Rüstungsindustrie ETF: Breitgestreut in Waffen und Kriegsgerät investieren?
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In die Rüstungsindustrie investieren - und von Kriegen und Verteidigung profitieren? Unabhängig des moralischen Standpunktes ist die größte Hürde, dass es im europäischen Raum gar keinen zugelassenen ETF dafür gibt. Wer ausländische Broker nicht scheut, hat aber eine anständige Auswahl.
Comeback der Rüstungsindustrie und Verteidigungshaushalte
Rüstungsaktien sind spätestens seit dem Einfall Russlands in die Ukraine zurück auf dem Radar vieler Anleger. Da reicht ein Blick auf die großen US-amerikanischen Vertreter: Lockheed Martin konnte seit Anfang 2022 einen Kurszuwachs von mehr als 25 % verbuchen, Raytheon kommt zwar nur auf magere rund 10 %, was angesichts der fallenden Kurse seit einem Jahr aber immer noch als positive Performance zu werten ist. Breitgestreute Zuwächse gab es zwar auch im Verteidigungssektor nicht, wie ein Blick auf den größten und bekanntesten Rüstungsindustrie-ETF, den iShares U.S. Aerospace & Defense ETF, zeigt, dennoch hielt dieser zumindest seinen Kurs - was angesichts der breiten Kursverluste an den Börsen Anleger immerhin nicht enttäuscht haben dürfte.
Ob du in Hersteller und deren Aktien investieren möchtest, die mit Munition, Waffen, Kriegsgerät und Co. ihr Geld verdienen, ist deine persönliche Entscheidung. Aus diesem Grund sparen wir uns an dieser Stelle auch den moralischen Zeigefinger und konzentrieren uns stattdessen auf die Fakten. Die sehen aus Sicht deutsche Anleger schon einmal dürftig aus. Es gibt keinen in Europa zugelassenen, breitgestreuten ETF für die Rüstungsindustrie. Wenn du dir einen solchen ETF ins Depot legen möchtest, bräuchtest du also einen ausländischen Broker, zum Beispiel Interactive Brokers.
Auch der iShares U.S. Aerospace & Defense ETF fällt selbstverständlich darunter. Wenn du versuchst, diesen bei einem deutschen Broker zu kaufen, wird dieser dich auf das fehlende Basisinformationsblatt hinweisen. Selbst wenn du Zugriff auf ausländische Marktplätze hast, ist ein Kauf (oder Verkauf) damit nicht möglich. Alternativ könntest du dir die größten Werte manuell nachbauen, das lohnt sich aber erst bei einem wenigstens fünfstelligen Kapitalbetrag, anderenfalls werden die Transaktionskosten für all die verschiedenen Werte (und deren Rebalancing) deine zu erwartende Rendite auffressen. Noch dazu erlauben einige Broker, wie beispielsweise die ING, gar keinen Aktienkauf von Waffenherstellern. Bei der Comdirect hingegen gilt diese Einschränkung beispielsweise nicht.
Was wäre in einem ETF der Rüstungsindustrie enthalten?
Allen voran natürlich jegliche Form von Rüstungsgütern, darunter Panzer, Flugzeuge, Boote, Waffensysteme und Waffen. Außerdem die notwendige Munition sowie unterschiedliche Technologien zur Überwachung oder Kommunikation, ebenso verschiedene Analysesoftwareunternehmen. Des Weiteren produzieren Militärunternehmen in der Regel ebenso unterschiedliche Güter für den Katastrophenschutz, zum Beispiel professionelles Gerät zum Einsatz in Hurrikan- und Überschwemmungsgebieten oder für den Einsatz in brennenden Umgebungen.
Die Rüstungsindustrie produziert also hauptsächlich Militärgerät, aber eben nicht ausschließlich. Beispiele dafür sind unter anderem 3M, Boeing oder Airbus, die allesamt zivile und Verteidigungsgüter produzieren oder entsprechende Basismaterialien und Technologien dafür bereitstellen.
Welche großen Rüstungskonzerne gibt es?
