MSCI World in Wahrheit ein US-ETF?
Globale Streuung im MSCI World? Oft Fehlanzeige! Die starke US-Dominanz (>65%) birgt erhebliche Klumpenrisiken (Politik, Tech, Bewertung). Erfahre, warum dein Welt-ETF ein US-Schwergewicht ist & welche Alternativen wie der MSCI World ex USA sinnvoll sein können.

Das unsichtbare Übergewicht: Warum dein Welt-ETF eigentlich ein USA-ETF ist
Der Name „MSCI World“ klingt nach globaler Streuung, doch die Realität sieht anders aus. Die Gewichtung nach Marktkapitalisierung führt dazu, dass die größten Unternehmen den Index dominieren – und die sitzen nun mal überwiegend in den Vereinigten Staaten. Allein Apple, Microsoft, Nvidia und Amazon machen schon einen beträchtlichen Teil des Index aus. Diese Konzentration auf wenige, riesige Tech-Werte und eine einzige Volkswirtschaft schafft Abhängigkeiten, die man als Anleger kennen sollte.
Die Risiken sind vielfältig:
- Politische Unwägbarkeiten: Eine mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus und seine „America First“-Politik könnten zu neuen Zöllen und Handelsstreitigkeiten führen. Schon 2018/19 sorgten seine Maßnahmen für Nervosität an den Märkten. Unternehmen mit globalen Lieferketten oder starkem Exportgeschäft könnten empfindlich getroffen werden – und davon gibt es im MSCI World reichlich. Denk nur an Zölle auf europäische Autos oder weitere Spannungen mit China.
- Sektorales Risiko: Der Technologiesektor hat im MSCI World ein enormes Gewicht (oft über 25 %). Regulatorische Eingriffe, sei es in den USA oder der EU (Stichwort: Digital Markets Act), könnten gerade diese Giganten treffen und somit den gesamten Index belasten.
- Bewertungsrisiko: US-Aktien, insbesondere im Tech-Bereich, sind historisch hoch bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S&P 500 liegt oft deutlich über dem europäischer oder asiatischer Indizes. Eine Korrektur am US-Markt würde einen MSCI World ETF hart treffen.
- Währungsrisiko: Da der Großteil der Aktien im MSCI World in US-Dollar notiert, bist du als Euro-Anleger dem Wechselkursrisiko ausgesetzt. Ein fallender Dollar schmälert deine Rendite, auch wenn die Aktienkurse selbst steigen.
Natürlich haben US-Aktien in der Vergangenheit oft für satte Renditen gesorgt. Aber vergangene Performance ist keine Garantie für die Zukunft. Die Frage ist: Willst du wirklich einen so großen Teil deines Vermögens von den Launen einer einzigen Supermacht abhängig machen? Vielleicht ist ein ETF ohne USA-Anteil eine Überlegung wert.


Die Alternative: Was steckt im MSCI World ex USA?
Wenn dir das US-Risiko zu groß wird, liegt der Blick auf Indizes nahe, die US-Aktien bewusst ausschließen. Der bekannteste Vertreter ist der MSCI World ex USA. Wie der Name schon sagt, investiert dieser Index in Aktien aus Industrieländern – aber eben ohne die USA. Er umfasst über 800 Unternehmen aus 22 entwickelten Märkten.
Was bedeutet das konkret für die Zusammensetzung?
- Regionale Verschiebung: Statt der USA dominieren andere Regionen. Japan ist oft das größte Einzelland (um 20 %), gefolgt von Großbritannien, Kanada, Frankreich und der Schweiz. Europa insgesamt bekommt ein deutlich höheres Gewicht, oft über 50 %.
- Sektorale Anpassung: Der Technologiesektor schrumpft auf einen Anteil von vielleicht 10-15 %. Dafür gewinnen andere Branchen an Bedeutung, zum Beispiel Finanzwerte, Industriewerte und Gesundheitswesen. Das sorgt für eine andere Balance im Portfolio.
- Weniger Konzentration: Die Top-10-Unternehmen machen im MSCI World ex USA einen geringeren Prozentsatz des Gesamtindex aus als im Standard-MSCI-World. Die Streuung auf Unternehmensebene ist also tendenziell etwas besser.
Klingt erstmal gut, oder? Weniger USA, mehr Rest der entwickelten Welt, andere Sektoraufteilung. Bevor du aber jetzt dein ganzes Geld umschichtest, schauen wir uns die Sache genauer an.
