Risiko: Kann bei einem ETF ein Totalverlust eintreten?
Investierst Du in einen ETF, profitierst Du von einer breiten Risikostreuung. Verluste bei einigen Wertpapieren können durch Gewinne bei anderen Wertpapieren abgefedert werden. Bei Einzelaktien kann es zu einem Totalverlust kommen, wenn das Unternehmen insolvent wird. Wie sieht es bei ETFs aus?
Grundsätzlicher Blick auf das Risiko bei ETFs
Viele Privatanleger argumentieren damit, dass sie gerne in einen ETF investieren würden, aber Angst vor einem Totalverlust haben. Befeuert wird diese Angst durch Verluste in der Vergangenheit, beispielsweise während der Wirtschafts- und Finanzkrise 2007/2008. Allerdings gab es auch in dieser Zeit keinen Totalverlust bei ETFs. Es ist aber richtig, dass zahlreiche ETFs massive Kursverluste verzeichnen mussten. Solche Kursverluste wirst Du auch 2020 während der Corona-Krise beobachtet haben, wenn Du Dich näher mit ETFs und deren Charts beschäftigt hast.
Ein Risiko gibt es bei jedem ETF, doch hängt es von verschiedenen Faktoren ab:
- Anlageklasse
- abgebildeter Index
- Art der Replikation des ETFs, physisch oder synthetisch
- aktuelle wirtschaftliche und politische Situation.
Aktien sind risikoreicher als Anleihen, doch kannst Du mit ihnen auch eine deutlich höhere Rendite erzielen. Als Faustregel gilt, dass die Chancen auf eine gute Rendite umso höher sind, je höher das Risiko ist. Dennoch ist davon abzuraten, in einen ETF mit einem hohen Risiko zu investieren. Möchtest Du das Risiko eines ETFs besser beurteilen können, solltest Du einen Blick auf die Volatilität eines ETFs werfen. Sie drückt die Schwankungsbreite innerhalb eines bestimmten Zeitraums, meistens eines Jahres, aus. Liegt die Volatilität bei weniger als 15 Prozent, ist eine Investition zu empfehlen. Du musst keinen Totalverlust befürchten. Vorsichtig solltest Du sein, wenn die Volatilität bei mehr als 25 Prozent liegt, denn dann ist das Risiko sehr hoch.
Das Aktienmärkte volatil sind, sollte allen Akteuren klar sein. Alleine in den letzten 50 Jahren gab es Bärenmärkte mit Rückgängen von:
- 34 Prozent von Februar bis März 2020
- 57 Prozent von 2007 bis März 2009
- 49 Prozent von 2000 bis 2002
- 34 Prozent im Jahr 1987
- 27 Prozent von 1980 bis 1982
und 48 Prozent von 1973 bis 1974.
ETFs als Sondervermögen
ETFs gelten als Sondervermögen. So ist gewährleistet, dass Du keinen Totalverlust erleidest. Investierst Du in einen ETF und geht dessen Emittent pleite, so kann das von Dir investierte Geld nicht in die Insolvenzmasse einfließen. Der Emittent muss Dich über die Situation informieren und Dir ermöglichen, Deine Anteile zu verkaufen. So bekommst Du einen Wertausgleich, auch wenn Du vielleicht Verluste erleidest. Du verlierst aber nicht Dein gesamtes Geld.
Ähnlich sieht es aus, wenn der Online-Broker oder die Depotbank insolvent wird. Die Banken gewähren eine Einlagensicherung, die pro Kunde mindestens bei 100.000 Euro liegt. Das betrifft Dein Guthaben auf Deinem Verrechnungskonto. Wertpapiere, zu denen ETFs gehören, fallen nicht unter diese Einlagensicherung. Doch auch hier ist Dein Vermögen mindestens bis 20.000 Euro geschützt. Kommt es zu einer Insolvenz der Depotbank oder des Onlinebrokers, kannst Du Deine ETF-Anteile verkaufen oder die Herausgabe Deiner ETF-Anteile verlangen. Du musst keinen Totalverlust befürchten, denn Du kannst einen Depotübertrag zu einem anderen Online-Broker vornehmen.
