Einkommen jenseits der Dividende: Covered Call ETFs & Risiken für Ihr Depot

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Covered Call ETFs locken mit Ausschüttungen, die Dividenden weit übertreffen. Doch dieser hohe Cashflow ist kein Geschenk: Anleger tauschen potenzielles Kurswachstum gegen sofortiges Einkommen. Eine Strategie mit erheblichen Risiken, die Sie vor einem Investment unbedingt kennen sollten.

Einkommen jenseits der Dividende: Covered Call ETFs & Risiken für Ihr Depot

Einkommen jenseits der Dividende: Covered Call ETFs und ihre Risiken für Ihr Depot

Dividenden sind für viele Anleger das Salz in der Suppe. Ein regelmäßiger Cashflow, der direkt aufs Konto fließt – was will man mehr? Doch in den letzten Jahren hat sich ein neuer, schillernder Akteur auf die Bühne der Einkommensstrategien gedrängt: der Covered Call ETF. Mit Versprechen von Ausschüttungsrenditen, die oft bei 7 %, 8 % oder sogar über 10 % pro Jahr liegen, ziehen sie Anleger an wie das Licht die Motten.

Diese Produkte klingen fast zu gut, um wahr zu sein. Ein passives Einkommen, das die klassische Dividende weit in den Schatten stellt? Bevor du jetzt dein ganzes Depot umschichtest, lass uns einen kühlen Kopf bewahren. Denn wie bei jeder verlockenden Finanzstrategie gibt es auch hier einen Preis. Covered Call ETFs sind kein magischer Geldautomat, sondern ein komplexes Instrument mit einem ganz spezifischen Kompromiss. Sie tauschen potenzielles Kurswachstum gegen sofortigen Cashflow. In diesem Artikel zerlegen wir die Mechanik, beleuchten die Chancen und nehmen vor allem die Risiken unter die Lupe, die du kennen musst, bevor du auch nur einen Cent investierst.

Die Mechanik entzaubert: Was steckt eigentlich in einem Covered Call ETF?

Um zu verstehen, wie diese ETFs funktionieren, müssen wir sie in ihre zwei Hauptkomponenten zerlegen. Im Kern ist ein Covered Call ETF erst einmal ein ganz normaler Aktien-ETF. Er kauft und hält einen Korb von Aktien, der einen bestimmten Index wie den S&P 500, den NASDAQ 100 oder den DAX abbildet. Soweit, so bekannt.

Jetzt kommt der entscheidende Kniff: die Optionsstrategie. Zusätzlich zum Halten der Aktien verkauft der ETF-Manager regelmäßig Call-Optionen (Kaufoptionen) auf die Aktien im Portfolio. Und genau hier entsteht das zusätzliche Einkommen.

Lass uns das kurz aufdröseln:

  1. Die Aktienbasis: Der ETF besitzt die Aktien, zum Beispiel 100 Stück von Unternehmen X. Das ist der „Covered“-Teil der Strategie. Die Position ist „gedeckt“, weil der ETF die Aktien tatsächlich besitzt, über die er eine Vereinbarung trifft.
  2. Der Optionsverkauf: Der ETF-Manager verkauft nun eine Call-Option auf diese 100 Aktien. Eine Call-Option gibt dem Käufer das Recht (aber nicht die Pflicht), die Aktien zu einem vorher festgelegten Preis (dem „Strike-Preis“) bis zu einem bestimmten Datum (dem „Verfallstag“) zu kaufen.
  3. Die Prämie: Für den Verkauf dieses Rechts erhält der ETF eine sofortige Zahlung, die sogenannte Optionsprämie. Diese Prämie ist der Gewinn, den der ETF macht, und sie wird unabhängig davon eingenommen, was der Aktienkurs danach tut. Diese gesammelten Prämien sind die Quelle für die hohen Ausschüttungen des ETFs.

Stell es dir wie das Vermieten deiner Wohnung vor. Du besitzt die Wohnung (die Aktie). Du vermietest sie für einen Monat und bekommst dafür Miete (die Prämie). Du hast sofortiges Einkommen. Was aber, wenn jemand während dieses Monats anklopft und dir anbietet, die Wohnung für einen Preis zu kaufen, den du vor einem Monat für fair gehalten hast (der Strike-Preis)? Du müsstest verkaufen, selbst wenn die Immobilienpreise in der Zwischenzeit durch die Decke gegangen sind. Du hast deine Miete bekommen, aber den potenziellen Mega-Gewinn verpasst. Und genau das ist der zentrale Kompromiss bei Covered Call ETFs.

