„Die Börse ist kein Platz für Bauchgefühl oder Massenpsychologie“ - Interview mit Nazila Jafari

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„Die Börse ist kein Platz für Bauchgefühl oder Massenpsychologie“ - Interview mit Nazila Jafari
Regelmäßige und konstante Performance an der Börse durch ein festes Regelwerk. © Nazila Jafari, Jafari Consulting GmbH

An den Finanzmärkten ist ein tiefes Verständnis der Marktmechanismen entscheidend für den langfristigen Erfolg. Erfahrene Trader, die komplexe Analysen beherrschen und diszipliniert Strategien verfolgen, können auch in schwierigen Zeiten hohe Gewinne erzielen. Die Börsenexpertin Nazila Jafari spricht im Interview über die wichtigsten Erkenntnisse aus ihrer 25-jährigen Erfahrung an den internationalen Börsen und gibt Einblicke, wie Trader ihre Portfolios auch in Zeiten hoher Marktvolatilität erfolgreich managen können.

Frau Jafari, Sie leben seit 1999 hauptberuflich von Ihrem Geschick als Traderin und bringen heute als Geschäftsführerin der Jafari Consulting GmbH anderen institutionellen und privaten Anlegerinnen und Anlegern die richtige Strategie für den Börsenerfolg bei. Was sind Ihre zentralen Lehren aus dem vergangenen Vierteljahrhundert an den weltweiten Kapitalmärkten?

Jetzt erwartet Ihr Leser vielleicht die nächste Checkliste von mir. Schauen Sie, wenn ich zwei Dinge in 25 Jahren gelernt habe, dann, dass jedes Vermögenslevel eine andere Strategie zum Wachstum und Absicherung benötigt.

Es ist möglich, mehr prozentual als Onkel Warren zu erzielen, wenn man nur mit 100.000 Euro hantiert. Es ist einfach ein anderes Spiel mit mehreren Millionen oder mehr.

Und dann, dass Menschen viel zu oft Fehler selbst begehen, obwohl direkt daneben jemand steht, der gezeigt hat, wie schmerzhaft es sein kann.

Ich möchte niemandem seine Neigungen zur Selbstfolter absprechen… aber unsere Kinder halten wir auch davon ab, auf die Herdplatte zu fassen. 

Die wichtigste Lektion? Vertraue niemandem – außer Dir selbst und Deinen Prozessen. Es gibt so viele selbsternannte Experten da draußen, die nur das Ruder rumreißen, wenn es schon zu spät ist. 

Gerne erkläre ich Ihnen aus meiner Sicht ganz wichtige Punkte, die es zu beachten gilt.

1. Eigene präzise Analyse: 

Eine eigene, unabhängige und präzise Analyse ist das A und O. Diese muss auf einem festgelegten Regelwerk basieren, das reproduzierbar und frei von Emotionen ist. Die Börse ist kein Platz für Bauchgefühl oder Massenpsychologie.

2. Exakte Ausführung der Prozesse: 

Deine Analyse ist nur so gut wie ihre Umsetzung. Prozesse müssen interpretationsfrei und genau ausgeführt werden. Sicherheit und Vertrauen entstehen durch Konsistenz. Ich erinnere mich an den Corona-Crash, als viele Anleger in Panik verfallen sind. Während meine Disziplin in meinen Prozessen mir nicht nur half, signifikante Verluste zu vermeiden, sondern mich sowohl vom fallenden als auch anschließend stark steigenden Markt enorm profitieren ließ.

3. Checkliste statt Emotion: 

Investiere niemals basierend auf Emotionen oder Fremdanalysen. Ein gut durchdachter Plan und eine Checkliste sind Deine besten Freunde. Eine Checkliste ist nichts anderes als ein festes Regelwerk, die im Ein- und Ausstiegsbereich nochmal in Ruhe kontrolliert werden muss.

4. Nachrichten vermeiden: 

Nachrichten beeinflussen das Unterbewusstsein negativ. Börse hat nichts mit den täglichen Schlagzeilen zu tun. In Zeiten voller Angst und Panik schließen viele ihre Positionen und in Phasen voller Euphorie steigen sie erst in den Markt ein – ein klassischer Fehler. Der Markt folgt seiner eigenen Logik, nicht den Schlagzeilen.

5. Bereits beim Einkauf aufpassen: 

Gewinne werden beim Einkauf gemacht. Systematisch den Markt analysieren und einsteigen, auch wenn man nicht immer den Tief- oder Höchststand erwischt. Der wichtigste Punkt ist eine systematische Vorgehensweise mit astreinem Chance-Risiko-Verhältnis.