Risikostreuung bei einem ETF als Schutz vor Totalverlust
Egal, in welchen ETF Du investierst, ist eine gute Risikostreuung gewährleistet. Bei den ETFs nach den UCITS-Richtlinien gilt, dass sie mindestens 15 verschiedene Wertpapiere enthalten müssen. Die UCITS-Regelungen sind innerhalb der EU bindend und sorgen dafür, dass es nicht zu einem Totalverlust kommt. Sie legen auch die Gewichtung der einzelnen in einem ETF enthaltenen Wertpapiere fest, die einen bestimmten Prozentsatz nicht überschreiten darf.
Jeder ETF bildet einen Index oder einen Teilindex ab. Daher sind immer die Wertpapiere aus einem Index enthalten. Bei einer vollständigen physischen Replikation sind tatsächlich alle Wertpapiere aus einem Index enthalten. Das ist aber nicht bei jedem Index möglich. Enthält ein Index eine hohe Anzahl an Wertpapieren, wie beispielsweise der MSCI World mit mehr als 1.600 Aktien, erfolgt die Replikation physisch durch Sampling oder synthetisch. Bei der physischen Replikation durch Sampling werden nur die wichtigsten Wertpapiere mit der größten Marktkapitalisierung tatsächlich vom Emittenten erworben. Bei der synthetischen Replikation geht der Emittent mit einem Geldinstitut ein Tauschgeschäft, ein sogenanntes Swap, ein. Er erwirbt die im Index gelisteten Wertpapiere nicht direkt.
Verluste bei Wertpapieren, die in einem Index enthalten sind, werden durch Gewinne bei anderen in diesem Index enthaltenen Wertpapiere ausgeglichen.
Investierst Du in einen Aktien-ETF auf eine bestimmte Branche, kann es zu starken Verlusten kommen. Du erleidest aber keinen Totalverlust, auch wenn einige im Index gelistete Unternehmen insolvent werden. Andere im Index enthaltenen Unternehmen erleiden in Krisenzeiten zwar finanzielle Engpässe, doch sind sie so aufgestellt, dass sie solche Engpässe schnell wieder ausgleichen können. Wird ein Unternehmen aus einem Index insolvent, so rückt ein anderes Unternehmen an dessen Stelle im Index nach. Es wird in den Index aufgenommen.
Das Kontrahentenrisiko bei einem Swap
Bei synthetisch replizierenden ETFs geht der Emittent mit einem Geldinstitut ein Tauschgeschäft, ein Swap, ein. Oft handelt es sich bei diesem Geldinstitut um die Muttergesellschaft des Emittenten. Der Emittent und das Geldinstitut sind Kontrahenten. Der Emittent investiert in Wertpapiere, doch müssen das nicht die im Index gelisteten Wertpapiere sein. Er zahlt an das Geldinstitut eine Swap-Gebühr und die Rendite seiner Wertpapiere. Im Gegenzug erhält er vom Geldinstitut die Rendite aus dem nachgebildeten Index. Die synthetische Replikation erlaubt, dass ein Index und dessen Wertentwicklung noch genauer als bei der physischen Replikation nachgebildet werden können.
Allerdings besteht ein Kontrahentenrisiko, dass einer der beiden Partner nicht liefern kann. Wird das Geldinstitut insolvent, könnte theoretisch ein Verlust entstehen. Auch hier ist ein Totalverlust ausgeschlossen, da das Gesetz die Risiken aus Swap-Geschäften begrenzt. Nicht mehr als 10 Prozent des Fondsvermögens dürfen bei einem Ausfall eines Kontrahenten verlorengehen. So ist gewährleistet, dass Du keinen Totalverlust erleidest.
