Tabak-Aktien: Sterbende Branche oder attraktive Value-Chancen?
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Rauchen ist zwar Gift für die Gesundheit, das hat die Menschheit aber bisher nicht davon abgehalten Milliarden dafür auszugeben. Für Anleger stellt sich bei Tabak-Aktien daher die Frage: Langsam aussterbende Branche oder Value-Chance? Wir geben dir einige Beispiele!
Wie viel gibt die Branche überhaupt noch her?
Das hört sich schon fast nach Untergangsstimmung an, tatsächlich sieht es im Markt des blauen Qualms aber weitaus besser aus, als man in Anbetracht des scheinbar konsequent steigenden Umwelt- und Gesundheitsbewusstseins anfänglich vermuten würde. Value-Investoren-Legende Warren Buffett, der in den 1980er-Jahren mit Berkshire noch zu den weltweit größten Anlegern in der Tabakindustrie zählte, sagte einmal so treffend, frei übersetzt:
"Eine Zigarette kostet zwar nur einen Penny in der Herstellung, lässt sich dafür aber zu einem Dollar verkaufen - simultan machen sie süchtig und die Markenbindung in der Industrie ist exzellent".
Selbstverständlich ist das etwas überzogen, denn weder in den 80er- noch in heutigen Jahren kostet eine Zigarette einen Dollar oder Euro. Trotzdem ist die Tabakindustrie ein exzellentes Beispiel für ein Verbrauchermonopol. Die Margen der Zigarettenhersteller sind für eine Schachtel oder einen Beutel Drehtabak nicht minder hoch als früher - aus dem einfachen Grund, dass die Zahl der Hersteller sowieso überschaubar ist. Müssen die Hersteller höhere Steuern zahlen, und die steigen tatsächlich konsequent an, dann verteuern sie einfach ihre Schachteln - und sind genauso schlau wie vorher, der Staat etwas reicher und die Raucher wieder etwas ärmer.
Der Blick über Deutschland hinaus
Die Bundesrepublik sieht sich zwar selbst gern als moralischer Vorreiter und Nabel der Welt, für den weltweiten Tabakumsatz gibt das hierzulande wiedererwachte Gesundheits- und Umweltbewusstsein aber bestenfalls eine Randnotiz her. Interessanter sind aus Sicht der Tabakunternehmen nämlich andere Länder, wie diese (Quelle: Statista) Statistik aus dem Jahr 2020 beweist.
Demnach wird allein in China und Indien so viel geraucht wie im Rest der Welt zusammen. Deutschland hat aktuell, je nach Quelle, rund 12 bis 14 Millionen Raucher. In China sind es rund 300 Millionen, in Indien rund 275 Millionen und in Indonesien etwa 80 Millionen. Ob Deutschland raucht oder nicht, ist für deine Aktie im Depot also ziemlich irrelevant - und das lässt sich generell auf die größeren westlichen Länder übertragen.
Noch dazu arbeitet die Tabak-Industrie aktuell an einer Renaissance: Weg vom klassischen Glimmstängel, hin zu elektronischen Alternativen, die etwas weniger schädlich sein sollen - wird zumindest behauptet. Um etwaige Gesundheitsrisiken soll es dir als Anleger aber nicht gehen, denn wenn du dich für eine Aktie aus dem Tabaksegment interessierst, dann wirst du wahrscheinlich sowieso nicht vorhaben, dein Depot zum moralischen Vorzeige-Primus zu transformieren.
Damit kommen wir zur nächsten Frage: Welche Aktie aus der Tabak-Branche ist aus Investorensicht interessant?
Philip Morris International (ISIN: US7181721090)
Philip Morris ist der größte Zigarettenhersteller der Welt, beschäftigt rund 73.000 Mitarbeiter und existiert in seiner jetzigen Form erst seit der Ausgliederung von Altria im Jahr 2008. Seither ist Altria, zu der Aktie kommen wir gleich noch, für den US-Markt zuständig, während Philip Morris sich um die Nikotinsucht vom Rest der Welt kümmert.
Mit Marlboro gehört Philip Morris zudem die weltweit am bekanntesten und am meisten verkaufte Zigarettenmarke überhaupt. Auch andere Größen wie Chesterfield und L&M gehören dem Konzern. Außerdem gilt PMI als Vorreiter der Heatsticks, hierfür relevant ist die Marke IQOS.
Die Aktie kommt aktuell auf eine Marktkapitalisierung von rund 152 Milliarden US-Dollar, was einem P/E von 17 und einem forward P/E von rund 14 entspricht. Wie quasi jeder andere Tabakproduzent ebenso, ist PMI ein zuverlässiger Dividendenzahler, aktuell kommt die Aktie auf eine Dividendenrendite von rund 5 %. Zum Zeitpunkt dieses Artikels steht der Kurs bei knapp 100 US-Dollar, das Gros der Analysten sieht noch Potenzial bis gemittelt 112 US-Dollar.
