MSCI World Quality ETF: Überperformer in Krisenzeiten?
Die Daseinsberechtigung vom MSCI World Quality Index liegt schon im Namen: Der übergeordnete World-Index wird bei diesem untergeordneten Index nach drei Kriterien weitergefiltert - um Anlegern eine Auswahl an Aktien zu bieten, die fundamental durch ihre Qualität bestechen - aber lohnt sich das?
Wie setzt sich der MSCI World Quality Index zusammen?
Warum in den MSCI World Quality, statt einfach in den World-Index investieren? Faktor-ETFs heißen deshalb so, weil sie die Auswahl eines großen Index weiter konkretisieren, indem sie bestimmte Voraussetzungen an die darin aufgenommenen Werte und damit Unternehmen stellen. Das macht auch der MSCI World Quality Index, der getreu seines Namens besonders auf die fundamentale Qualität eines Unternehmens achtet. Das hört sich zunächst einmal gut an und impliziert schon eine "bessere" Aufstellung als der "einfache" MSCI World, der sich strikt nach Marktkapitalisierung zusammensetzt und gewichtet.
In der Praxis stellt der Indexbetreiber drei Kriterien voran, die ein Unternehmen erfüllen muss, um in diesem Quality-Index zu landen:
- ein hoher Anteil der Unternehmensgewinne muss den Anteilseignern zugutekommen
- eine möglichst niedrige Schuldenquote
- verhältnismäßig geringe Gewinnschwankungen
Alle drei Kriterien erhalten eine identische Gewichtung zu jeweils rund 33 %. Zudem müssen alle drei Qualitätskriterien erfüllt sein, um in dem Index und damit später in einem dazugehörigen ETF zu landen. In der Praxis zeigt sich der Effekt dieser Filterung relativ deutlich: Fasst der übergeordnete MSCI World Index ein wenig mehr als 1.500 Titel, kommt der MSCI World Quality Index nur noch auf rund 300 Werte. Die "weggefilterten" 1.200 Werte entsprechen also nicht mehr den obigen fundamentalen Qualitätskriterien.
Auswirkungen des Faktors in der Praxis
Es liegt nahe den MSCI World und den MSCI World Quality Index nachfolgend konsequent weiter zu vergleichen. Das möchten wir für dich an dieser Stelle machen. Wie bereits im vorherigen Abschnitt dargelegt, stehen die Fundamentaldaten bei dem Qualitätsfaktor wesentlich deutlicher im Fokus.
Folglich richtet sich unser Blick zunächst einmal auf die zuletzt vom Indexanbieter ermittelten Bewertungskennzahlen:
Die Werte im übergeordneten MSCI World kommen im Mittel aktuell (Stand 30. November 2022) auf:
- eine Dividendenrendite von 2,08 %
- ein KGV von 17,98
- ein Forward-KGV von 15,92
- ein Preis-/Buchwertverhältnis von 2,84
Nun vergleichen wir diese Werte mit dem MSCI World Quality Index, um den es in diesem Artikel geht:
- da gibt es eine Dividendenrendite von 1,74 %
- ein KGV von 19,59
- ein Forward-KGV von 20
- ein Preis-/Buchwertverhältnis von 6,18
Erstaunlicherweise zeigt sich an dieser Stelle also ein Bild, was die meisten Anleger so wahrscheinlich nicht erwartet hätten: Die Bewertungsniveaus sind im MSCI World Quality Index konsequent schlechter/höher. Die geringfügigere Dividendenrendite werden die meisten Anleger leicht verkraften können, zumal das Gros der dazugehörigen ETFs Erträge sowieso thesauriert.
Trotzdem zeigt sich auch, dass die Titel im Qualitätsindex ein deutlich höheres aktuelles KGV haben als auch den Prognosen entsprechend im kommenden Jahr haben werden. Noch dazu zahlen Anleger für die Buchwerte einen weitaus höheren Multiplikator als im "einfachen" übergeordneten Index.
