besteht darin, dass die Wertpapiere im Portfolio nicht nur nach der Marktkapitalisierung, sondern auch nach den beschriebenen Faktoren gewichtet werden. Dies ermöglicht es, gezielt von bestimmten Marktanomalien zu profitieren. Wenn Du mehr über die Funktionsweise von ETFs erfahren möchtest, empfehlen wir Dir unseren Artikel Was ist ein ETF und wie funktioniert er?.
Schwankungspotential der Faktoren
Factor Investing ist nicht für ETFs geeignet, die langfristig in Deinem Portfolio verbleiben sollen, ohne dass Du sie regelmäßig überprüfst. Die einzelnen Faktoren haben ein Schwankungspotential und sind nur über bestimmte Perioden aktiv. Es kann passieren, dass sich einige Faktoren über Jahre oder Jahrzehnte negativ entwickeln. Über einen hinreichend langen Zeitraum kannst Du jedoch von einer positiven Prämie ausgehen. Kurz- und mittelfristig können die Prämien jedoch stark schwanken. Beispielsweise hat der Momentum-Faktor in den letzten Jahren starke Schwankungen gezeigt, konnte sich jedoch nach Krisenphasen wie der Corona-Krise schnell erholen.
Factor Investing richtig verstehen
Beim Factor Investing ist es wichtig, die einzelnen Faktoren richtig zu verstehen, wenn Du in einen entsprechenden ETF investieren möchtest. Die Faktoren sind nicht additiv und können sich gegenseitig beeinflussen. Die Rendite von mehreren Faktorprämien lässt sich nicht einfach addieren. Die Wechselwirkungen zwischen den Faktoren können positiv oder negativ sein. Zwei gegebene Prämien weisen in der Regel eine Korrelation von weniger als eins auf, was zu einer risikosenkenden Diversifikation führen kann. Es ist wichtig, den eingeschlagenen Kurs beizubehalten, auch wenn sich die Prämien über einen längeren Zeitraum negativ entwickeln. Irgendwann können sich diese Prämien wieder in eine positive Richtung umkehren. Beispielsweise hat der Value-Faktor in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt, nachdem er in den 2010er Jahren unterdurchschnittlich abgeschnitten hatte. Wenn Du Dich für automatisierte Anlagestrategien interessierst, könnte auch ein Robo Advisor Vergleich für Dich interessant sein.
In Factor-ETFs investieren
Mit Smart-Beta-ETFs oder Factor-ETFs kannst Du zumindest kurzfristig den Markt übertreffen. Du musst nicht selbst eine Analyse nach den verschiedenen Faktoren vornehmen, sondern lediglich die geeigneten ETFs auswählen. Hier sind einige Beispiele:
Xtrackers MSCI World Momentum Factor UCITS ETF 1C, ISIN IE00BL25JP72, WKN A1103G
Dieser ETF folgt der Momentum-Strategie und bildet den MSCI World Momentum Index nach. Er enthält Aktien aus 23 Industrieländern, die sich durch ein hohes Kursmomentum auszeichnen. Vorrangig sind Titel enthalten, die in den letzten sechs oder zwölf Monaten Kursanstiege verzeichnet haben. Der ETF ist sparplanfähig und hat eine Gesamtkostenquote von 0,25 Prozent. Die Fondsgröße liegt bei 308 Millionen Euro. Der Fonds repliziert physisch durch optimiertes Sampling. Er wurde im September 2014 aufgelegt. Die Volatilität für ein Jahr wird mit 28,75 Prozent angegeben, was als hoch gilt. Der Fonds ist thesaurierend. Während der Corona-Krise im März 2020 rutschte die Rendite stark ab, konnte sich jedoch schnell erholen und liegt aktuell bei 18,80 Prozent. Der Momentum-Faktor bleibt eine der besten Strategien für Investoren, die auf kurzfristige Kursgewinne setzen.
Xtrackers MSCI World Quality Factor UCITS ETF 1C, ISIN IE00BL25JL35, WKN A1103D
Dieser ETF folgt der qualitätsbasierten Anlagestrategie und bildet den MSCI World Sector Neutral Quality Index ab. Er enthält Aktien aus 23 Industrieländern, die sich durch einen hohen Qualitätsfaktor auszeichnen. Die Auswahl der Indexbestandteile erfolgt nach drei gleich gewichteten Hauptindikatoren für die Qualität von Unternehmen:
- hohe Eigenkapitalrendite
- stabiles Gewinnwachstum
- geringer Verschuldungsgrad
Der ETF ist sparplanfähig und hat ein Volumen von 294 Millionen Euro. Die Gesamtkostenquote beträgt 0,25 Prozent. Auch hier erfolgt die Replikation physisch durch optimiertes Sampling. Der Fonds wurde im September 2014 aufgelegt. Die Volatilität für ein Jahr liegt bei 27,74 Prozent, was ebenfalls als hoch gilt. Der ETF ist thesaurierend. Während der Corona-Krise musste der Fonds einen starken Kursverlust hinnehmen, konnte sich jedoch nicht so schnell erholen wie der Momentum-ETF. Die Rendite liegt aktuell bei 6,99 Prozent. Der Quality-Faktor bleibt eine bevorzugte Strategie für Investoren, die auf langfristige Stabilität und Qualität setzen.
Alternativ kannst Du auch in ein Weltportfolio investieren, das verschiedene Factor-ETFs enthält. Ein solches Portfolio bietet eine breite Diversifikation und enthält ETFs mit Aktien aus Industrie- und Schwellenländern, die nach unterschiedlichen Faktoren ausgewählt wurden. Diese Diversifikation kann helfen, das Risiko zu senken und gleichzeitig von den verschiedenen Faktorprämien zu profitieren. Wenn Du zusätzlich nach einer sicheren Geldanlage suchst, könnte unser Festgeld Vergleich für Dich interessant sein.
Fazit: Factor Investing bringt Rendite
Mit Factor Investing kannst Du ETFs nach verschiedenen Faktoren wie Value, Momentum, politisches Risiko oder Quality auswählen. Diese Faktoren bedingen sich gegenseitig und bieten eine Möglichkeit, kurzfristig oder mittelfristig den Markt zu übertreffen. Die einzelnen Faktoren entwickeln sich nicht immer positiv und können kurzfristig auch Verluste verursachen. Ein breites Diversifizierungsportfolio, das verschiedene Factor-ETFs enthält, bleibt eine attraktive Option, um das Risiko zu senken und höhere Renditen zu erzielen. Die Volatilität solcher ETFs ist hoch, was bedeutet, dass kurzfristig hohe Verluste möglich sind. Diese Verluste können jedoch durch Kursanstiege wieder ausgeglichen werden. Factor Investing bietet eine attraktive Möglichkeit, durch gezielte Gewichtung von Faktoren eine höhere Rendite zu erzielen, insbesondere in Zeiten hoher Volatilität. Wenn Du regelmäßig über neue Entwicklungen informiert werden möchtest, abonniere unseren kostenlosen ETF-Newsletter.
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