ETF Domizil: Welches Land wirkt sich steuerlich vorteilhaft aus?

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In welchem Land ein ETF aufgelegt ist, wird von vielen Anlegern bestenfalls nachträglich analysiert. Zweifelsohne dürften viele Anleger außerdem gar nicht sofort wissen, welches Domizil ein Emittent überhaupt gewählt hat. Dabei gibt es zwischen Ländern durchaus steuerliche Unterschiede.

ETF Domizil: Welches Land wirkt sich steuerlich vorteilhaft aus?

Was ist mit dem Domizil gemeint?

Im Fachjargon wird das Land, in dem der ETF offiziell aufgelegt ist, als "Fondsdomizil" bezeichnet. Der sehr beliebte Vanguard FTSE All-World UCITS ETF (Dist) (ISIN: IE00B3RBWM25) ist beispielsweise, aus guten Gründen, in Irland beheimatet - dazu gleich mehr. Da sitzen beispielsweise auch die beliebten iShares-Core-ETFs, sowohl der für die Schwellen- als auch der für die Industrieländer (World).

Irland ist aber längst nicht das einzige Land, in dem ein ETF zuhause sein könnte. Luxemburg ist dank der damit generierten infrastrukturellen Vorzüge ebenfalls eine beliebte Wahl, einige ETFs sind direkt in Deutschland zuhause, andere wiederum in Frankreich. Letzteres wird vor allem von Swap-basierten Fonds von Amundi, selbst ein französischer Emittent, gern gewählt. Im Regelfall kannst du das Domizil direkt aus so ziemlich jeder Übersichtsseite für bestimmte ETFs herauslesen, auch in den offiziellen Dokumenten des Emittenten ist es vermerkt. Noch schneller geht es wahrscheinlich über die ISIN. Wie du oben erkennen kannst, hat der Vanguard vor der Zahlen- und Buchstabenkombination das Kürzel "IE", was für Irland steht. "FR" steht beispielsweise für Frankreich.

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Ein weiteres Indiz liefert der Name des ETFs. Enthält dieser, wie oben beim Vanguard-Beispiel, das Kürzel "UCITS" im Namen, bedeutet das, dass er nach EU-Richtlinien aufgelegt wurde und folglich auch alle regulatorischen Aspekte im EU-Raum erfüllt.

Vorweg: Wie wichtig ist das Domizil bei der Wahl eines ETFs?

Natürlich ist es immer sinnvoll alle möglichen Aspekte bei einer Investition zu berücksichtigen. Dazu zählt dann eben auch das Fondsdomizil, wobei das im Regelfall keinen Ausschlag gibt. Das liegt unter anderem daran, dass die beliebtesten und größten ETFs sowieso in einem steuerlich vorteilhaften Domizil angesiedelt sind, da natürlich auch der Emittent des ETFs ein Interesse daran hat nicht mehr zu zahlen als er unbedingt muss.

Wichtig ist definitiv, dass der ETF für den Kapitalmarkt innerhalb der EU konzipiert wurde. Speziell bei kleinen Nischen- und exotischen Fonds kann es durchaus vorkommen, dass diese sonst nicht unbedingt auf das EU- oder deutsche Steuerrecht hin konzipiert sind, was dann zu größeren Steuernachteilen führt. Der "UCITS"-Zusatz gibt dir außerdem Sicherheit, da in Bezug auf die korrekte Abwicklung und ein einwandfreies Management des Fonds fortwährende Kontrollen erfolgen, in Deutschland wäre hierfür die Finanzaufsicht BaFin verantwortlich.

Veränderungen seit 2018: Bis zum Jahr 2018 hatten ETFs aus Deutschland steuerliche Vorteile. Mit der im Jahr 2018 und 2019 verabschiedeten Investmentsteuerreform haben sich diese Steuervorteile aber verflüchtigt und ETFs mit Domizil in Deutschland genießen dahingehend heute keine Vorteile mehr.

Land Anzahl ETFs
Irland 987
Luxenburg 696
Deutschland 118
Niederlande 67
Bulgarien 4

Quelle: Eigene Recherche

Woran erkennt man potentielle steuerliche Vorteile?