British American Tobacco BAT (ISIN: GB0002875804)
Der Konzern mit Sitz in London zählt ebenfalls zu den größten und wichtigsten Tabakkonzernen der Welt - und ist Marktführer in mehr als 50 Ländern. Im Jahr 2017 kaufte das Unternehmen den Wettbewerber R.J. Reynolds Tobacco, der in den 80er-Jahren übrigens fast die Hälfte von Berkshire Hathaway ausmachte.
Zu den bekanntesten Marken gehören Pall Mall, Lucky Strike, Dunhill und der Feintabak Javaanse Jongens. Außerdem führt das Unternehmen mit "Vogue" eine auf Frauen spezialisierte Marke mit dünneren und sanfteren Zigaretten. E-Zigaretten werden unter dem Namen Vuse (vorher Vype) vermarktet, wobei der Anteil der Heatsticks am Unternehmenserfolg bisher noch weitaus überschaubarer als bei PMI ist. Trotzdem: Aktuellen Prognosen nach soll das Segment der elektronischen Zigaretten schon 2024 profitabel sein, nachdem bisher immer 2025 als Ziellinie angestrebt wurde.
Die Tabak-Aktie hat eine Marktkapitalisierung von 84 Milliarden US-Dollar und ein P/E von rund 10. Die Dividende ist mit etwa 7 bis 8 % ausgesprochen üppig. Erwähnenswert ist außerdem, dass Insider fast 5 % der Aktien halten. Analysten sehen bei BAT noch deutliches Aufwärtspotenzial von gemittelten rund 23 %. Zudem halten mehr als 90 % der Analysten ein "Buy-Rating".
Ein weiterer interessanter Umstand für dich als Anleger: Trotz dem vermeintlichen Untergang des Rauchens stieg der operative Gewinn im aktuellen Jahr gegenüber dem Vorjahr um 4,6 %, für 2023 werden aktuell weitere 5 % angestrebt. Auf Aktienrückkäufe will das Unternehmen zunächst zu Gunsten weiterer Dividendensteigerungen verzichten. Der FCF von BAT dürfte noch viele Jahre ausreichen, um weiter eine konstante oder steigende Dividende zu zahlen.
Altria Group (ISIN: US02209S1033)
Altria hat eine Marktkapitalisierung von rund 83 Milliarden US-Dollar und ein aktuelles P/E von 48 - aufgrund erheblicher Abschreibungen. Im nächsten Jahr soll es wieder um die 9 betragen. Die Dividendenrendite beträgt etwa 8 % und das Unternehmen ist, wie bereits im Abschnitt zu PMI dargelegt, für den US-Markt der beiden miteinander verwebten Konzerne verantwortlich.
Anders als bei den beiden eben genannten Kandidaten, sehen Analysten bei Altria aktuell kein Aufwärts-, sondern weiteres Abwärtspotenzial. Dem aktuellen Kurs von rund 47,50 US-Dollar stehen erwartete Kurse von rund 39 US-Dollar gegenüber. Altria hält außerdem eine signifikante Beteiligung an der elektronischen Zigarette JUUL - die dem Konzern bisher aber alles andere als Glück, sondern eine Abschreibung von 4,5 Milliarden US-Dollar einbrachte. Grund waren Ermittlungen der US-Behörden im Zusammenhang mit Todesfällen.
Im Vergleich zu PMI und BAT spricht daher aktuell nur sehr wenig für Altria als Erweiterung deines Depots um eine Tabak-Aktie.
Vector Group (ISIN: US92240M1080)
Vorweg: Die Vector Group ist kein Tabakkonzern, sondern vermischt auf eigenwillige Art und Weise Immobiliengeschäfte mit denen rund um den Tabak. Die Unternehmensgruppe bündelt unter ihrem Dach sowohl das Unternehmen Vector Tobacco als auch die Ligget Group - und dazu noch Castle Brands (zu Teilen) und die New Valley LLC.
Das Unternehmen ist damit fast ein Mischkonzern nach japanischem Vorbild, auch wenn die Marktkapitalisierung von rund 2 Milliarden US-Dollar das nicht widerspiegelt. An dieser Stelle dennoch überraschend: Mit der Liggett Group gehört der Unternehmensgruppe der viertgrößte Zigarettenhersteller in den USA - wobei Marken wie "Ligget Select" oder "Eagle 20s" kaum irgendeine nennenswerte Bekanntheit genießen.