Vorweg: Das muss nicht zwangsläufig schlecht sein. Es zeigt lediglich, dass die Anleger solche vermeintlichen Qualitätsaktien im Mittel höher bewerten beziehungsweise gewillt sind für diese einen Bewertungsaufschlag zu zahlen. Damit wird im selben Atemzug die Abgrenzung gegenüber anderen Faktor-ETFs deutlich, wie beispielsweise dem "Value-Index". Dieser stellt Aktien mit (höchstwahrscheinlich) günstiger Bewertung zusammen. Das ist beim MSCI World Quality Index aber nicht der Fall: Er widmet sich Unternehmen, die ein grundsolides operatives Geschäft und entsprechend robuste Gewinne und Bilanzen haben. Die Bewertung solcher Unternehmen spielt dabei aber keine Rolle!
Welche Unterschiede gibt es in der Performance?
Hinsichtlich des Bewertungsniveaus zeigt sich also: Die Titel im MSCI World Quality Index sind tendenziell teurer bewertet. Nun geht es im nächsten Schritt darum festzustellen, ob und falls ja, wie stark sich das auf die Performance auswirkt.
Wir vergleichen weiterhin mit dem übergeordneten World-Index, wofür wir uns den vom Indexanbieter bereitgestellten historischen Daten bedienen. Diese zeichnen folgendes Bild:
- seit Auflegung beider Indizes (30. Juni 1994) generierte der Quality-Index annualisierte Renditen von 11,08 %
- der übergeordnete World-Index nur von 7,76 % p.a.
- in den letzten 10 Jahren stehen beim Quality-Index 12,13 % p.a., beim übergeordneten Index 10,12 %
- in den vergangenen 5 Jahren generierte der World-Index 7,90 %, der Quality-Index 10,67 %
- in den letzten 3 Jahren: Quality: 9,42 %, der MSCI World 8,04 %
Bis dato hat der Qualitätsfaktor in der Praxis also durchweg performt - höhere Bewertungsniveaus hin oder her. So ziemlich zu jedem beliebigen Anlagezeitpunkt in der Vergangenheit schlägt der MSCI World Quality Index seinen übergeordneten großen Bruder. Dadurch erklären sich, zumindest teilweise, auch die höheren Bewertungsniveaus: Der Index hatte einfach seit jeher sehr gute Unternehmen gebündelt, die wiederum stark performten und für die Anleger generell höhere Bewertungen akzeptieren.
In der Überschrift dieses Beitrags stellten wir uns die Frage, ob dieser Index geeignet ist, um eine möglichst gute Depot-Performance in Krisenzeiten sicherzustellen. Nach dem historischen Performancevergleich oben, schauen wir nun also die jüngere Vergangenheit an, die spätestens seit dem Corona-Ausbruch Anfang des Jahres 2020 von einer Krise in die nächste jagte.
Betrachtet man die vergangenen 12 Monate, generierte der Qualitätsindex einen Verlust von 15,17 %. Der breiter gestreute World-Index hingegen nur von 10,42 %. In den letzten drei Monaten stehen bei beiden aufgerundet etwa 5 % Verlust zu Buche, was aber auch stark von den tagesaktuellen Kursen abhängig ist.
Ebenso zeigt sich in den letzten zwei Jahren: Vermeintliche Qualitätsunternehmen kommen vielleicht operativ besser durch die Krise, in den Portfolios von Anlegern macht sich das aber nicht bemerkbar. Die Gründe dafür sind naheliegend: Die bereits hohen Bewertungsniveaus, die solche Unternehmen in diesem Index teilweise über Jahrzehnte aufbauten, bieten zugleich eine größere Fallhöhe. Das zeigte sich vor allem von Beginn bis (fast) zum Ende des Jahres 2022. In der Zeit korrigierten die Kurse weltweit, allen voran durch die hohe Inflation und die Antwort der Notenbanken darauf, die deutlich und mehrfach das Zinsniveau erhöhten. Trotz starker Fundamentaldaten, büßten die Werte im MSCI World Quality Index überdurchschnittlich ein und machten Anleger damit, Qualität hin oder her, gar nicht glücklich.