Es handelt sich hierbei aus Sicht des Emittenten um interne Kosten, die sich aus Sicht des Anlegers also in der TD (Tracking Difference) widerspiegeln. Ein steuerlich schlecht gestelltes Domizil würde dem Emittenten folglich höhere Kosten verursachen, welche wiederum in einer höheren und negativen TD resultieren. Aus diesem Grund ist es auch stets empfehlenswert bei der Beurteilung eines Fonds nicht ausschließlich nur auf die TER als Kostenfaktor zu schauen, sondern die TD ebenfalls zu berücksichtigen. Es ist durchaus möglich, dass ETF A mit einer geringeren TER als ETF B insgesamt trotzdem teurer ist, da ETF A eine hohe negative TD resultierend aus steuerlichen Belastungen hat. Die Gesamtkostenquote eines ETF ergibt sich daher auch immer aus der Addition von TD und TER.


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Warum wählen ETF-Emittenten häufig Irland als Domizil?

Irland ist innerhalb der EU bekanntlich ein Land mit attraktiven Steuergesetzen - nicht grundlos sind da beispielsweise auch die EU-Außenstellen von Google/Alphabet beheimatet. Höchstwahrscheinlich ist das Gros deiner ETFs in Irland aufgelegt, zumindest wenn du gern auf die Produkte von iShares oder Vanguard zurückgreifst.

Irland ist für Emittenten und Anleger deshalb so attraktiv, weil das Land ein individuelles Abkommen mit den USA vereinbarte. Um die Vorteile aufzurollen, möchten wir dir zunächst einige grundlegende Fakten aufzeigen:

  • üblicherweise zahlen Europäer eine Quellensteuer in Höhe von 30 % für US-Titel
  • in Deutschland gilt für ETFs eine Teilfreistellung in Höhe von 30 %, um eben genau diesen Umstand auszugleichen
  • dadurch sollen ETFs ebenbürtig gestellt sein und eine valide Option gegenüber Aktien einnehmen

Der große Vorteil von Irland als Land ist nun, dass selbiges eine Vereinbarung mit den USA erzielte, um die Quellensteuer auf US-Titel auf lediglich 15 % zu reduzieren. Das trifft auf physisch replizierende Fonds zu und ist für diese besonders wichtig, da diese in vollständiger Höhe der Quellensteuer unterstehen. Wenn du also in einen Fonds investiert, dessen Domizil Irland ist, dann erhältst du weiterhin die in Deutschland festgeschriebene Teilfreistellung von 30 % auf die ETF-Erträge, der Emittent selbst muss aber eigentlich nur 15 % Quellensteuer zahlen. Die Differenz zwischen beiden Werten führt zu einer positiven Steuerstundung und kann über einen längeren Zeitraum den Zinseszinseffekt steigern.

Luxemburg ist ebenfalls als Domizil beliebt - warum ist das so?

Fast auf Augenhöhe mit Irland rangiert das Land Luxemburg. Diesmal ist es aber kein steuerlicher Vorteil, der für Emittenten den Ausschlag gibt. Luxemburg ist bei Emittenten deshalb beliebt, weil das Land eine attraktive und günstige Finanzinfrastruktur mitbringt, weshalb viele Fondsunternehmen da eine eigene Niederlassung haben. Die Teilfreistellung in Höhe von 30 % erhältst du natürlich auch bei Fonds in Luxemburg, der positive Steuerstundungseffekt entfällt aber im Vergleich zu Irland. Trotzdem kann der Emittent die luxemburgische Finanzinfrastruktur mitunter so für sich (und später seine Anleger) nutzen, dass er sein Produkt dann zu insgesamt geringeren Kosten anbietet.

Wie sieht es bei Swap-/synthetischen ETFs aus?