Europa statt USA: Tauschst du nur ein Klumpenrisiko gegen ein anderes?
Die Medaille hat natürlich zwei Seiten. Indem du die USA ausklammerst, verlagerst du das Gewicht zwangsläufig auf andere Regionen. Im MSCI World ex USA ist das vor allem Europa, das dann gerne mal über die Hälfte des Index ausmacht. Kritiker wenden ein: Ist das wirklich eine bessere Diversifikation? Du reduzierst zwar das spezifische US-Risiko, erhöhst aber gleichzeitig deine Abhängigkeit von der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung in Europa.
Zudem sind die USA nicht ohne Grund der größte Kapitalmarkt der Welt. Sie beherbergen viele der innovativsten und wachstumsstärksten Unternehmen, gerade im Technologiesektor. Diese Dynamik fehlt dir im ex-USA-Portfolio möglicherweise. Historisch betrachtet hat der MSCI World ex USA daher oft schlechter abgeschnitten als sein großer Bruder mit US-Beteiligung. Zwischen 2014 und 2024 lag die durchschnittliche jährliche Rendite des MSCI World oft 2-4 Prozentpunkte über der des MSCI World ex USA.
Die Performance-Differenz ist kein Naturgesetz, aber sie zeigt: Der Ausschluss der USA hat in der Vergangenheit Rendite gekostet. Ob sich das in Zukunft ändert, hängt stark davon ab, wie sich die globalen Wirtschaftsräume entwickeln und ob die hohen Bewertungen in den USA tatsächlich zu einer längeren Underperformance führen.
Verfügbare ETFs und praktische Überlegungen
Wenn du dich für eine Investition in den MSCI World ex USA entscheidest, gibt es einige ETFs zur Auswahl. Hier ein paar Beispiele (Stand April 2025, Angaben können sich ändern):
- iShares MSCI World ex-USA UCITS ETF: Einer der größeren ETFs auf diesen Index, oft mit Domizil Irland (steuerlich vorteilhaft für deutsche Anleger bei Dividenden).
- Xtrackers MSCI World ex USA UCITS ETF: Ebenfalls eine beliebte Option, meist auch aus Irland.
- Amundi Index MSCI World ex USA UCITS ETF DR: Eine weitere Alternative, oft mit etwas günstigerer Kostenquote (TER).
Achte bei der Auswahl auf die üblichen Kriterien:
- Kosten (TER): Die Gesamtkostenquote sollte möglichst niedrig sein, meist liegen die ETFs um 0,15 % bis 0,25 % p.a.
- Replikationsmethode: Physisch (Aktien werden gekauft) oder synthetisch (Swap-basiert). Die meisten sind physisch replizierend.
- Fondsvolumen und Liquidität: Ein höheres Volumen und gute Handelbarkeit (Spread) sind vorteilhaft.
- Ertragsverwendung: Thesaurierend (Gewinne werden wiederangelegt) oder ausschüttend (Dividenden werden ausgezahlt).
- Fondsdomizil: Irland ist wegen des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA oft steuerlich günstiger für Dividenden aus enthaltenen (nicht-US) Aktien, die aber teils in USD gehandelt werden oder deren Firmen US-Geschäft haben. Auch wenn der ETF selbst keine *direkten* US-Aktien hält, können steuerliche Aspekte komplex sein. Für deutsche Anleger relevant ist auch die Teilfreistellung von 30 % auf Aktiengewinne sowie die Vorabpauschale.
Strategien zur Umsetzung: Beimischen statt komplett ersetzen?
Musst du dich jetzt komplett zwischen MSCI World und MSCI World ex USA entscheiden? Nicht unbedingt. Viele Anleger wählen einen Mittelweg: Sie behalten einen Basis-ETF auf den MSCI World (oder einen noch breiteren Index wie den FTSE All-World oder MSCI ACWI) und mischen einen ETF auf den MSCI World ex USA bei.
Damit kannst du das US-Übergewicht gezielt reduzieren, ohne komplett auf das Potenzial des US-Marktes zu verzichten. Wie hoch der Anteil des ex-USA-ETF sein sollte, hängt von deiner Risikobereitschaft und deiner Markteinschätzung ab. Eine Beimischung von 10 % bis 30 % kann das USA-Gewicht schon spürbar senken.