Natürlich stammen die größten Rüstungskonzerne der Welt aus den USA, die zugleich die größte und mächtigste Streitkraft der Welt und den größten Haushalt haben. Das ist insofern wichtig, weil der Hauptabnehmer und Finanzier der Rüstungsindustrie jeweils Staaten beziehungsweise Staatenbündnisse sind. Auch in der NATO ist aber jedes Land selbstständig für seinen Verteidigungshaushalt verantwortlich - was angesichts dessen, dass Deutschland die festgelegte Minimalgrenze quasi schon per Tradition nie erreicht, immer wieder zu Spannungen zwischen den USA, ihren Partnern und der Bundesrepublik führt.
Namhafte Rüstungsaktien und Unternehmen, die sich in einem passenden ETF wiederfinden würden, wären zum Beispiel:
- Lockheed Martin Corp.
- Raytheon Technologies
- Boeing
- General Dynamics Corp.
- Northrop Grumman Corp.
- BAE Systems
- L3Harris Technologies
... oder als deutscher Vertreter Rheinmetall. Auch bei dem deutschen Konzern mit Sitz in Düsseldorf zeigt sich, dass viele Rüstungsunternehmen nicht ausschließlich nur Waffen produzieren. Abseits vom Rüstungsgerät ist Rheinmetall unter anderem als Zulieferer für Industrieunternehmen tätig, insbesondere die deutsche Autoindustrie. Bei Rheinmetall gab es in den letzten 12 Monaten übrigens ebenfalls große Kursgewinne, von rund 90 Euro auf aktuell etwa 224 Euro. Das verdankt die Aktie nicht zuletzt dem Sondervermögen der Regierung in Höhe von 100 Milliarden Euro - das zu erheblichen Teilen eben bei Rheinmetall landen wird.
Welche Rüstungsindustrie-ETFs gibt es?
Den Platzhirsch, den iShares U.S. Aerospace & Defense ETF (ISIN: US4642887602), haben wir eingangs bereits erwähnt. Alternativen dazu wären unter anderem der Invesco Aerospace & Defence ETF (ISIN: US46137V1008) oder der SPDR S&P Aerospace & Defense ETF (ISIN: US78464A6313). Letzterer hat sogar ein Listing beim deutschen Handelsplatz Tradegate, was dir aber relativ wenig bringt, weil der Broker einen Handel aufgrund der fehlenden Zulassung und des Basisinformationsblatts trotzdem nicht zulassen wird. Handeln lässt sich dieser also nur über einen US-Broker wie Interactive Brokers.
Alle drei ETFs bilden ihre enthaltenen Aktien physisch ab und schütten die Dividenden sowie Erträge aus. Das ist zu erwarten, denn ein Argument für Rüstungsaktien ist im Regelfall auch die überdurchschnittlich hohe und meist sehr stabile Dividende. Rüstungskonzerne können, da ihr Auftraggeber in den meisten Fällen der Staat ist, ausgesprochen gut kalkulieren und planen, da sie so weniger stark den Entwicklungen am Markt unterliegen. Die Kostenquote variiert zwischen den ETFs zwischen 0,35 % und 0,61 %. Der Invesco-ETF wäre mit 0,61 % TER die teuerste Option und daher pauschal nicht zu empfehlen, wenn du dir einen Rüstungs-ETF über ausländische Broker ins Depot legen möchtest.
Die Zusammenstellung zwischen diesen ETFs ist weitgehend identisch. Im Platzhirsch von iShares befinden sich beispielsweise rund 40 Rüstungskonzerne, allesamt natürlich aus den USA.
Steigende Militärausgaben: Vorteil für Anleger?
Ein Blick in Erhebungen von SIPRI [1] zeigt, dass weltweit die Verteidigungskosten in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen sind. Die USA ist natürlich Spitzenreiter, rund 3,7 % des Bruttoinlandprodukts werden für den Verteidigungssektor aufgewandt. China kommt zwar "nur" auf 1,7 %, das ist aber deutlich mehr als die rund 0,3 %, die noch vor Jahrzehnten das Budget ausmachten. Deutschland rangiert mit 1,4 % wie gewohnt auf den hintersten Plätzen und verfehlt das ausgehobene NATO-Ziel von 2 % des BIP damit Jahr für Jahr deutlich.