Risiko abfedern mit dem richtigen ETF
Auch wenn ein Totalverlust bei der Investition in einen ETF nicht eintreten wird, kannst Du einiges tun, um Verluste abzuwenden. Du solltest einige Grundregeln bei der Investition beachten:
- Fondsvermögen sollte mindestens 200 Millionen Euro betragen, damit der Fonds nicht aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit liquidiert wird
- Fondsalter sollte wenigstens drei Jahre betragen, damit Du davon ausgehen kannst, dass der ETF nicht vom Markt genommen wird
- Volatilität sollte nicht über 20 Prozent liegen
- Du solltest nur einen Betrag investieren, den Du nicht für andere Ausgaben eingeplant hast
- je größer die Zahl an Wertpapieren in einem Index ist, desto besser ist die Risikostreuung.
Möchtest Du das Risiko abfedern, kannst Du in mindestens zwei ETFs investieren. Du wählst einen Aktien-ETF und zusätzlich einen Anleihen-ETF, bei dem das Risiko geringer ist.
Investiere nicht in risikoreiche ETFs, zu denen die Short-ETFs gehören. Sie können zu hohen Verlusten führen, doch ist auch hier nicht mit einem Totalverlust zu rechnen. Diese ETFs sind professionellen Anlegern vorbehalten, die kurzfristig Verluste ausgleichen. Sie bilden einen Gegenindex ab, der sich anders als der Hauptindex entwickelt.
Was tun, wenn ein ETF vom Markt genommen wird?
Nun kann es passieren, dass ein ETF vom Markt genommen wird, da er nicht wirtschaftlich genug ist. Er kann alternativ dazu auch mit einem anderen ETF verschmolzen werden. Erfolgt eine Verschmelzung mehrerer ETFs, erleidest Du keinen Verlust. Deine Anteile bleiben erhalten und gehen in den anderen ETF über. Wird ein Fonds vom Markt genommen, erleidest Du keinen Totalverlust. Du wirst vom Emittenten informiert. Der Emittent wird Dir ein Angebot zum Kauf der Anteile unterbreiten oder Dir die Investition in einen anderen Fonds anbieten. Du erleidest vielleicht einen Verlust, doch kommt es nicht zu einem Totalverlust. Du bekommst das Geld für Deine Anteile.
ETFs als langfristige Geldanlage
ETFs sind als langfristige Geldanlage geeignet. Verluste sind nicht auszuschließen, da jeder ETF mehr oder weniger volatil ist. Kommt es zu Verlusten, können sie im Laufe der Zeit wieder ausgeglichen werden. Wie lange es dauert, bis diese Verluste ausgeglichen sind, kann nicht gesagt werden. Das ist abhängig von der Höhe des Verlusts, aber auch von der wirtschaftlichen Situation. Bei hohen Verlusten kann es mitunter Jahre dauern, bis sie ausgeglichen werden. Zeichnet sich ein Verlust ab, kannst Du aber Schadensbegrenzung betreiben und die Anteile verkaufen. So kannst Du größere Verluste abwenden.
Gut geeignet ist ein Sparplan, da Du mit geringen Einzahlungen langfristig investieren kannst. Kursverluste führen dazu, dass von Deiner Sparrate eine größere Zahl an Anteilen gekauft werden kann. Aufgrund dieses Durchschnittskosteneffekts kannst Du langfristig eine gute Rendite erzielen.
Fazit: Kein Totalverlust bei einem ETF
Investierst Du in einen ETF, musst Du keinen Totalverlust fürchten. ETFs gelten als Sondervermögen. Deine Anteile gehen nicht verloren, wenn der Emittent oder der Online-Broker zahlungsunfähig wird. Da jeder ETF mindestens 15 Wertpapiere enthält, können Verluste bei Wertpapieren durch Gewinne bei anderen Wertpapieren ausgeglichen werden. Auch wenn während einer Krise alle in einem Index enthaltenen Wertpapiere Verluste erleiden, ist es unwahrscheinlich, dass alle Unternehmen insolvent werden. Ein Totalverlust kann nicht eintreten. Mit dem richtigen Anlageverhalten und einer umfassenden Information kannst Du Verlusten entgegenwirken.
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