Beispiel:
- Portfolio 1 (Standard): 100 % MSCI World -> ca. 70 % USA-Anteil
- Portfolio 2 (Angepasst): 70 % MSCI World + 30 % MSCI World ex USA -> USA-Anteil sinkt auf ca. 49 % (70 % * 70 %) + 0 % = 49 %.
Diese Strategie erfordert allerdings etwas mehr Aufwand, da du zwei ETFs managen und gegebenenfalls Rebalancing betreiben musst, um die gewünschte Gewichtung beizubehalten.
Trump, Zölle & Co.: Wie real ist das politische Risiko?
Die Sorge vor politischen Verwerfungen, insbesondere im Zusammenhang mit den USA, ist nicht unbegründet. Die Präsidentschaftswahlen im November 2024 und eine mögliche zweite Amtszeit von Donald Trump könnten tatsächlich zu einer Neuauflage protektionistischer Politik führen. Denkbare Szenarien:
- Generelle Importzölle: Trump hat bereits einen pauschalen Zoll von 10 % auf alle Importe ins Spiel gebracht.
- Spezifische Zölle: Maßnahmen gegen China oder auch die EU (z.B. im Automobilsektor) sind denkbar.
- Schwächung internationaler Organisationen: Ein Rückzug aus Handelsabkommen oder Organisationen wie der WTO könnte die globale Unsicherheit erhöhen.
Solche Entwicklungen würden die Weltwirtschaft und damit auch die Aktienmärkte beeinflussen. Ein Portfolio mit geringerem US-Anteil *könnte* in einem solchen Szenario stabiler sein, da europäische und asiatische Unternehmen möglicherweise weniger direkt betroffen sind oder von Verlagerungen profitieren. Aber: Eine globale Handelskrise würde letztlich alle treffen. Auch Unternehmen im MSCI World ex USA sind oft international tätig und auf globale Lieferketten angewiesen.
Es ist eine Wette auf die Zukunft. Niemand weiß sicher, wie sich die Politik entwickelt und welche Auswirkungen sie haben wird. Eine Reduzierung des US-Klumpenrisikos kann aber als eine Art Versicherung gegen spezifische US-Risiken gesehen werden.
Fazit: Augen auf bei der ETF-Wahl – Diversifikation ist mehr als nur ein Label
Ein hoher USA-Anteil im Portfolio ist per se nichts Schlechtes, aber du solltest dir der damit verbundenen Konzentration und der spezifischen Risiken bewusst sein. Gerade in politisch und wirtschaftlich unsicheren Zeiten, mit Blick auf mögliche Handelskonflikte oder hohe Bewertungen am US-Markt, kann eine bewusste Reduzierung des US-Engagements sinnvoll sein.
ETFs auf den MSCI World ex USA bieten eine einfache Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen. Sie verlagern den Schwerpunkt auf andere Industrieländer wie Japan und die europäischen Staaten. Das reduziert zwar das USA-Risiko, schafft aber potenziell ein neues Übergewicht in Europa und hat in der Vergangenheit oft zu einer geringeren Rendite geführt.
Eine pragmatische Lösung kann die Beimischung eines ex-USA-ETF zu einem bestehenden Welt-ETF sein. So senkst du das Klumpenrisiko, ohne komplett auf die Chancen des US-Marktes zu verzichten. Achte bei der Auswahl des ETFs auf Kosten, Domizil und Replikationsmethode.
Letztendlich ist die Entscheidung eine individuelle Abwägung zwischen Renditeerwartung, Risikotoleranz und deiner persönlichen Einschätzung der globalen Wirtschaftslage. Es schadet aber definitiv nicht, die Zusammensetzung deines Portfolios kritisch zu hinterfragen und nicht blind dem Label "Welt-ETF" zu vertrauen.
Bleib wachsam und prüfe regelmäßig, ob deine Anlagestrategie noch zu deinen Zielen und den aktuellen Marktbedingungen passt. Diversifikation ist kein einmaliger Akt, sondern ein fortlaufender Prozess.
Bist du bereit, dein Portfolio zu überprüfen? Schau dir die Faktenblätter deiner ETFs genau an und überlege, ob eine Anpassung für dich sinnvoll ist. Bleib auf dem Laufenden – abonniere vielleicht einen Newsletter, der dich über solche Themen informiert.
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