Zusammensetzung des Index
Mit weniger Werten gibt es (meistens) auch eine geringere Diversifikation. Das zeigt sich bereits in dem Anteil, den die Top-10 im World- und im Quality-Index einnimmt. Sind es beim großen World-Index nur rund 15 %, stehen beim Quality-Faktor-ETF hingegen etwas mehr als 25 % zu Buche. Das Klumpenrisiko dahingehend steigt also.
Aus geografischem Blickwinkel sind die Unterschiede marginal. In beiden Indizes nimmt die USA rund 70 % ein, Europa kommt im Qualitätsindex auf etwas mehr als 22 %, im größeren World-Index nur auf rund 18 %. Der Asien-Anteil ist dafür im Qualitätsindex wesentlich niedriger. Zur Erinnerung: Der World-Index nimmt ausschließlich Titel aus Industrienationen auf, Schwellenländer wie China oder Indien spielen also bei beiden Indizes keine Rolle.
Wenn wir uns die Top-10 anschauen, gibt es geringfügige Unterschiede:
- Spitzenwert im MSCI World Quality Index ist Home Depot mit knapp 5 %, gefolgt von Microsoft, Apple, J&J und Nestle
- im World-Index führt Apple das Feld an, gefolgt von Microsoft, Amazon, Alphabet und UnitedHealth Group
Die Gewichtung im MSCI World Quality Index findet folglich nicht mehr strikt nach Marktkapitalisierung statt, weshalb Apple auch nicht der Spitzenreiter da ist. Eine weitere Auffälligkeit, die die unterschiedliche Ausrichtung beider Indizes unterstreicht: Amazon erfüllt nicht die Qualitätskriterien bei der Fundamentalanalyse, um überhaupt in den MSCI World Quality Index aufgenommen zu werden. Der E-Commerce- und Cloud-Riese mag zwar eine gute Performance abliefern, die eingangs erwähnten drei Kriterien kann er aber mindestens teilweise nicht erfüllen.
Weitere Unterschiede werden in der Branchenzusammensetzung deutlich:
- im großen World-Index sind 19 % Tech-Aktien, 15 % solche aus dem Finanzsektor und 14 % aus dem Gesundheitswesen
- im MSCI World Quality Index ist der Finanzsektor mit 17 % Spitzenreiter, danach Technologie mit 16 % und das Gesundheitswesen mit 14 %
Einige der Tech-Aktien, wie eben beispielsweise Amazon, fallen also heraus, wodurch sich auch der Anteil der Tech-Aktien am Index insgesamt reduziert.
Wie kannst du in den MSCI World Quality Index investieren?
- der iShares Edge MSCI World Quality Factor UCITS ETF ist der Vorreiter, hat eine TER von 0,30 %, eine TD von 0,12 % und ein Fondsvermögen von mehr als 2 Milliarden Euro
- der Xtrackers MSCI World Quality UCITS ETF existiert noch nicht so lange, ist mit einer TER von 0,25 % und TD von 0,05 % etwas günstiger, die Fondsgröße beziffert sich auf rund 970 Millionen Euro
Fazit: Qualität ist kein Garant für eine Krisen-Rendite
Der historische Performancevergleich zeigte auf, dass der MSCI World Quality seinen großen Bruder auf lange Sicht teils deutlich outperformte. Gerade in der jüngsten Krisenzeit schwächelten seine Werte aber und hinterließen in den Depots der Anleger deutlich größere Verluste. Als kurzfristige Krisen-Spekulation ist der Index also nicht geeignet - aufgrund der langjährigen Überperformance kannst du dir aber überlegen, ob du ihn nicht dauerhaft ins Depot aufnehmen möchtest.
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