Bei Swap-basierten Produkten entfällt die Quellensteuer übrigens völlig, aber die Teilfreistellung von 30 % bleibt erhalten. Damit wäre bei diesen der Steuerstundungseffekt noch etwas höher. Swap-ETFs profitieren außerdem nicht nur durch das individuelle Abkommen von Irland, sondern generieren auch in anderen Teilen Europas Vorteile. Die spezielle Aktien- und Stempelsteuer in Frankreich entfällt damit ebenso wie die fast schon berüchtigte Stempelsteuer in Großbritannien. Dadurch reduzieren sich erneut die internen ETF-Kosten, was im Idealfall zu einer positiven TD führt und damit zu einer attraktiven Steuerstundung. Die Teilfreistellung in Höhe von 30 % bleibt aber auch bei diesen Swap-Produkten erhalten.

Achtung: Trotz diesen Steuervorteilen und dem Entfall der Stempelsteuer sind Swap-basierte ETFs nicht pauschal besser. Physisch replizierende ETFs gleichen die steuerlich etwas schlechtere Stellung in der Regel sehr gut aus, da sie die physisch gehaltenen Aktien verleihen und somit weitere passive Einnahmen generieren, die wiederum zu einer positiven TD führen. Der reine Steuervorteil sollte dahingehend also kein Entscheidungskriterium bei der Wahl zwischen physisch replizierenden oder synthetischen ETFs sein.

Wie wichtig sind die steuerlichen Vorteile für Privatanleger nun tatsächlich?

Seit der Investmentsteuerreform im Jahr 2018 haben sich größere Unterschiede zwischen den ETF-Domizilen weitgehend verflüchtigt. ETFs mit einem hohen Anteil von US-Werten, was zwangsläufig auf nahezu alle breitgestreuten ETFs zutrifft, außer diese arbeiten mit Höchstgrenzen oder sind "Ex-USA", haben minimale Vorteile durch ihr gewähltes Domizil in Irland, die sich in einer geringeren Tracking Difference manifestieren. Trotzdem sind diese Vorteile so geringfügig, dass kein Anleger nur wegen dem Domizil einen ETF wählen sollte, den er eigentlich gar nicht möchte.

Ob Erträge innerhalb des ETF ausgeschüttet oder thesauriert werden, spielt mit Hinblick auf das Fondsdomizil keine Rolle. Nachteilig sind im Regelfall Fonds mit Sitz in Großbritannien und Frankreich, sofern diese die gehaltenen Werte physisch replizieren. Dann nämlich fällt in beiden Ländern die Stempelsteuer an, in Frankreich zusätzlich noch die Aktientransaktionssteuer, die sich aber auch mit Swap-basierten ETFs nicht völlig umgehen lässt. Das ist übrigens auch der Grund, warum Anbieter wie Lyxor, Amundi oder Xtrackers weitgehend auf synthetische ETFs setzen, während iShares und Vanguard primär physisch replizierende Fonds haben. Letztere wählen in der Regel Irland als Fondsdomizil, während Amundi und Lyxor primär Frankreich als Heimatland nutzen - und die Stempelsteuer durch die synthetische Replikation umgehen müssen.

Ein praktisches Beispiel:

Gehen wir davon aus, dass du dich für einen Value- oder Dividend-ETF entscheidest, der nur US-Werte enthält. Gebündelt kommen die vertretenen Unternehmen auf eine Dividendenrendite von 3 %. In der Summe würden 0,9 % wegfallen, aufgrund der hohen Quellensteuer (30 %) der USA. Hat der Emittent hingegen Irland als Domizil gewählt, wird deine effektive Dividendenrendite von 3 % nur auf lediglich 2,55 % gemindert. Die Reduzierung um nur 0,45 % ist das Ergebnis des Steuerabkommens zwischen Irland und den USA, was die Quellensteuer auf 15 % reduziert.

Fazit: Kleine Unterschiede, aber trotzdem hat Irland die Nase vorn

Irland überzeugt mit seiner reduzierten Quellensteuer auf US-Werte, Luxemburg kann indirekt kostenmindernde Effekte haben, in Frankreich und Großbritannien lohnen sich nur synthetisch replizierende ETFs. Die tatsächlichen Unterschiede sind aber marginal. Im Normalfall kannst du dir außerdem sicher sein, dass der ETF-Emittent schon aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks innerhalb der Branche eine für Anleger optimale Lösung wählt.

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