Die Verlockung des Cashflows: Warum diese ETFs so populär sind

Der Hauptgrund für die Beliebtheit dieser Produkte liegt auf der Hand: die beeindruckend hohen Ausschüttungen. Während ein klassischer S&P 500 ETF vielleicht eine Dividendenrendite von 1,5 % abwirft, locken Covered Call Pendants mit 8 % oder mehr. Für Anleger, die auf regelmäßiges Einkommen angewiesen sind – etwa im Ruhestand – ist das natürlich eine extrem attraktive Zahl.

Dieser stetige Geldfluss hat einen weiteren Vorteil: Er kann in bestimmten Marktphasen als Puffer dienen. In Seitwärtsmärkten, in denen die Kurse monatelang kaum vom Fleck kommen, spielen Covered Call ETFs ihre Stärke voll aus. Während ein normaler Aktien-ETF stagniert, generieren sie durch den Verkauf von Optionen weiterhin fleißig Prämien. Das Ergebnis: eine Outperformance gegenüber dem Basis-Index.

Auch in leicht fallenden Märkten können sie einen Vorteil bieten. Die eingenommenen Prämien federn einen Teil der Kursverluste ab. Fällt der Markt beispielsweise um 5 %, dein Covered Call ETF hat aber 2 % an Prämien eingenommen, beträgt dein Nettoverlust nur noch 3 %. Das klingt nach einer defensiveren Strategie, die Verluste mildert und in unsicheren Zeiten für Stabilität sorgt. Doch dieser Schutz hat klare Grenzen, wie wir gleich sehen werden.

Der Preis der Prämie: Die Risiken und Nachteile im Detail

Die hohen Ausschüttungen sind kein Geschenk. Sie sind eine Kompensation für ein erhebliches Risiko bzw. einen Verzicht. Wer in Covered Call ETFs investiert, muss sich der folgenden Nachteile absolut bewusst sein.

1. Die Wachstumsbremse: Gekapptes Kurspotenzial
Dies ist der größte und wichtigste Nachteil. In einem starken Bullenmarkt, wenn die Aktienkurse kräftig steigen, wirst du mit einem Covered Call ETF nur zusehen können, wie die Party an dir vorbeizieht. Warum? Wenn der Aktienkurs über den Strike-Preis der verkauften Call-Option steigt, wird der Käufer der Option sein Recht ausüben. Der ETF ist dann gezwungen, die Aktie zum niedrigeren Strike-Preis zu verkaufen.

Ein Beispiel: Der ETF hält eine Aktie, die bei 100 € notiert. Er verkauft eine Call-Option mit einem Strike-Preis von 105 €. Dafür kassiert er 2 € Prämie. Steigt die Aktie nun auf 120 €, muss der ETF sie für 105 € verkaufen. Der maximale Gewinn ist auf die Kurssteigerung bis 105 € plus die Prämie von 2 € begrenzt. Den satten Gewinn von 105 € auf 120 € verpasst der ETF komplett. Langfristig führt diese Deckelung dazu, dass Covered Call ETFs in der Gesamtrendite (Kursgewinne + Ausschüttungen) fast immer schlechter abschneiden als ein einfacher ETF auf denselben Index.

2. Kein Schutz bei fallenden Kursen
Der Puffer durch die Optionsprämien ist trügerisch. Er funktioniert bei leichten Korrekturen, aber nicht bei einem echten Crash. Ein Covered Call ETF ist und bleibt ein Aktieninvestment. Fällt der Markt um 30 %, wird auch dein Covered Call ETF um einen ähnlichen Betrag fallen. Die vielleicht 2-3 % an eingenommenen Prämien sind dann nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Du nimmst das Abwärtsrisiko also fast vollständig mit, verzichtest aber auf einen Großteil des Aufwärtspotenzials. Das ist ein asymmetrisches Risikoprofil, das man mögen muss.

