Wie gefährlich ist das Währungsrisiko bei ETFs?
Auch ETFs, die viele Unternehmen und deren Aktien bündeln, müssen in irgendeiner Währung geführt werden: anders lässt sich kein Kurs bilden. Prinzipiell gibt es für deutsche Kunden nur zwei Optionen: entweder wird der ETF in US-Dollar oder in Euro geführt. Entsteht so wirklich ein Risiko?
Erläuterungen zur Rolle von Währungen bei ETFs
Die Fondswährung kannst du beim Factsheet des Emittenten in Erfahrung bringen, meistens ist sie aber sowieso relativ offensichtlich gelistet. Ob der Fonds nun Euro oder US-Dollar als Fondswährung nutzt, ist anders als häufig angenommen, nicht an das Fondsdomizil gekoppelt. Ein in Europa aufgelegter Fonds, beispielsweise in Luxemburg oder Irland, kann also genauso gut US-Dollar als Währung nutzen, wie ein in den USA aufgelegter Fonds den Euro. Letzteres ist aber weitaus seltener bis effektiv so gut wie gar nicht anzutreffen.
Die meisten ETFs nutzen den US-Dollar als Fondswährung. Seltener entscheiden sich Emittenten, identische ETFs noch einmal gesondert mit dem Euro als Fondswährung anzubieten, wobei es sich dabei genau genommen um den identischen Fonds in US-Dollar handelt, der nun aber über Kapitalmarktprodukte gegen Verluste gegenüber dem Euro abgesichert wird. Einige Fonds, die speziell für den europäischen oder gar deutschen Markt beworben werden, nutzen ebenso bevorzugt den Euro. Mehr über die Absicherung von Währungsrisiken erfährst du im Artikel über Hedging.
Da ein Fonds zwangsläufig nur in einer Währung genutzt wird, liegt der Gedanke nahe, dass dadurch ein Währungsrisiko entsteht. Sehr deutlich lässt sich das an einem fiktiven Beispiel darstellen. Stell dir vor, du hast einen einzigen World-ETF im Depot, der in US-Dollar geführt wird. Dein komplettes Anlagekapital ist nun also an den Fortbestand einer einzigen Währung gekoppelt. Aus diesem Grund ist es vielleicht gar nicht so überraschend, dass der Begriff "Währungsrisiko" häufiger in einem Kontext fällt, bei dem Argumente gegen eine Investition in ETFs vorgebracht werden. Weitere Informationen zu den Risiken bei Investitionen findest du im Artikel über das Gegenparteirisiko.
Ist das Währungsrisiko ein Problem? Nein!
Unsere Frage aus dem Titel, ob das Währungsrisiko ein "zahnloses Schreckgespenst" oder eine "ernstzunehmende Gefahr" sei, lässt sich relativ leicht beantworten. Vom Währungsrisiko geht effektiv keinerlei Gefahr für dein Depot aus, ganz besonders dann nicht, wenn du breitgestreut investierst - beispielsweise über World- oder All-World-ETFs. Aber warum ist das so?
Die Lösung auf diese Frage ist vielschichtig. Offensichtlich spielt eine große Rolle, dass du dir mit einem breitgestreuten World-ETF viele verschiedene Unternehmen ins Depot holst, auch wenn natürlich nicht direkt, sondern nur über den ETF. Folglich bekommst du indirekt auch viele verschiedene Währungen. Nestlé ist ein Unternehmen aus der Schweiz und wird daher primär in Schweizer Franken gehandelt, ebenso wie das Unternehmen diese Währung primär für die eigenen Geschäfte nutzt. Apple, Amazon und Co. hingegen den US-Dollar, Samsung wiederum den Koreanischen Won, BASF als deutsches Unternehmen den Euro - ebenso wie alle anderen deutschen Autohersteller, die ebenso in breitgestreuten ETFs enthalten sind.
Auch wenn bei dem Fonds letztlich nur eine Währung angegeben ist, in der Praxis sind aufgrund der Zusammenstellung schon viele unterschiedliche Währungen enthalten. Kontinuierlich wird sich diese Währung auch auf Kurse auswirken. Schwankungen beim Euro könnten beispielsweise kleine Zugewinne bei VW oder BMW nullifizieren - oder sie alternativ gegenüber dem US-Dollar noch verstärken. In der Praxis sind solche World-ETFs natürlich so groß, dass du das niemals in einer messbaren Form mitbekommen würdest. Wenn du mehr über die Diversifikation in ETFs erfahren möchtest, könnte der Artikel über Multi-Asset-ETFs interessant für dich sein.