Ihre Börsenstrategie trägt den Namen FibonacciCode. Dahinter steckt die sogenannte Fibonacci-Folge, eine unendliche Folge natürlicher Zahlen, bei der jede Zahl die Summe der beiden ihr vorangehenden Zahlen ist. Benannt ist sie nach dem Mathematiker Leonardo Fibonacci aus Pisa, der damit 1202 das Wachstum einer Kaninchenpopulation beschrieb. Wie aber lässt sich mit dieser Zahlenfolge aus dem Mittelalter die Börse von heute und morgen decodieren?

Herr Fibonacci – ein genialer Typ. Zahlenreihen sind zeitlos, und wer glaubt, sie seien Hexerei, hat wohl in Mathe nicht aufgepasst. Die Fibonacci-Zahlenreihe hilft uns, Wahrscheinlichkeiten genau zu berechnen. Das ist keine Magie, sondern pure Mathematik. Diese Prinzipien finden sich überall – in der Natur, Architektur und ja, auch an der Börse. Mein System basiert auf diesen faktischen Berechnungen, sehr leicht verständlich und logisch aufgebaut, mit dem jeder in der Lage ist, selbst die Märkte zu analysieren und die Zufälligkeiten aus dem eigenen Handeln herauszunehmen. 

Es ist beeindruckend zu sehen, wie viele Trader die Fibonacci-Zahlen falsch anwenden und dann überrascht sind, dass sie keinen Erfolg haben. Ohne ein festes Regelwerk und eine Checkliste werden sie weiterhin die Börse interpretieren und schlussendlich im Dunkeln tappen.

Dank des FibonacciCodes, so Ihr Versprechen, soll auch Schluss sein mit dem zu späten Einsteigen in den Markt und dem zu frühen Exit. Was genau machen Sie hier anders und besser als andere Trader?

Der Teufel steckt im Detail, wie man so schön sagt. Viele Trader verstehen die Marktdetails und Wahrscheinlichkeiten nicht richtig und stolpern daher ständig.

1. Wahrscheinlichkeiten:

Späte Einstiege und frühe Ausstiege sind, nach meiner 30-jährigen Erfahrung mit vielen Investoren und Tradern, die Resultate aus einem nicht vorhandenen Verständnis der Wahrscheinlichkeiten sowie Marktdetails. Nicht jede Korrektur im Markt ist automatisch eine Einladung für einen Ein- oder Ausstieg. Dies nicht zu unterscheiden, führt zu großen Unsicherheiten und einer Fehlerkette. Wir beschäftigen uns daher als erstes damit, Wahrscheinlichkeiten in Details zu verstehen und anzuwenden.

2. Strategische Einstiege nach Plan: 

Nicht jede Korrektur ist eine Einladung zum Handeln. Durch die Anwendung der Wahrscheinlichkeiten optimiert der Trader und Investor seine Einstiegssignale. Ein präziser sowie klar geplanter Markteinstieg mit einer individuell angepassten Strategie führt zu mehr Sicherheit und ermöglicht ein besseres Risiko- und Geldmanagement.

2. Kontrollprozesse: 

Anstatt ständig im Markt ein- und auszusteigen, kontrolliert der Investor seine Prozesse. Er weiß ziemlich genau, wann die Wahrscheinlichkeiten für eine Korrektur höher werden, und kann diese nutzen, um seine Positionen aufzubauen oder abzubauen bzw. absichern.

Aktuell erleben wir eine Art Paradoxon: Die Weltwirtschaft wankt, die Zahl der parallelen politischen Konflikte ist so hoch wie seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten nicht. Und doch boomen die Börsen. Wie lange können sich die Börsen von der Realwirtschaft noch entkoppeln?

Märkte laufen nicht nach politischen Konflikten oder allgemeiner Wirtschaftslage, sonst wäre es ja auch viel zu einfach. Bekanntlich wird an der Börse die Zukunft gehandelt und nicht die Vergangenheit, deswegen ist in Wahljahren mehr Euphorie für einen politischen und wirtschaftlichen Wechsel gegeben. Die Signale daraus kann ein normaler Anleger nicht rechtzeitig lesen, verstehen und anwenden. Genau das ist das Problem.

Ich nenne Ihnen gerne ein Beispiel: Ende September 2022 und Oktober 2023 habe ich öffentlich den Beginn eines Aufwärtstrends prognostiziert, trotz des intensiven Nahostkonflikts. Viele waren skeptisch und haben mich ein bisschen für verrückt gehalten, aber was war das Ergebnis? Der Markt ging nach oben.