Es ist folglich davon auszugehen, dass in den kommenden Jahrzehnten konsequent mehr Geld in Richtung der Rüstungskonzerne fließt. Selbst wenn die Staaten ihre Verteidigungsausgabenquote (das Verhältnis gegenüber dem BIP) nicht steigern, so wird das natürliche Wirtschaftswachstum doch dazu führen, dass die Ausgaben nominell steigen - also mehr Geld bei Rüstungskonzernen landet. Umkehrbar wäre das nur, indem die Quote gegenüber dem BIP reduziert wird. Das kann durchaus vorkommen, denn die Rüstungsindustrie ist wie keine andere Branche von politischen Entscheidungen abhängig. Würden sich die Staaten der Welt morgen auf eine generelle Abrüstung vereinbaren, würde das ein großes Loch in die Bilanzen der Rüstungskonzerne reißen - andererseits geht wirklich niemand davon aus, dass sich Staaten plötzlich nicht mehr verteidigen wollen; und sei es nur zur Abschreckung.
Das globale Wettrüsten, das mit den finanziellen Erfolgen der Rüstungskonzerne einhergeht, ist fast schon ein sich selbst antreibender Motor. Entwickelt ein Land ein neues Raketenabwehrsystem, benötigt ein anderes Land wiederum neue Raketen, die eben dieses Abwehrsystem umgehen können. Entwickelt ein Land einen neuen Tarnkappenbomber, müssen andere Länder Radarsysteme entwickeln lassen, die diesen Tarnkappenbomber dann weitgehend neutralisieren, wodurch es dann wiederum neue Tarnkappenbomber braucht, die die bis dahin entwickelten Radarsysteme umgehen - das geht dann in jedem Teilbereich des Militärs so weiter.
Wie rentieren breitgestreute Rüstungsindustrie-ETFs?
An dieser Stelle bedienen wir uns erneut dem iShares U.S. Aerospace & Defense ETF. Der bescherte Anlegern auf 10-Jahres-Sicht eine Rendite von 15,62 % p.a. Wer erst seit fünf Jahren investiert ist, konnte eine mittlere Jahresrendite von 5,61 % einfahren. Wer vor einem Jahr einstieg eine Rendite von etwa 11 %.
Die Rüstungsindustrie liefert gegenüber den marktbreiten Indizes also keine langjährige Outperformance, was aber auch nicht zu erwarten ist. Rüstungskonzerne und deren Aktien sind eher Value- und Dividendentitel. Sie können, da der einzige Auftraggeber meist der Staat mit seinem Haushalt ist, nicht einfach so stark und explosiv wachsen wie es beispielsweise Tech-Unternehmen können. Aktionäre von Rüstungskonzerne versprechen sich mit einer Investition daher normalerweise auch keine riesigen Renditen, sondern suchen eher zuverlässige Dividendenzahler die unabhängig von der Weltwirtschaft, auf lange Sicht, eine "anständige" Rendite generieren.
Video: 10 Rüstungsaktien
Fazit: Rüstungsindustrie-ETF-Investitionen sind für deutsche Anleger ein bisschen ein Problem
... und damit spielen wir (erneut) nicht auf die moralischen Aspekte solch einer Investition an, sondern einfach auf den Umstand, dass es gar keinen hierzulande zugelassenen ETF gibt. Wer ausländische Broker nicht scheut, hat aber immerhin noch eine moderate Auswahl zur Hand. Wer hingegen sein Depot nicht im Ausland haben möchte, dem bleibt nur eine individuelle, grob passende Zusammenstellung der in solchen ETFs enthaltenen Werte, indem sie in passender Gewichtung als Einzelaktien gekauft werden - was aber eben auch nicht bei jedem Broker erlaubt ist. Wer das vorhat, konzentriert sich am besten einfach auf die großen Konzerne, die auch in einem Rüstungsindustrie-ETF rund 40 % ausmachen: Raytheon, Lockheed Martin und Boeing Co.
Quellen:
- [1] Statista
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