Natürlich sind es die USA und damit der US-Dollar, der so ziemlich jeden Fonds dominiert, der die USA nicht exkludiert. Hast du dich schon einmal gefragt, wie sich die Währungen im klassischen MSCI World zusammensetzen? Hier bekommst du die Antwort:
- USA ca. 55 %
- Euro ca. 13 %
- Jap. Yen ca. 8 %
- Brit. Pfund ca. 8 %
- CA-Dollar ca. 4 %
- Schweizer Franken knapp 4 %
Auch andere Währungen sind enthalten, dann aber schon zu weitaus geringeren Teilen - die Schwedische Krone beispielsweise mit rund 1 % und die Dänische Krone mit etwa einem halben Prozentpunkt.
Wird vielleicht der Löwenanteil des US-Dollars indirekt zum Währungsrisiko?
Im vorherigen Abschnitt wiesen wir darauf hin, dass die Antwort vielschichtig ist. Hier kommen wir nun zum zweiten Teil, der da heißt: Globalisierung. Wir verdeutlichen das erneut an einem Beispiel. Apple ist zwar ein amerikanisches Unternehmen mit Sitz in den USA und einem Listing an der Heimatbörse, zudem wird die Aktie in US-Dollar geführt, das bedeutet aber längst nicht, dass der Konzern nur mit dem USD in Kontakt kommt. Spätestens seit der Globalisierung sind vor allem Konzerne international so aufgestellt, dass sie ständig in wirtschaftlichen Kontakt mit verschiedenen Währungen kommen. Apple verkauft beachtliche Teile der eigenen Produktpalette in Europa und in China: indirekt erhältst du also auch die beiden Währungen. Außerdem natürlich noch die aller anderen Länder, wenn auch proportional geringfügiger.
Das Beispiel Apple ist keinesfalls einzigartig. Im MSCI World finden sich führende (große und mittlere) Unternehmen - jedes davon ist auf internationalen Märkten tätig, anders wäre es nie zu der Größe/Marktkapitalisierung gekommen. Selbst wenn der ETF also in einer bestimmten Währung geführt und das Unternehmen ebenso in einer bestimmten Währung an der Heimatbörse ein Listing hat, "versteckt" sich hinter jedem dieser Unternehmen doch ein unglaublich vielschichtiger Währungskorb. Genau das ist ein weiterer Grund, warum das Währungsrisiko in ETFs eine höchst untergeordnete bis gar keine Rolle spielt. Die Unternehmen sind aufgrund der Globalisierung sowieso mit jedem beliebigen Markt und jeder Währung "vernetzt".
Vermeintliche Währungsrisiken könnten sogar eine Chance sein
In der Praxis fällt dem Währungsaspekt eine so verschwindend geringe Rolle zu, dass es keinen Grund gibt, warum sich Privatanleger mit ihren üblichen Kapitalhöhen überhaupt damit beschäftigen sollten. Möchtest du es aber ganz genau wissen, so lässt sich feststellen, dass du den Begriff "Währungsrisiko" ummünzen könntest: in "Währungschance". Denn natürlich besteht keinesfalls nur die Chance, dass sich Währungen zu deinem Nachteil entwickeln, sie könnten ebenso zu deinem Vorteil agieren. Mehr über die Chancen und Risiken bei Investitionen erfährst du im Artikel über Geld vermehren.
Ein Beispiel, welches diesen Umstand verdeutlicht, sieht wie folgt aus. Da du in Deutschland wohnst, erledigst du deine Geldgeschäfte typischerweise in Euro. Nun stell dir vor, in deinem Depot befinden sich ETFs, die hingegen mit der Fondswährung US-Dollar geführt werden. Sofern der US-Dollar sich nun positiv zum Euro entwickelt, der US-Dollar also stärker und der Euro hingegen schwächer wird, dann würde sich das positiv auf dein Depot auswirken. Deine Anteile an den ETFs wären in deiner Heimatwährung (dem Euro) nämlich etwas mehr wert, du würdest bei einem Verkauf nun also etwas mehr Kaufkraft erlangen.
Solche kurzfristigen Währungsschwankungen lassen sich übrigens ganz unterschiedlich interpretieren. Würde der US-Dollar gegenüber dem Euro verlieren, wäre dein Depot etwas weniger wert, du würdest also Kaufkraft einbüßen. Der Begriff "Währungsrisiko" wäre die perfekte Gelegenheit, um sich mit dem Zinsänderungsrisiko auseinanderzusetzen, das ebenfalls Einfluss auf die Wertentwicklung von ETFs haben kann.
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