3. Die Abhängigkeit von der Volatilität
Die Höhe der Optionsprämien ist direkt von der erwarteten Marktschwankung (Volatilität) abhängig. In turbulenten Zeiten mit hoher Volatilität sind die Prämien hoch, das Einkommen sprudelt. In ruhigen, stabilen Marktphasen mit niedriger Volatilität sinken die Prämien jedoch empfindlich. Die versprochenen 8 % Ausschüttung sind also keinesfalls garantiert. Sie können auch auf 4 % oder 5 % fallen, was die Strategie deutlich weniger attraktiv macht.

4. Höhere Kosten und Komplexität
Das Management einer Optionsstrategie ist aufwendiger als das simple Halten von Aktien. Das schlägt sich in den Kosten nieder. Während ein Standard-ETF auf einen großen Index oft nur 0,05 % bis 0,20 % pro Jahr kostet, liegen die Gesamtkostenquoten (TER) von Covered Call ETFs häufig zwischen 0,4 % und 0,7 %. Diese höheren Gebühren fressen zusätzlich an deiner Rendite.

Für wen sind diese ETFs also geeignet – und für wen nicht?

Nachdem wir die Vor- und Nachteile beleuchtet haben, lässt sich ein klares Anlegerprofil zeichnen. Covered Call ETFs könnten eine sinnvolle Beimischung für dich sein, wenn:

  • Du primär auf Einkommen angewiesen bist: Du befindest dich im Ruhestand oder kurz davor und benötigst einen regelmäßigen, hohen Cashflow aus deinem Portfolio, um deine Lebenshaltungskosten zu decken.
  • Du auf langfristiges Wachstum verzichten kannst: Du bist dir bewusst, dass du in Bullenmärkten eine deutlich schlechtere Performance erzielen wirst und akzeptierst das im Tausch gegen das laufende Einkommen.
  • Du von einem Seitwärtsmarkt ausgehst: Deine Markterwartung ist, dass die Kurse in den nächsten Jahren eher stagnieren als stark steigen werden. In diesem Szenario können Covered Call ETFs ihre Stärken ausspielen.

Du solltest die Finger von diesen Produkten lassen, wenn:

  • Du einen langen Anlagehorizont hast: Bist du unter 50 und baust noch Vermögen auf, ist die Begrenzung des Kurspotenzials Gift für deinen Zinseszinseffekt. Ein klassischer, kostengünstiger Welt-ETF ist hier auf lange Sicht fast immer die überlegene Wahl.
  • Du auf maximales Wachstum aus bist: Dein Ziel ist die höchstmögliche Gesamtrendite. Dann ist der Verzicht auf die Kursgewinne in starken Marktphasen nicht akzeptabel.
  • Du ein einfaches, unkompliziertes Portfolio bevorzugst: Die Funktionsweise ist komplex und die Performance stark von der Marktphase abhängig. Wenn du eine "Set-it-and-forget-it"-Lösung suchst, sind sie ungeeignet.

Fazit: Rendite-Booster oder Wachstumsbremse?

Covered Call ETFs sind weder ein Wundermittel noch Teufelszeug. Sie sind ein spitzes Werkzeug für einen ganz bestimmten Zweck: die Maximierung des laufenden Einkommens auf Kosten des potenziellen Kapitalwachstums. Die hohen Ausschüttungsrenditen werden nicht aus dem Nichts erschaffen, sondern sind im Grunde eine Auszahlung zukünftiger Kursgewinne, auf die man verzichtet.

Für den typischen, langfristig orientierten Privatanleger, der Vermögen aufbauen möchte, sind sie in den meisten Fällen die falsche Wahl. Der langfristige Performance-Verlust durch die gekappten Kursgewinne wiegt den Vorteil des höheren Cashflows nicht auf. Für eine kleine Nische von einkommensorientierten Anlegern in einer bestimmten Lebensphase können sie jedoch eine interessante Ergänzung im Portfolio sein.

Die wichtigste Erkenntnis lautet: Verstehe den Kompromiss. Wenn dir ein Angebot zu gut erscheint, um wahr zu sein, dann ist es das meistens auch. Oder besser gesagt: Du bezahlst dafür an einer anderen Stelle. Im Fall der Covered Call ETFs bezahlst du mit deinem zukünftigen Wachstumspotenzial. Wäge also genau ab, ob dieser Tausch für deine finanzielle Situation und deine Ziele wirklich sinnvoll ist.

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