Und ja, ich habe genauso wie alle anderen keine Glaskugel, aber meine Erfahrung und mein Wissen sagen mir, dass es nie anders war und auch immer so bleiben wird. 

Der Kurs führt, nicht die Nachrichten!

Deswegen zählen für meine Investitionen nur Wahrscheinlichkeiten, das Verhältnis im Einkaufsbereich meiner Chance zum Risiko sowie Money Management. Nichts anders.

Sie sprachen diverse Risiken an. Viele Anlegerinnen und Anleger scheinen diese Sorgen ganz auszublenden und sind nach Studien überoptimistisch und setzen stets nur auf steigende Kurse. Wie lässt sich mit Ihrem System auch in seitwärts tendierenden oder gar fallenden Märkten Geld verdienen?

Ja, man kann in jeder Marktphase gutes Geld verdienen. Es geht nicht immer darum, dass der Markt tausende Punkte läuft. Es gibt immer passende Werkzeuge, um in jeder Marktlage profitabel zu sein.

Der Markt besteht aus drei Trends (Aufwärts-, Seitwärts- und Abwärtstrend). Wenn die Wahrscheinlichkeiten für eine Korrektur groß werden, muss man Positionen absichern. Die Korrekturen zeigen sich meistens am Anfang als Seitwärtsmarkt, welcher gefährlich werden kann. Mit lukrativen Hebel-Produkten kann man entgegen der Behauptung manch anderer, das Depot gegen fallende Märkte leicht absichern oder als kurzfristiger Händler Chancen nach unten nutzen, um dabei ein gutes Zusatzeinkommen zu generieren.

Es ist sehr präzise berechenbar, wann die maximale Wahrscheinlichkeit für einen Einstieg besteht, wie viel Risiko man dafür eingehen darf und wann Gewinne abgesichert werden müssen.

In Ihrer Trading-Akademie bilden Sie Menschen zu Intraday-Tradern aus. Doch welche Tipps und Strategien können Sie all denjenigen geben, die auch an der Börse aktiv werden möchten, sich aber nicht täglich und vor allem nicht hauptberuflich um ihre Investments kümmern können?

Die Börse kann und sollte man nicht vermeiden, sonst verschenkt man immense Renditechancen. Es gibt lukrative Strategien, die wenig Zeit beanspruchen.

Wenn man die Details vom Markt versteht, bedeutet es nicht, dass man ständig am Bildschirm sitzen und jeden Punkt hoch und runter handeln muss. Meiner Meinung nach wird leider damit sehr viel Casinoverhalten erzeugt und propagiert. Es ist sogar genau das Gegenteil der Fall. Die Details zu verstehen, bringt mehr Sicherheit in Investment-Strategien, die sehr planbar sind und wenig Zeit beanspruchen.

Man muss nicht ständig am Bildschirm sitzen, um erfolgreich zu sein. Ein gutes Verständnis der Marktdetails ermöglicht planbare und zeiteffiziente Investment-Strategien. 

Ein Langzeitinvestor kann durch gezielte Strategien und systematische Anpassungen seines Portfolios über Jahre hinweg überdurchschnittlich hohe Renditen erzielen.

An der Börse suchen alle nach dem „Next Big Thing“. Welche Branchen oder auch welche bis dato eher unentdeckten Themen sind das aus Ihrer Sicht für die kommenden Jahre?

Künstliche Intelligenz oder Bitcoin sind zweifellos spannende und vielversprechende Branchen. Die Revolution durch KI hat gerade erst begonnen, und es wird weitere Unternehmen wie Nvidia geben, die den Markt dominieren.

Allerdings gibt es viele Beispiele von gehypten Werten, die später stark korrigierten und gefährlich wurden. Qualität ist entscheidend, und weniger ist oft mehr.

Was ich aus meiner langjährigen Erfahrung empfehlen kann: Konzentrieren Sie sich auf einige wenige Werte, die Sie gut kennen. Anstatt ständig nach neuen Trends zu suchen, sollten Sie sich auf gründlich analysierte und bewährte Unternehmen konzentrieren. Diese Strategie praktiziere ich seit Jahren mit großem Erfolg.

Beobachten Sie die Entwicklungen genau und nutzen Sie fundiertes Wissen, um von Trends zu profitieren. Einfach blind auf das „Next Big Thing“ zu setzen, ohne tiefgehende Analyse, wird an der Börse oft bestraft.

Unser Tipp: Bei Scalable Capital kannst Du rund 2000 ETFs von iShares, Lyxor, Xtrackers, WisdomTree und Amundi von 7:30 bis 23 Uhr für nur 0,99 € handeln und dauerhaft kostenlos besparen. Monatliche Sparraten schon ab 1 €.

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