Mit Castle Brands mischt der Konzern noch in der Spirituosenherstellung mit, New Valley kümmert sich um Immobilien und Bauprojekte. Das einigermaßen heillose Durcheinander ist aus Anlegersicht daher nur zu empfehlen, wenn du einen besonders tiefen Einblick in das Unternehmen und seine teils völlig unterschiedlichen Geschäftszweige hast.
Imperial Brands (ISIN: GB0004544929)
Widmen wir uns also wieder den leichter greif- und fassbaren Tabakkonzernen, wie an dieser Stelle das britische Unternehmen Imperial Brands. Denen gehört übrigens auch die deutsche Reemtsma Cigarettenfabriken. Zu den bekannten Marken gehören beispielsweise Gauloises und Gitanes, der Rest ist eher weniger bekannt - zumindest nicht über Deutschlands Landesgrenzen hinaus. Hierzulande dürften Raucher noch Davidoff, Cabinet, R6 oder West kennen. Mit Drum und John Player führt das Unternehmen aber noch weitere nennenswerte Tabakwaren.
Der Konzern hatte zuletzt eine Dividendenrendite von rund 7,6 % bei einem P/E von rund 7. Wie auch andere Tabakkonzerne, hält Imperial Brands an steigenden Dividenden fest. Analysten sehen aktuell noch ein überschaubares Kurspotenzial von wenigen Prozentpunkten. Die E-Zigarettenmarke bei Imperial Brands heißt blu, hat aber kaum Marktanteile. Trotzdem ist der Konzern eine Größe in Europa - auch wenn sein aktuelles Potenzial nicht an das vom direkten inländischen Wettbewerber BAT heranreicht.
Swedish Match
Über Swedish Match gibt es nichts mehr zu sagen, zumindest nicht aus Anlegersicht. Das Unternehmen darf von Philip Morris gekauft werden, die Aktie ist nicht mehr handelbar. Wer die Aktie schon hatte, wird kurzfristig mit dem vereinbarten Übernahmepreis entschädigt.
Universal Corporation (ISIN: US9134561094)
Universal Corp., nicht zu verwechseln mit dem Unternehmen in Hollywood, kommt auf eine Marktkapitalisierung von rund 1,5 Milliarden US-Dollar und liefert die Rohmaterialien für die Zigaretten, also primär die Tabakblätter. Das Unternehmen hat ein P/E von rund 13 und zahlt eine Dividende entsprechend rund 6 %. Analysten berücksichtigen die Micro- beziehungsweise Small-Cap-Tabak-Aktie kaum und auch sonst bist du besser und sicherer beraten, wenn du dich auf die Big Tobacco Konzerne fokussierst. Zumal der Konzern keinerlei Möglichkeit hat vom aufstrebenden E-Zigaretten-Markt zu profitieren.
Potenzielle Risiken bei Tabakaktien
Eine Investition in Tabakaktien birgt verschiedene Risiken, darunter:
- Regulatorische Risiken: Die Tabakindustrie unterliegt strengen gesetzlichen Vorschriften und regulatorischen Maßnahmen, die sich negativ auf die Geschäftsentwicklung auswirken können. Neue Gesetze und Vorschriften können die Herstellung, den Verkauf und die Werbung für Tabakprodukte einschränken, was zu einem Rückgang der Umsätze und Gewinne führen kann.
- Gesundheitsrisiken: Tabakprodukte sind bekanntermaßen schädlich für die Gesundheit und können zu verschiedenen schwerwiegenden Erkrankungen führen, darunter Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atemwegserkrankungen. Die Zunahme des Gesundheitsbewusstseins und die verstärkten Bemühungen zur Bekämpfung des Tabakkonsums können zu einem Rückgang der Nachfrage nach Tabakprodukten führen.
- Marktrisiken: Der Tabakmarkt ist sehr wettbewerbsintensiv, und Tabakunternehmen stehen oft unter starkem Druck, ihre Marktanteile zu verteidigen oder zu erweitern. Neue Konkurrenten, Änderungen der Verbrauchergewohnheiten und Trends können zu einem Rückgang der Umsätze und Gewinne führen.
- Finanzielle Risiken: Tabakunternehmen können auch finanziellen Risiken ausgesetzt sein, wie z.B. einem Anstieg der Rohstoffpreise, schwankenden Wechselkursen, steigenden Zinsen oder Inflation.
- Reputationsrisiken: Tabakunternehmen können auch unter Reputationsschäden leiden, wenn sie in Verbindung mit gesundheitsschädlichen Produkten stehen. Dies kann zu einem Rückgang der Investorenstimmung und des Aktienkurses führen.
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